Schön ist so ein Ringelspiel – Das is‘ a Hetz und kost‘ sehr viel
Bedingt durch die Präsidentschaftswahl im April dieses Jahres kommt es unter den von der SPÖ geführten Ministerien in der Regierung zu einem Ringelspiel. Der vorgezogene Kommandowechsel, insbesondere der im Verkehrsministerium, sorgt wieder für Spott und Hohn.
Autor: Peter Baumgartner
Frei nach Peter Herz und Hermann Leopoldi dreht sich das Regierungsringelspiel „zum größten Jux für Groß und Klein“ und „draht si‘ doch am selben Fleck!“ Der Chefredakteur der Tiroler Tageszeitung wundert sich über die „Wunderwuzis“ in der Politik, die alles können und von einem Tag auf den anderen zwischen völlig verschiedenen Aufgaben wechseln. Während es einem Tischler nie einfallen würde, morgen den Tunnelbauer zu spielen, geschieht genau das in der Politik auf höchster Ebene täglich. In besonderem Maße gilt das diesmal für den scheidenden Verkehrsminister Alois Stöger, der nun schon das dritte Ministerium nacheinander bespielen darf. Ein Anlass, der immerhin auch Vizekanzler Mitterlehner nachdenklich stimmt und vor die Frage stellt, was Stöger wohl als nächstes machen wird. Allerdings, wenn diesmal Stöger vom Infrastrukturressort in das Arbeitsressort wechselt, dann wird ihn zumindest seine bisherige Arbeit für den Technologieschwerpunkt Industrie 4.0 verfolgen. Als Infrastrukturminister war er nämlich noch der Meinung, in der Industrie 4.0 werden intelligente Maschinen Menschen unterstützen. Als Arbeitsminister wird er bald feststellen, dass seine Schwerpunktförderung Arbeitsplätze dramatisch beseitigt. Er darf sozusagen die Suppe, die er sich eingebrockt hat, selber auslöffeln. Das ist neu beim politischen Ringelspiel.
Stöger, der vor etwas mehr als einem Jahr das Infrastrukturministerium von Doris Bures übernommen hat, begleitete zum Amtsantritt noch der innigste Wunsch nach einem langen Überleben im Amt. Schließlich galt es, die vielen Baustellen im Ressort in Ruhe in den Griff zu bekommen. Dass dieser fromme Wunsch in Erfüllung gehen könnte, lag durchaus im Bereich des Möglichen. Immerhin war Stöger zuvor Gesundheitsminister und als solcher vertraut mit den vitalen Funktionen von wichtigen Lebensadern. Und Stögers Ausgangssituation war durchaus gut. Durch die Hauptadern des Ministeriums floss unter Bures zum Teil sehr viel Geld und schwierige Operationen hatten die Intensivstation schon verlassen. Vielerorts war also für Stöger eigentlich nur noch Verwalten angesagt. Als ehemaliger Oberarzt der Republik, hätte Stöger allerdings auch sein Skalpell für neue Einschnitte verwenden können. Allein, Stöger hatte sein Skalpell im Gesundheitsministerium vergessen und stattdessen ein paar homöopathische Pillen zur Verteilung in das Verkehrsministerium mitgenommen. Eine davon trug den Namen Anschlussbahn.
Je nach Perspektive, mehr oder weniger wohlwollend wird die kurzzeitige Arbeitsbilanz von Minister Stöger dargestellt. Wohlwollende Zeitgenossen attestieren dem scheidenden Verkehrsminister, dass er sich keine groben Fehler erlaubt hat. Der Straßenverkehr hat zwar weiter zugenommen. Darüber freut sich aber die ASFINAG, die 2015 dadurch einen deutlich höheren Jahresüberschuss erzielen konnte. Die Frächterlobby dürfte dem scheidenden Minister sogar bittere Tränen nachweinen. Stöger hat für die Frächter das Jahr 2016 einfach zum „Übergangsjahr“ erklärt, auf Mautanpassungen in Höhe von 50 Mio. Euro verzichtet und sich damit zum Liebkind der „Brummis“ gemacht. Ein Wunder, dass nicht auf jedem LKW ein „Herzerl“ mit „I like Alois“ klebt. Erst 2017 wird es Anpassungen geben, und auch die werden unter dem Strich der LKW-Wirtschaft voraussichtlich keine Mehrbelastung bringen. Fertig verhandeln muss das allerdings Stögers Nachfolger. Aber schon jetzt weiß die Wirtschaftskammer, dass sich die Frächter bis 2020 dank Stöger 150 Mio. Euro ersparen werden. Angesichts des fortlaufenden Zuwachses im Straßenverkehr (2015 +2,5 Prozent), hat sich die von Stögers Chef Werner Faymann im Jahre 2014 angekündigte Verbesserung der österreichischen Klimabilanz in CO2 aufgelöst. Umweltschützer werden dem scheidenden Verkehrsminister also keine Träne nachweinen.
