Rund 100 Teilnehmer beim Forum Maschinenbau 2011

Im Softwarepark Hagenberg trafen sich am Donnerstag, 27. Jänner rund 100 Unternehmensvertreter, um sich über das Thema Fertigungsmanagementsysteme auf Basis von MES (Manufacturing Execution System) zu informieren. Beim Forum Maschinenbau 2011, organisiert vom Mechatronik-Cluster, standen vor allem Best Practice Beispiele im Mittelpunkt. Die drei wichtigsten Erkenntnisse der Fachveranstaltung: Es gibt kein einzelnes optimales Fertigungsmanagementsystem für alle Unternehmen, individuelle auf die Bedürfnisse der Firmen abgestimmte Lösungen sind gefragt.

Die größte Herausforderung bei der Implementierung von neuen Systemen ist die Verknüpfung von Unternehmenszielen und Werkzeugen aus dem Produktionsmanagement sowie die Akzeptanz durch die Mitarbeiter – ohne ihre aktive Einbindung wird selbst das beste Fertigungsmanagementsystem scheitern. Und drittens: Es gibt nach wie vor sehr viel Verschwendung in den Produktionsprozessen. Die Einsparungspotenziale bei Arbeitszeit und Kosten durch die Einführung von MES sind daher besonders bei Klein- und Mittelunternehmen (KMU) enorm!

Das Forum Maschinenbau wurde in Kooperation mit dem Automobil- und Kunststoff-Cluster, der WKO Oberösterreich Sparte Industrie und der Landesinnung der Mechatroniker Oberösterreich durchgeführt. KommR Dr. Anton Helbisch-Poschacher, Obmann der Sparte Industrie der WKO Oberösterreich ist wie der englische Premierminister davon überzeugt: „We need a re-industrialisation!“ Gerade in der Industrie spiele die Produktion eine herausragende Rolle, daher sei Intelligentes Fertigungsmanagement so wichtig. Auch KommR Johann Fiedler, Innungsmeister der Landesinnung der Mechatroniker OÖ erkennt die steigende Bedeutung von Fertigungsmanagementsystemen im produzierenden Gewerbe. „Da beim Einkauf die Einsparungspotenziale ausgereizt sind, muss man sich zukünftig innerbetrieblich umsehen“, erklärt Fiedler. „Große Datenmengen werden bereits gespeichert. Die Auswertung dieser Daten sollte man nutzen, um wettbewerbsfähiger zu bleiben.“ Nach der Wirtschaftskrise füllen sich die Auftragsbücher wieder. „Doch der Markt wird immer volatiler und unvorhersehbarer. Nur mit Flexibilität wird man erfolgreich bleiben“, sagt DI (FH) Christian Altmann, Manager des Mechatronik-Clusters in Oberösterreich.

Manufacturing Execution Systeme (MES)

Trotz umfangreicher Kostensenkungsmaßnahmen und Personaleinsparungen während der Wirtschaftskrise gibt es noch immer erhebliche Verschwendungen in den Produktionsprozessen. Insbesondere in den KMUs steckt viel Potenzial in der Optimierung. Dazu können Fertigungsmanagementsysteme (MES – Manufacturing Execution System) dienen, die die organisatorischen Abläufe in Fertigungsbetrieben visualisieren und unterstützen. Je nach Funktionalität ist ihre Positionierung zwischen ERP (Enterprise Resource Planning) Systemen (im Bereich der Verwaltung) und der Automatisierung auf den Maschinen und Anlagen (Betriebs- und Maschinendatenerfassung BDE, MDE) zu sehen. „Was heute noch in vielen Betrieben fehlt, ist der strategische Blick auf MES bzw. die Gesamtintegration von bereits vorhandenen MES-Funktionalitäten“, erklärt Christian Altmann.

Der menschliche Körper – ein biologisches Beispiel auch für MES
DI  Heinz-Wolfgang Reichl (Reichl Consulting e.U.) zieht einen interessanten Vergleich zum menschlichen Körper: „Unser Körper arbeitet ähnlich wie MES-Systeme: Er ist voll von Sensorik und Vernetzungen. 80 Prozent der Prozesse laufen unbewusst ab.“ Für die Entwicklung von Fertigungsmanagementsystemen könnte man daher von biologischen Organismen einiges lernen. Reichl empfiehlt eine Einführung von MES in Etappen: „Der Mensch hätte wahrscheinlich nicht überlebt, wenn er sich nicht weiterentwickelt hätte. Es scheint deshalb wichtiger den evolutionären Prozess der Einführung einzelner MES-Funktionen mit ersten, wenn auch kleinen Schritten zu starten, als ein fertiges Komplettsystem einzuführen, das nicht verstanden wird und keine Akzeptanz findet.“

MES – noch mangelhafte Anbindung zu Unternehmenszielen

Eine andere Betrachtungsweise ausgehend von der EVA wählt Prof. (FH) DI Dr. Herbert Jodlbauer, Dekan der FH OÖ Fakultät für Management, Studiengang Produktion und Management. Die EVA (Economic Value Added) oder Geschäftswertbeitrag ist eine Messgröße aus der Finanzwirtschaft, um die Vorteilhaftigkeit einer Investition zu berechnen. Bei EVA-Treibern sollte man vor allem konfliktäre Wirkungen beachten (Beispiel: Hohe Auslastung steht in Konflikt zu hoher Flexibilität bzw. Termintreue). Sein Resümee: „Produktionsnahe Themen werden in MES ausführlich dargestellt. Die Verbindung der produktionsnahen Themen zu finanzieller Performance, Unternehmenszielen und Strategiefindung sind allerdings in MES mangelhaft abgebildet.“

