Schluss mit der irreführenden Aufmachung von Lebensmitteln

Plenum des Europa-Parlaments stimmt heute über EU-Lebensmittelinformationsverordnung ab

Die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union haben sich am 22. Juni 2011 auf gemeinsame Regeln beim Kennzeichnen von Lebensmittel geeinigt. Heute stimmt das Plenum des Europaparlaments über den Entwurf der so genannten EU-Lebensmittelinformationsverordnung ab.

Demnach wären Lebensmittelhersteller künftig dazu verpflichtet, sechs Nährstoffe und den Kaloriengehalt in einer Tabelle anzugeben. Die neue Verordnung schiebt auch den Lebensmittelimitaten eine Riegel vor: Hersteller von Produkten mit Analogkäse müssten direkt neben dem Produktnamen auf den Ersatzstoff hinweisen. Klebefleisch sei zukünftig mit dem Hinweis "aus Fleischstücken zusammengefügt" zu deklarieren.

Dieser Punkt sei ein wichtiger Schritt zum Schutz der Verbraucher vor Täuschung, sagt Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU). Auch Stoffe, die allergische Reaktionen hervorrufen können, müssten die Hersteller in der Zutatenliste hervorheben, etwa indem sie den Hinweis farbig unterlegen. Die Schriftgröße muss gut lesbar sein und mindestens 1,2 Millimeter betragen.

Mit größerem Widerstand gegen die EU-Lebensmittelinformationsverordnung sei nicht mehr zu rechnen, sagt Renate Sommer (CDU), zuständige Berichterstatterin des Europa-Parlaments, im Gespräch mit der Lebensmittelzeitung. Offen sei, ob noch Änderungsanträge kommen. Sommer zeigt sich zufrieden mit der erzielten Übereinkunft zwischen EU-Kommission, Rat und Parlament. Sowohl Verbraucher als auch Hersteller profitierten von der Lösung.

Neue Kennzeichnungspflichten werden auch für unverpackte, lose Ware gelten. Wie das praktisch umgesetzt werden kann, darüber wird das Plenum beraten, wenn es heute über den Entwurf der Lebensmittelinformationsverordnung abstimmt. Die Nährwertkennzeichnung wird dann nach fünf Jahren verbindlich sein, alle anderen Regelungen schon nach drei Jahren. Bereits heute machen viele Lebensmittelhändler freiwillig an der Frischetheke mit multimedialen PC-Waagen auf die Inhaltsstoffe aufmerksam. "Während der Mitarbeiter das Hackfleisch abwiegt, erscheinen auf den Displays der Waagen genaue Informationen zur Herkunft des Produkts, zu dessen Inhaltsstoffen und möglichen Allergenen", erklärt Andreas Kraut, Vorsitzender der Geschäftsführung beim baden-württembergischen Lösungsanbieter Bizerba. Die Waagen verfügten mittlerweile über die Intelligenz eines PCs.

Lebensmittelproduzenten sind bereits seit dem Jahr 2000 dazu verpflichtet, die Herkunft des Rindfleisches zu kennzeichnen. Eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung gilt nun auch für Schweine-, Schaf-, Ziegen- und Geflügelfleisch. Und die Verordnung geht noch einen Schritt weiter: So müssen Lebensmittelproduzenten darauf hinweisen, wenn beigemischte Zutaten nicht aus der Herkunftsregion stammen.

Einen Schritt zu viel, sagt der Bund für Lebensmittelrecht (BLL) in einer Presserklärung. Matthias Horst, Hauptgeschäftsführer des BLL, erklärt: "Informationen sind die Grundlage verantwortlicher Kaufentscheidungen. Daher freuen wir uns, dass die Konsumenten in allen EU-Staaten künftig einheitlich über die Nährwertzusammensetzung von Lebensmitteln unterrichtet werden". Eine generelle verpflichtende Herkunftskennzeichnung der Produkte oder Zutaten lehne der BLL hingegen ab. Sie würden für deutsche Produkte nicht gerechtfertigte Kosten und Handelshemmnisse verursachen. Es gäbe auch keine praktischen Lösungen für eine Herkunftsangabe bei Produkten, die aus verschiedenen Quellen gemischt werden. Wo es machbar und sinnvoll ist, weisen Hersteller bereits heute freiwillig auf die Herkunft des Lebensmittels hin, sagt der BLL.

Sommer gibt in diesem Punkt Entwarnung. Es sei sichergestellt, dass die neuen Vorgaben für Handwerksbetriebe und kleine und mittlere Unternehmen praktikabel blieben. "Wir müssen erst feststellen, ob die Herkunftskennzeichnung etwa für die Erdbeeren in der Marmelade oder für die Tomaten im Ketchup tatsächlich machbar ist und welche Zusatzkosten daraus folgen, denn das zahlt letztendlich der Verbraucher", erklärt Sommer.
 

Quelle: KLARTEXT GmbH

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