|

Welcher Schuh passt?

Warum entscheidet sich ein Verlader für einen bestimmten Hafen oder einen bestimmten Verkehrsträger? Für das international tätige Einzelhandelsunternehmen Deichmann haben Effizienz und Umweltfreundlichkeit oberste Priorität. Eine enge digitale Verknüpfung mit den Transport- und Logistikdienstleistern ist außerdem ein Muss.  Redaktion: URSULA SCHMELING


Im von Verdrängungswettbewerb geprägten Schuhmarkt wächst das deutsche Familienunternehmen Deichmann profitabel, kontinuierlich und seit 20 Jahren rein organisch. In 22 Ländern in Europa und Nordamerika handelt es mit Schuhen und Sportbedarf. 25 Firmen unter verschiedenen Markennamen sowie 3.175 Einzelhandelsgeschäfte, darunter auch Schuh- und Sportgeschäfte in Deutschland, Österreich und der Schweiz, gehören zum Konzern. 2011 verkaufte Deichmann u.a. rund 167 Millionen Paar Schuhe.  

 

Wie viele Familienunternehmen pflegt Deichmann eine konservative Firmenpolitik. Das Supply-Chain-Management liegt fest in eigenen Händen. Die Lieferketten werden von der firmeneigenen Software gesteuert. In der Kommunikation mit den Lieferanten setzt Deichmann auf ein Webportal, in Europa auf EDI-Verbindungen. „Bei vielen unserer asiatischen Lieferanten fehlen die Voraussetzungen für eine EDI-Kommunikation“, erläuterte Karsten Schütt, Geschäftsführender Direktor der Deichmann SE, Essen, anlässlich des 15. SSC Seefrachtseminars in Interlaken (Schweiz) Ende Januar. 

 

Die von Deichmann angebotenen Handelswaren werden zum größten Teil in Fernost produziert und auf FOB- respektive FCA-Basis eingekauft. Sobald der Hersteller lieferbereit ist, meldet er seine Sendung über das Webportal bei einem von Deichmann ausgewählten Consolidator an und ruft die notwendigen Barcodes für die Verpackung ab. Deichmann organisiert dann den Schiffstransport, unter Berücksichtigung von Kosteneinsparungen durch Slow-Steaming, und den Weitertransport zu regionalen Distributionszentren bzw. die Feinverteilung zu den Einzelhandelsgeschäften. In-House statt Outsourcing ist die Firmendevise.  

 

Wichtigster Empfangshafen in Europa ist Hamburg. „Aus geografischen und strategischen Gründen versorgen wir via Hamburg unsere Distributionszentren in Soltau (südlich von Hamburg), Wolfen (Ostdeutschland), Feuchtwangen (Süddeutschland), Luterbach (Schweiz) und Dunajska Streda (Slowakei). Hamburg verfügt über die beste Verkehrsinfrastruktur aller nordeuropäischen Großhäfen, zumindest was die Bahnanbindung betrifft. Von Soltau aus bedienen wir unsere Geschäfte in Norddeutschland und Skandinavien, von Wolfen Ostdeutschland, Polen und Litauen, von Feuchtwangen Süddeutschland, Kroatien, Serbien und Italien, von Luterbach die gesamte Schweiz und von Dunajska Streda Mittel- und Südosteuropa (Österreich, Ungarn, Tschechien, Slowakei, Rumänien und Bulgarien). Via Rotterdam wird die Ware für die Distributionszentren in Bottrop (Westdeutschland) und Vlijmen (Niederlande) importiert. Via Bottrop versorgen wir die iberische Halbinsel und die Türkei und bedienen Kunden unseres Internethandels. Darüber hinaus unterhalten wir ein kleines Lager in Großbritannien. 2011 wurden rund 146 Millionen Paar Schuhe durch die acht Deichmann-Distributionszentren in Europa geschleust“, erläuterte Schütt. 

 

Umweltfreundlich, effizient per Bahn

Wolfen, Feuchtwangen, Luterbach und Dunajska Streda werden effizient per Bahn beliefert. Für die ersten drei heißt der Partner TFG Transfracht (eine Tochtergesellschaft der Deutschen Bahn und des Hamburger Hafenunternehmens HHLA, für Dunajska Streda Metrans (ebenfalls eine Tochter von DB und HHLA, mit Fokus Tschechei und Slowakei). Über die Jahre hat sich eine sehr enge Zusammenarbeit zwischen Deichmann und den Bahnoperateuren in Hamburg entwickelt. Bis zu einem halbem Jahr im Voraus erhalten sie eine erste Prognose der zu erwartenden Transportmengen. Diese Zahlen werden kontinuierlich aktualisiert. 

 

„Dieses System gibt uns ein hohes Maß an Planbarkeit“, erklärte Gerhard Oswald, Geschäftsführer der TFG Transfracht GmbH & Co, KG, Frankfurt/Main. „Anhand der übermittelten Daten können wir termingerecht und in der gewünschten Größe die Transportkapazitäten für diesen wichtigen Kunden am Terminal bereit stellen. Deichmann wiederum profitiert von einer hohen Zuverlässigkeit und Servicequalität. Außerdem können wir durch Veränderungen der Abfahrtsfrequenzen flexibel auf Mengenschwankungen im Jahresverlauf reagieren. Der intermodale Verkehr bietet Deichmann ein sehr gutes Preis-/Leistungsverhältnis und durch die E-Traktion eine sehr umweltschonende Lösung. Seit Anfang des Jahres stellen wir zudem unseren Kunden auf Wunsch eine – auf Grundlage eines durch den TÜV Süd geprüften Verfahrens – Bescheinigung aus, wie viele CO2-freie Transporte durchgeführt wurden“, so Gerhard Oswald. TFG Transfracht befördert über 10.000 TEU/Jahr für Deichmann.

 

Wenn der Container im Hafen gelöscht ist, ist die Ware auch bereits verzollt bzw. wurde für Container mit Destination Schweiz bereits ein T1 zur Verzollung in der Schweiz ausgestellt. So können die Schuhe sofort weiter transportiert werden. Ab den Distributionszentren liegt die Feinverteilung in den Händen von ausgesuchten Spediteuren. Auch diese wählt Deichmann selbst aus. Und auch hier achtet Deichmann auf eine Priorisierung der Bahn bzw. eine Ausstattung mit schadstoffarmen LKW. Aufgrund elektronischer Benachrichtigungen durch das SCM-System wissen auch die Trucker schon im Voraus, welche Mengen wohin zu transportieren sind. „Sicherlich bietet unser SCM noch Optimierungsmöglichkeiten“, meinte Schütt. „Aber wir sind schon ziemlich effizient.“.  (US)

Quelle:  Logistik express Zeitschrift, Ausgabe 1/2012 (ePaper)  

 

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar