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Sicher ist sicher?

Tagtäglich werden Waren rund um den Globus transportiert und an unterschiedlichen Orten gelagert. Natürlich liegt es im Interesse aller Beteiligten, dass diese heil am Bestimmungsort ankommen, und darum gibt es eine ganze Reihe von Sicherheitsauflagen und Vorschriften. Doch wo liegt  die Grenze zwischen sinnvoller Regelung und teurer Schikane?   Redaktion: Angelika Thaler

Vorbei ist die gute, alte Zeit, wo man seine Güter auf eine Kutsche packte und die einzigen Sicherheitsmaßnahmen darin bestanden, die Pferde rechtzeitig auszutauschen und dem Kutscher eine Waffe oder Begleitschutz mitzugeben. Heute gelten viele strenge Sicherheitsauflagen, die sowohl Industrie und Handel als Versender als auch Speditionen vor enorme Herausforderungen stellen. Da wären: produktbezogene Vorgaben (zB. bei Gefahrgut, Lebensmitteln, Arzneien), Betriebssicherheitsauflagen, Zertifizierungen für Qualität und Umweltschutz, Zollrichtlinien und – besonders aktuell – Gesetze zum Kampf gegen den Terrorismus. „Seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 haben sich die Sicherheitsanforderungen insbesondere für den Warenimport in die USA dramatisch verschärft“, bestätigt Helena Halling, Leiterin Securitymanagement der Schenker & Co AG. 
 
Schutz vor Terror
Galt früher hauptsächlich den Passagieren die Aufmerksamkeit der Behörden, sind es nun zunehmend auch die Supply Chains. Die Regelungen reichen inzwischen vom Automated Manifest System (AMS, Übermittlung von Warendaten spätestens 24 Stunden vor Einfuhr) und der Container Security Initiative (CSI, Identifizierung von Risiko-Containern) über die Customs Trade Partnership Against Terrorism (C-TPAT, Vorschriften für den Werkschutz und interne Sicherheit) bis hin zum Bioterrorism Act (Anmeldung von Waren, die mit dem menschlichen Körper Kontakt haben, zB Kosmetika) oder dem Importer Security Filing (ISF, Übermittlung von Manifestdaten durch Importeure und Reeder). „Hinzu kommen die Sperrlisten, Sanktionsbestimmungen gegen bestimmte Unternehmen und Personen (VO 2580/2001 bzw. 881/2002, Anm.), sowie Embargobestimmungen gegen Länder oder Waren“, ergänzt Halling. Dass für gefährliche Güter noch zusätzliche Sicherheitsbestimmungen gelten, versteht sich von selbst. Seit 2005 gibt es innerhalb der Europäischen Union den Status des Zugelassenen Wirtschaftsbeteiligten (AEO). AEOs erhalten die Sicherungssysteme entlang der Lieferkette aufrecht, haben dafür Erleichterungen bei der Zollabfertigung. „All unsere Landesgesellschaften in der EU haben diese Zertifizierung oder stehen kurz davor. Aber all diese Auflagen bringen einen enormen Schulungs-, Verwaltungs- und Investitionsaufwand mit sich, in den letzten Jahren haben wir alleine in Österreich 2,3 Mio. Euro in den Ausbau des Sicherheitssystems investiert“, gibt Halling zu bedenken.  So würde mit der Zertifizierung zum AEO-F (AEO-Zertifikat "Zollrechtliche Vereinfachungen/Sicherheit", Anm.) ein beträchtlicher Teil der Verantwortung auf den Spediteur übergehen – und das bei unbegrenzter Haftungshöhe für Terrorismus. 
 
Bekannter Versender
Als ob es noch nicht genug Auflagen gäbe, um den Spediteure das Leben schwer zu machen, wurde von der EU auf Basis der VO EG 300/2008 und VO EU 185/2010 eine verschärfte und zwingende Maßnahme für die Luftfracht erlassen. „Um Terroranschläge zu verhindern, müssen ab 28. April 2013 alle Luftfrachtsendungen vor dem Versand gescannt werden, wenn sie nicht von einem so genannten ‚bekannten Versender‘ stammen“, erklärt Halling. Voraussichtlich ab Herbst 2012 wird Schenker eine Scanning-Anlage im Hafen Albern in Betrieb nehmen. Kostenpunkt: 200.000 Euro. „Natürlich setzen wir alle Regelungen lückenlos um, allerdings gibt es durchaus Verbesserungsbedarf. Die Anforderungen bzw. Maßnahmen weltweit müssten vereinheitlicht werden, selbst innerhalb der EU werden Verordnungen unterschiedlich umgesetzt. Auch dass bei den einzelnen Regelungen untereinander keine Anerkennung vorgesehen ist, ist hinderlich“, kritisiert Halling. Ärgerlich sei auch, dass durch ungenaue Definitionen Wettbewerbsverzerrungen entstünden. „Es ist dringend nötig, die Vorschriften auf ihre Effektivität hin zu überprüfen, die behördlichen Zuständigkeiten zu bündeln und vor allem zu verhindern, dass die Haftung an die Wirtschaft abgeschoben wird“, stellt die Sicherheitsexpertin fest. 
 
Mit dem Ausbau seiner Terminals nach TAPA-Standard ist Schenker zwar gut gerüstet, dennoch ist beim Thema Sicherheit Augenmaß gefragt. Wenn Luftfracht zukünftig komplett gescreent werden muss, sind Verzögerungen in der Abwicklung und eine Verteuerung der Frachtraten nur noch eine Frage der Zeit. (AT)

Quelle: Logistik express Print- und E-Paper Ausgabe 2-2012   
 

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