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Österreichs Industrie erwartet 2023 schwächere Zahlungsmoral

Umfrage des Kreditversicherers Atradius in der Lebensmittel-, Chemie- und Transportbranche.

Geopolitische Unsicherheiten, steigenden Energiepreise sowie die zahlreichen wirtschaftlichen Herausforderungen sorgen in der österreichischen Lebensmittel-, Chemie- und Transportbranche für Sorgenfalten. „Die Mehrheit der Unternehmen rechnet im kommenden Jahr mit einer Verschlechterung der Zahlungsmoral ihrer Kunden“, sagte KommR. Ing. Franz Maier, MBA, MLE, LLM Generaldirektor Österreich, Ungarn und Südosteuropa bei Atradius. Das ist eines der Ergebnisse der Zahlungsmoral-Umfrage des Kreditversicherers Atradius.

Der Inflationsdruck aufgrund steigender Energie- und Rohstoffkosten sowie die turbulenten Handelsbedingungen hat dazu geführt, dass die österreichische Agrar- und Ernährungswirtschaft unter einer Verlangsamung des Cashflows leidet. Das durchschnittliche eingeräumte Zahlungsziel blieb mit 35 Tagen zwar gleich, jedoch verdoppelte sich die Dauer der Außenstandsdauer (Days Sales Outstanding, DSO). Die Unternehmen brauchten durchschnittlich 83 Tage, um ihre Forderungen einzutreiben, verglichen mit 41 Tagen im Jahr 2021. Problematisch ist dabei, dass kleinere Rechnungen schneller bezahlt werden als große. Dadurch sank der Anteil der überfälligen Rechnungen zwar von 50 % im Vorjahr auf 35 % des Gesamtwerts aller Verkäufe der Branche an B2B-Kunden. Die Zahlungsverzögerungen bei großen Rechnungen waren jedoch ein wesentlicher Faktor, der zu einer längeren Verzugsdauer und damit zu Schwierigkeiten bei der Aufrechterhaltung des Cashflows führte.

Agrar- und Ernährungswirtschaft verkauft weniger auf Kredit.
Um den Anteil der Forderungen zu verringern, gaben dreimal so viele Unternehmen der österreichischen Agrar- und Ernährungswirtschaft an, weniger auf Kredit an B2B-Kunden verkauft zu haben. Der Anteil der uneinbringlichen Forderungen am Gesamtwert aller Verkäufe der Branche an B2B-Kunden liegt weiter bei 8 (2021: 10) %. Diese Verringerung der uneinbringlichen Forderungen wurde unter anderem durch den Einsatz von mehr Zeit und Ressourcen für die Lösung unbezahlter Rechnungen und die Auslagerung von Problemkonten an spezialisierte Agenturen erreicht. „Viele Unternehmen der österreichischen Agrar- und Ernährungswirtschaft ziehen angesichts der angespannten Situation ein strategischeres Kreditmanagement in Erwägung, da sie die harten Handelsbedingungen und die Auswirkungen der anhaltenden Unterbrechungen der Lieferkette zu spüren bekommen“, sagt Franz Maier. 42 % der befragten Unternehmen gaben an, dass sie verstärkt Kreditversicherungen in Anspruch nehmen wollen.

Ausblick 2023: Pandemieängste sorgen für Unsicherheit im Lebensmittelsektor.
Beim Blick auf 2023 befürchten 35 Prozent der österreichischen Agrar- und Ernährungswirtschaft, dass die Pandemie weiterhin Störungen verursachen wird. 34% erwarten eine langsame oder gar keine Erholung der heimischen Wirtschaft. Grundsätzlich scheint das Vertrauen der Unternehmen allerdings stabil zu sein: 55 % der Unternehmen sehen positiv auf das Jahr 2023, 17 % erwarten kein Wachstum und weitere 28 % sind unsicher. Vorsicht herrscht auch beim Thema Zahlungsverhalten der Kunden. Nur 32 % der befragten Unternehmen glauben, dass es in den kommenden Monaten zu einer Verbesserung kommen wird, im Vergleich zu 49 % im letzten Jahr. Etwas bessere Erwartungen haben österreichischen Agrar- und Ernährungswirtschaftsunternehmen bezüglich der DSO. 52 % der befragten Unternehmen, gegenüber 49 % im letzten Jahr, gaben an, dass sie keine größeren Schwankungen der DSO erwarten. Franz Maier: „Dies könnte darauf hindeuten, dass sie sich weiterhin intensiv auf eine wirksamere Minderung des Kundenkreditrisikos konzentrieren werden, um den Cashflow zu verbessern und die DSO zu verringern.“

Vertrauen in der Chemiebranche schwindet angesichts globaler Sorgen.
In der Chemiebranche sind die Einschätzungen für das Jahr 2023 ähnlich. Laut der Atradius-Umfrage ist die Zuversicht der Unternehmen der österreichischen Chemieindustrie deutlich gesunken. Nur 59% der Unternehmen sind für das kommende Jahr zuversichtlich, während es im Vorjahr noch 88% waren. 33 % der befragten Unternehmen sehen die Gefahr eines anhaltenden Abschwungs der Weltwirtschaft, während 28 % angaben, sie seien besorgt über einen langsamen oder gar keinen Aufschwung der heimischen Wirtschaft. Auch der Pessimismus hinsichtlich des Zahlungsverhaltens der Kunden hat zugenommen. 32% der befragten Unternehmen der österreichischen Chemieindustrie erwarten eine Verschlechterung der Zahlungsmoral, im Vorjahr waren es nur 5%. Im Gegensatz dazu erwarten viel mehr Unternehmen – 22 % gegenüber 2 % im letzten Jahr – eine Verbesserung der DSO in den kommenden Monaten.

