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Schluss mit lustig 2.0

In der letzten Ausgabe standen die Maßnahmen einzelner Unternehmen im Vordergrund, doch das ist nur die halbe Miete. Länderübergreifende Initiativen und Programme zur Nachhaltigkeit runden das Gesamtbild ab, auf dem eine hoffentlich noch lange lebenswerte Gesellschaft und Umwelt zu sehen ist. 

Jedes Unternehmen muss innerhalb gewisser gesetzlicher Rahmenbedingungen agieren. Angetrieben durch den Druck von außen (durch Kunden oder die Gesellschaft) oder auch ein Gefühl für Verantwortung der Unternehmensführung gibt es unterschiedliche Möglichkeiten, nachhaltig zu agieren. 
 
Green Freight Europe
Am 27. März dieses Jahres wurde die früher als SmartWay Europe genannte Initiative Green Freight Europe vorgestellt. Ursprünglich 30 Gründungsmitglieder, sind heute schon viele Unternehmen – beispielsweise internationale Speditionen, Frachtführer, Händler und Verbände – der Initiative beigetreten. Das gemeinsame Ziel: die Etablierung eines unabhängigen Freiwilligenprogramms zur Verbesserung der Umweltleistung des Straßengüterverkehrs in Europa. Auf der Plattform können die Mitglieder mithilfe einer zentralen Datenbank die CO2-Emissionen ihrer Verkehre berechnen, vergleichen und überwachen. Die so geschaffene Transparenz soll helfen, die Umweltleistung der Unternehmen zu verbessern, indem beispielsweise auch neue Technologien gemeinsam genutzt und  auf ihre Effizienz hin geprüft werden. Neugierig? Eine Liste der aktuellen Mitglieder finden Sie in der Box. 
 
Carbon Trust Standard
Nicht das einzige, aber das erste CO2-Label, das den Carbon Footprint eines Produktes angibt und deshalb gesondert erwähnt wird. Es wurde 2006 in Großbritannien von Carbon Trust entwickelt. Das Carbon Trust Label ist eine Auszeichnung für konsequente Kohlendioxidemissionen, die alle zwei Jahre neu verdient werden muss – durch weiterhin kontinuierliches Absenken der CO2-Emissionen. Die Überprüfung übernimmt ein unabhängiges Gremium in Zusammenarbeit mit dem Britischen Department für Umwelt, Ernährung und ländliche Angelegenheiten (Defra) sowie dem Britischen Normeninstitut (BSI). Im Jahr 2008 wurde zur Berechnung solch produktbezogener Carbon Footprints der Standard PAS2050 eingeführt. Kühne + Nagel wurde Ende 2010 ausgezeichnet. 
 
LEED und Green Rating
Rollendes, schwimmendes und fliegendes Material sind nicht allein für den Klimawandel verantwortlich. Ein großer Teil an Ressourcen, insbesondere Energie, fließt auch in Gebäude. Beim Bau neuer Lagerhallen, Logistikimmobilien oder auch Bürogebäude gibt es etliche Aspekte der Nachhaltigkeit, die man beachten sollte. Hilfreich dabei ist das Punktesystem des LEED® Standards (Leadership in Energy and Environmental Design). Hierbei handelt es sich um ein Zertifikationssystem (Green Building Rating System) für Gebäude, das vorwiegend in den USA, aber auch in mehr als 40 anderen Ländern verbreitet ist. Es wurde vom U.S. Green Building Council entwickelt und verteilt Punkte für Umweltschutz, Sozialverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit von Gebäuden, die nachhaltig und energieautark sind und deren gesamter Lebenszyklus geringe Auswirkungen auf die Umwelt hat. Die Bewertung erfolgt in den fünf Kategorien Nachhaltige Baustellen, Wassereffizienz, Energie & Atmosphäre, Materialien & Ressourcen sowie Luftqualität im Gebäude. Sinnvolle bauliche Verbesserungen sind: Verringerung des Verhältnisses der Bauteilhüllflächen zu Nutzflächen, Reduktion von Wärmebrücken in der Fassade (Dämmung), Senkung des Wärmeverlustes über die Andockplätze, „auskragende Dämmung“ (überstehend, vorspringend, Anm.) im Bodenbereich, intelligente Lichtsteuerung, langlebige Leuchtmittel, Tageslichtnutzung durch Lichtbänder in Dach und Fassade sowie der Einsatz heller Hallenböden. 
 