Auf Wunsch der Wirtschaft und schon von Doris Bures „angeleiert“, hat Stöger als eine der ersten Amtshandlungen einen Koordinator für Logistik bestellt. Als primäres, selbst definiertes Ziel des Counselors gilt, die Wettbewerbsfähigkeit des österreichischen Güterverkehrs- und Logistiksektors zu steigern. Erreichen wollte er das zunächst mit einer Bestandsaufnahme, die zu einer Zusammenfassung von seit Jahrzehnten bekannten Fakten durch eine hochrangige Arbeitsgruppe führte. Zu einer Verbesserung hat das umfangreiche Konvolut bisher noch nicht geführt. Im Gegenteil, Österreich sackt im Logistics Performance Index kontinuierlich ab. Der Counselor sieht sich derweil selber als „Kümmerer“, bestreitet aber gar nicht, dass seine Dienststelle noch immer hauptsächlich im „Bahnministerium“ angesiedelt ist. Tatsächlich hat man in der kurzen Zeit seit der Amtseinführung des „Kümmerers“ auch noch keine Aktivitäten für den Gesamtverkehr bemerkt. Jedenfalls nicht, was die Wasserstraßenlogistik betrifft. Abgesehen vom „Aktionsprogramm Donau“, das auch hauptsächlich eine Fortschreibung der bisherigen Ideen ist. Große Sprünge sind im Planungszeitraum bis 2022 bei einem Budget von 12 Mio. Euro auch nicht zu erwarten. Damit kann man vielleicht noch ein paar neue Hochglanzprospekte finanzieren, um die „sträflich vernachlässigte europäische Angelegenheit“ (Anm.: Die Binnenschifffahrt/Fritz Lehr) zu beruhigen. Die aufgelisteten Zielvorgaben können so jedenfalls nicht finanziert werden.
Jetzt übernimmt der zackige Ex-Verteidigungsminister Gerald Klug das Bundesministerium für Verkehr, Infrastruktur und Technologie. Wie man hört, freut er sich auf die neue Aufgabe. Kein Wunder, als Verteidigungsminister musste er hauptsächlich sich selber verteidigen, und es war nur noch eine Frage der Zeit, bis er den Abwehrkampf gegen sein Beamtenheer verliert. „Mit Gaudee und Bahöll“ dreht sich also auch hier das Ringelspiel weiter. Für Klug ist die Abkommandierung eine „zweite Chance“. Aufgefallen ist der Neo-Verkehrsminister bisher nur durch seine Erklärung, was eine „situationselastische“ Informationspolitik ist. Prompt wurde das Wort 2014 zum Unwort erklärt und hängt seither wie ein Orden an der Brust von Gerald Klug. Elastizität wird Klug jedenfalls im neuen Amt gut brauchen können, denn das Gummiband zwischen Verkehrswirtschaft und Umweltschutz ist bereits mehr als angespannt und das Beamtenheer im Verkehrsministerium steht dem im Verteidigungsministerium um nichts nach. Eine nicht unwesentliche Hilfe im neuen Megaressort bekommt Gerald Klug durch die Abwanderung der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT)-Aufgaben an die Staatssekretärin im Bundeskanzleramt, Sonja Steßl. Aber vor dem Hintergrund, dass gerade diese Basistechnologie in Zukunft an Bedeutung für die Infrastruktur enorm zunehmen wird, muss sich Klug vielleicht bald fragen, ob es klug war, der Aufgabentrennung zuzustimmen. Zumal der mit IKT eng verbundene Forschungsbereich weiter im Infrastrukturministerium verbleibt.
„Alle gebn sich nacheinand die Türschnalln in die Hand!“ heißt es im Ringelspiellied und weiter „Jeden Tag du zahlen musst!“ Da hilft auch nicht, dass uns schon Albert Einstein gelehrt hat: Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind. (PB)