Papierlose Fertigung bei Schöfer GmbH
Dieter Holzweber, Qualitäts- und Umweltmanager sowie IT-Leiter war in den letzten 1,5 Jahren mit der Implementierung eines online-vernetzten Fertigungsmanagementsystems bei Schöfer GmbH Werkzeugbau und Kunststofftechnik betraut. Das eigentümergeführte Familienunternehmen in Schwertberg in Oberösterreich beschäftigt rund 130 Mitarbeiter. Kernkompetenz ist die Herstellung von Kunststoff-Spritzgussteilen mit hohem Anspruch an die Oberflächenqualität. „Wir produzieren auftragsbezogen. Daher muss Flexibilität bei uns im Mittelpunkt stehen“, berichtet Dieter Holzweber. „Wir haben ein gesamtintegriertes Informationssystem entwickelt, das Kunde, Verwaltung, Produktion und Geschäftsführung miteinbezieht.“ Die Aufwände bei Sach- und Personalkosten sollten damit verringert werden und die Kunden- und Mitarbeiterzufriedenheit sollte erhöht werden. Man entschied sich bei Schöfer für eine Eigenprogrammierung (auf der Grundlage von Standardsoftware), um damit die Flexibilität zu gewährleisten. Größte Herausforderungen bei dem Projekt: Saubere Stammdaten und die Bereitschaft der Mitarbeiter zur Umstellung auf eine papierlose Fertigung. Holzweber erklärt: „Früher wurde 14 Mal bei einem Auftrag die Artikelnummer auf Zetteln erfasst. Nun dienen die Artikelnummer und die Kundennummer als Knotenpunkte für alle Systeme beziehungsweise Speicherorte.“

Fronius Angebotskonfigurator

Fronius hat ein Softwaretool zur einfachen und fehlerfreien Erstellung von Angeboten für technisch anspruchsvolle Systeme entwickelt, den Fronius Angebotskonfigurator. Dadurch konnten die Kommunikationswege zwischen Kunden, Fachberater und Produktion verkürzt werden, die Qualität erhöht werden und der Know-Transfer sicher gestellt werden. Das Expertenwissen ist nun weltweit in gleicher Qualität verfügbar, was bei einem international tätigen Unternehmen wettbewerbsentscheidend ist. DI (FH) Gerald Aigner, Research and Development  Manager Innovation Management bei Fronius International GmbH erklärt: „Nicht die Entwicklung der Software ist die größte Herausforderung, sondern der Veränderungsprozess im Unternehmen – in den Arbeitsweisen der Mitarbeiter. Wichtig ist daher, die Mitarbeiter einzubinden, um eine größere Akzeptanz zu erreichen.“

Beeindruckende Einsparungspotenziale

Durch die Einführung von Fertigungsmanagementsystemen ergeben sich beeindruckende Einsparungspotenziale. DI Dr. Karl Knall (Geschäftsführer math.tec) berichtet: „Im Bereich der Lagerlogistik ist eine Kostenersparnis von 15 Prozent möglich. Durch die optimale Zuordnung der Artikel zu den Rüstplätzen wird der während der Kommissionierung zurück gelegte Weg minimiert. So haben wir bei einem Auftraggeber 40.000 Kilometer Wegstrecken in einem Lager pro Jahr einsparen können.“ Auch Wolfgang Giegler, Sales Director DCCP GmbH kann mit messbaren Resultaten aufwarten, besonders bei der Verknüpfung von Produktion zu Vertrieb: „Bei unserem Kunden Nassau konnten wir durch den Einsatz von MES den Verkauf Innendienst von 9 auf 3 Vollzeit-Mitarbeiter reduzieren, und das mit mehr Umsatz!“ Mag. Herbert Parnreiter, Geschäftsführer Industrie Informatik GmbH betreut die Piesslinger GmbH. „Piesslinger konnte die Durchlaufzeiten von 6 auf 3 Wochen reduzieren, den Umlaufbestand halbieren und die Anzahl der gleichzeitigen Aufträge von 300 auf 600 erhöhen. Dies bedeutet eine Verdopplung der Flexibilität trotz Kosteneinsparung und Steigerung der Qualität.“

Mechatronik-Cluster: 319 Partnerunternehmen

Anfang 2003 wurde der Mechatronik-Cluster (MC) gestartet. Die Entwicklung kann sich sehen lassen, mittlerweile kooperieren 319 Unternehmen im Branchennetzwerk und jedes Jahr kommen neue Partnerbetriebe dazu. Als Informations- und Kooperationsplattform vernetzt der Cluster Unternehmen aus den Bereichen Maschinen- und Anlagenbau, Geräte- / Apparatebau, Technologie-/Komponentenfertigung, Dienstleister sowie FuE / Bildungseinrichtungen. Rund 50.700 Mitarbeiter/innen erwirtschaften einen Jahresumsatz von 10,1 Mrd. Euro. Der MC ist eine Initiative der Länder Oberösterreich und Niederösterreich, Trägerorganisationen sind die Clusterland Oberösterreich GmbH und ecoplus.Niederösterreichs Wirtschaftsagentur GmbH. Im Fokus des Clusters steht die Initiierung und Unterstützung von firmenübergreifenden Kooperationen. Daher wird in Folge zum Thema MES eine Erfahrungsaustauschrunde ins Leben gerufen.

Kick-off/Startworkshop
Erfahrungsaustauschrunde Manufacturing Execution Systeme (MES)
Datum: 24. März 2011, 14.00 bis 17.00 Uhr
Ort: Industrie Informatik, Wankmüllerhofstraße 58, 4020 Linz
Das Kick-Off Meeting ist kostenlos.
Anmeldung erforderlich unter sylvia.nowak@clusterland.at, Tel.: +43 732 79810-5173

Quelle: Clusterland Oberösterreich GmbH

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