Auch Green Rating ist ein Bewertungssystem: das europaweite Rating-Verfahren erfasst und bewertet die gesamte Umweltleistung bestehender Gebäude und gibt gleichzeitig Verbesserungsvorschläge. Zum Tragen kommen dabei die Faktoren Energieverbrauch, Transport, CO2-Produktion, Wasserverbrauch, Komfort und Abfallproduktion. Dies zielt in erster Linie auf die Umweltverträglichkeit ab, doch auch das Wohlbefinden der Mitarbeiter und deren Gesundheit spielen dabei eine Rolle. Da Immobilien doch 40 Jahre oder länger stehen (sollen) und keiner vorhersagen kann, wie es dann mit der Verfügbarkeit fossiler Brennstoffe aussieht, ist eine Einplanung alternativer Quellen – Solarzellen auf dem Dach, Erdwärme usw. – mehr als clever. 
 
Natürlich steht es aber jedem Unternehmen frei, eigene Standards zu definieren – so hat beispielsweise die Kühne + Nagel GmbH einen eigenen „Green Building“ Standard, dessentwegen die drei 2010 in Frankreich eröffneten Terminals dank Solarenergie 100 % CO2-neutral sind. Die Anfang 2011 in Wörgl von der Gebrüder Weiss Gesellschaft m.b.H. in Betrieb genommene Logistikhalle war die erste klimaneutrale Halle in Österreich, ein Vorzeigeprojekt. Wenn man den benötigten Strom (noch) nicht selbst erzeugen kann,  empfiehlt sich die Verwendung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen, wie es die Schachinger Logistik Holding GmbH vorzeigt: seit 2010 deckt das Unternehmen 100% des Energiebedarfs seiner Standorte mit Strom aus Wasser, Wind und Sonne des Anbieters oekostrom. 
 
Global Reporting Initiative (GRI)
Wer für sein Unternehmen einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen wird, ist bei der GRI an der richtigen Adresse. Die 1997 von Ceres (Investors and Environmentalists for Stustainable Prosperty, ehemals Coalition of Environmentally Responsible Economies, Anm.) und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen gegründete Initiative entwickelt (freiwillige) Richtlinien für die Erstellung von Nachhaltigkeitsberichten. Die wichtigste Basis dafür ist Transparenz, das Ziel ist die nachhaltige Entwicklung weltweit. Die Forderung nach bestimmten Indikatoren und Kennzahlen zu ökonomischen, ökologischen und sozialen Aspekten erhöht die Vergleichbarkeit der Berichte. Die 2006 präsentierte, aktuelle GRI-Richtlinie (G3) umfasst über 120 Indikatoren, aufgegliedert in die Bereiche Strategie & Analyse, Unternehmensprofil, Ökonomische Leistung, Governance-Verpflichtungen & Engagement, Produktverantwortung, Arbeitspraktiken & Beschäftigung, Menschenrechte, Gesellschaftlich-soziale Leistung sowie Ökologische Leistung. Sowohl Gebrüder Weiss als auch die Schachinger Logistik Holding GmbH haben Nachhaltigkeitsberichte nach diesem Standard veröffentlicht. 
 
Dies ist nur ein Auszug der bestehenden Organisationen, Initiativen und Möglichkeiten. Es gibt in den täglichen unternehmerischen Entscheidungen unzählige Gelegenheiten, nachhaltig zu  agieren. Mit etwas Bedacht und langfristiger Planung, Einberechnung der Gesamtlebenszyklen – egal ob es nun um eine Lagerhalle, Investitionen in Schulungen oder einen schadstoffarmen Fuhrpark geht – ist jede Ausgabe im Nachhinein ein Gewinn: für die Natur, die Gesellschaft und schließlich jeden Einzelnen von uns.

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