Wachsende Sorgen in der Chemiebranche vor Zahlungsverzug im B2B-Bereich.
Das drängendste Problem in der österreichischen Chemieindustrie ist das zunehmende Risiko, dass Rechnungen von B2B-Kunden verspätet oder gar nicht bezahlt werden. Diese Besorgnis über das Zahlungsverhalten der Kunden veranlasste fast 30 % der befragten Unternehmen, die Zahlungsfristen in den letzten zwölf Monaten deutlich zu verkürzen. Die Fristen liegen jetzt bei durchschnittlich 56 Tagen. Wie in vielen Branchen ist das Hauptproblem die derzeitige schwierige Wirtschafts- und Handelssituation, die auch die B2B-Kunden stark beeinträchtigt. Während der Gesamtwert der überfälligen B2B-Rechnungen in der österreichischen Chemieindustrie von 58 % auf 40 % des Gesamtwerts der Verkäufe an B2B-Kunden zurückging, führte der Zahlungsverzug bei großen Rechnungen zu einer Verschlechterung der Außenstandsdauer der Verkäufe (DSO). Der Umfrage zufolge stiegen die Außenstände in der österreichischen Chemieindustrie sprunghaft an und betragen derzeit im Durchschnitt 80 Tage, verglichen mit 46 Tagen im Vorjahr. „Dieser Trend ist ein Warnzeichen für die Anhäufung großer und sehr langer ausstehender B2B-Kundenrechnungen – und stellt eine klare finanzielle Bedrohung für die Unternehmen der Branche dar“, betont Franz Maier. Viele der befragten Unternehmen ergriffen daher Maßnahmen, um die Umwandlung von Rechnungen in Bargeld zu beschleunigen und eine Anhäufung von uneinbringlichen Forderungen zu vermeiden. Dazu zählten etwa Rabatte für frühzeitige Zahlungen. 56 % der befragten Unternehmen der österreichischen Chemieindustrie gaben an, dies versucht zu haben, in der Hoffnung, das Gleichgewicht zwischen der durchschnittlichen Zahlungsfrist von 56 Tagen, die den Kunden eingeräumt wird, und der durchschnittlichen Inkassozeit von 80 Tagen zu verbessern.

Verschlechterung der Forderungslaufzeiten führt zu Problemen beim Cashflow in Transportbranche.
Eine deutliche Verschlechterung der Außenstandsdauer der Forderungen (Days Sales Outstanding, DSO) war in den letzten 12 Monaten ein großes Problem für das österreichische Transportgewerbe. Die Atradius-Umfrage zeigt, dass 70 % der Unternehmen der Branche davon betroffen waren. Die deutlich nachlassende Zahlungsmoral der Kunden führte dazu, dass viele Unternehmen bis zu zwei Monate länger als im Vorjahr warten mussten, um Geld von Kunden zu erhalten, an die sie auf Kredit verkauft hatten. Die Folge: ein deutlicher Rückgang der Bereitschaft der Unternehmen, an B2B-Kunden auf Kredit zu verkaufen. In den letzten zwölf Monaten ging die Zahl der Verkäufe der Branche an B2B-Kunden auf Kredit um 25 % zurück.

Ausblick 2023 bereitet Österreichs Transportbranche Unbehagen.
Österreichs Transportgewerbe blickt mit großer Unsicherheit auf das Jahr 2023. 50 % der Unternehmen äußerten sich besorgt über einen anhaltenden Abschwung der Weltwirtschaft, die zunehmenden Insolvenzen, Liquiditätsengpässe, geopolitische Fragen und die anhaltenden Auswirkungen der Pandemie. Nur 33 % der Unternehmen äußerten sich positiv zum Geschäftswachstum, gegenüber 87 % dem Jahr 2021. Ebenso pessimistisch war die Stimmung beim Thema Zahlungsverhalten der B2B-Kunden. 30 % der Unternehmen erwarten eine negative Entwicklung des Zahlungsverhaltens, im Vergleich zu 3 % im letzten Jahr.

Über Atradius:
Atradius ist ein globaler Anbieter von Kreditversicherungen, Bürgschaften, Inkassodienstleistungen und Wirtschaftsinformationen mit einer strategischen Präsenz in mehr als 50 Ländern. Die von Atradius angebotenen Produkte schützen Unternehmen weltweit vor den Ausfallrisiken beim Verkauf von Waren und Dienstleistungen auf Kredit. Atradius ist Mitglied der Grupo Catalana Occidente (GCO.MC), einer der größten Versicherer in Spanien und einer der größten Kreditversicherer der Welt. Weitere Informationen finden Sie online unter

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