Aktuelle Entwicklung der Containerschifffahrtsmärkte

Eine aktuelle Marktstudie des Instituts für Seeverkehrswirtschaft und Logistik (ISL) analysiert die Entwicklungstendenzen der einzelnen Größenbereiche der Containerflotte.

Mit einer beeindruckenden Dynamik hat sich die Weltwirtschaft von der Krise erholt. Mehrfach hintereinander hat der Internationale Währungsfonds (IWF) seine kurzfristigen Erwartungen an die Entwicklung von Weltwirtschaft und -handel im Jahr 2010 nach oben korrigiert und in der zuletzt vorgelegten Einschätzung aus dem Oktober 2010 wird für das laufende Jahr von einem Weltwirtschaftswachstum von beachtlichen 4.8 Prozent ausgegangen. Diese positive Wirtschaftsentwicklung hatte förderliche Auswirkungen auf die Nachfrageseite der Containerschifffahrtsmärkte. Selbst unter vorsichtigen Gesichtspunkten ist aktuell von einem Jahreswachstum in einer Größenordnung von 12 Prozent auszugehen, womit bereits in diesem Jahr ein neues Allzeithoch im weltweiten Containerumschlag anstünde – eine Entwicklung, die noch zu Beginn des Jahres als unwahrscheinlich betrachtet werden musste.

Auch auf den Chartermärkten gab es Positives zu beobachten: Durch das hohe Nachfragewachstum in Verbindung mit dem umfangreich praktizierten Slowsteaming kam es im Jahresverlauf vorrübergehend sogar zu Engpässen in der Tonnageversorgung – mit entsprechend starken Aufwärtsimpulsen für die Charterraten. Insbesondere Eigner von Containerschiffen um 4.000 TEU konnten mitunter ansehnliche Raten erzielen. Belebt haben sich auch die Neubau- und Secondhandmärkte, was als ebenso positiver Indikator für die generelle Marktlage gewertet werden kann, wie der Abbau der inaktiven Einheiten: AXS-Alphaliner zufolge ist deren Kapazität bis Oktober um rund 80 Prozent zurückgegangen. 

Trotz der positiven Rahmenbedingungen bestehen Risiken, die die kurzfristige Entwicklung negativ beeinträchtigen können. Insbesondere zur bevorstehenden Jahreswende rechnen das ISL und andere Marktbeobachter angesichts des regelmäßigen saisonalen Abschwungs der Nachfrage und einer anhaltenden Flottenexpansion mit einem Druck auf die Raten sowie einem abermaligen Anstieg der inaktiven Einheiten.

Ein Muster, dass sich wiederholden dürfte: Während der zum Anfang des nächsten Jahres einsetzende saisonale Aufschwung der Märkte bis zur Jahresmitte sogar eine "Vollbeschäftigung" der Vollcontainerflotte mit sich bringen dürfte, ergibt sich – rein rechnerisch – zum Ende der Jahre 2011 und 2012 abermals ein Tonnageüberangebot.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Weltwirtschaft, und abgeleitet daraus auch der Containerverkehr, auf einen Wachstumspfad zurückgekehrt sind. Damit befinden sich die Liniendienstanbieter tendenziell auch wieder in einem vertrauteren Fahrwasser, in dem in den vergangenen Jahren der regelmäßige Nachfrageabschwung zum Jahreswechsel nicht automatisch auch einen Anstieg der aufliegenden Einheiten mit sich brachte.

Im Durchschnitt der Jahre 2003-2007 fiel die Nachfrage im ersten Quartal regelmäßig etwa um 3,0 Prozent gegenüber dem unmittelbar vorangegangenen Quartal. Diese bekannte Nachfragelücke wurde jedoch regelmäßig durch die sogenannten Winterfahrpläne kompensiert. Unter der Annahme, dass dies Angesichts des in die Märkte zurückgekehrten Wachstums wieder möglich sein sollte, würde die Kapazität der inaktiven Einheiten entsprechend geringer ausfallen, als in der oben stehenden Grafik skizziert. Dennoch dürften Anfang 2011 Einheiten mit einer Kapazität von etwa 600.000 TEU auf Beschäftigungssuche sein und einen entsprechenden Druck auf die Raten mit sich bringen.

Zum Anfang des Jahres 2012 dürfte die vorrübergehende inaktive Kapazität bereits geringer ausfallen und bei einer positiven Einschätzung der Märkte könnten die Liniendienstanbieter zum Ende des Jahres 2012 bereits bestrebt sein, sich die wenigen verfügbaren Einheiten für das Jahr 2013 wieder längerfristig zu sichern. Damit könnten trotz eines berechneten Überangebots alle Einheiten der Flotte in Fahrt bleiben, wenn auch mit einem leichten Druck auf die Raten.

Zu differenzieren sind diese Aussagen in gewisser Weise hinsichtlich der Größenklassen. Insbesondere bei den kleineren Einheiten der Containerflotte fällt das zu erwartende Kapazitätswachstum nur sehr unterdurchschnittlich aus. Auf Sicht von drei Jahren dürfte ohne weitere Neubauaufträge und bei anhaltender Verschrottungsaktivität sogar ein effektiver Kapazitätsrückgang zu beobachten sein. Dies sollte sich bei dem erwarteten Nachfragewachstum entsprechend positiv auf die Beschäftigungsaussichten der Containerfrachter bis etwa 3.000 TEU auswirken.

In den Größenbereichen von 3.000-7.500 TEU ist demgegenüber zwar ein leicht höheres Flottenwachstum absehbar, aber dieses bleibt deutlich unter dem erwarteten Marktwachstum zurück. Bei diesen – aus Sicht der Schiffseigner – grundsätzlich günstigen Rahmenbedingungen bleibt abzuwarten, wie die Märkte auf das sich abzeichnende hohe zweistellige Kapazitätswachstum der ultragroßen Containerschiffe reagieren. Deren typisches Einsatzgebiet sind die langen Ost-West-Routen im Containerhandel zwischen Europa und Fernost. Dort sind sie mittlerweile zwar der dominante, allerdings noch nicht der ausschließliche Schiffsgrößenbereich. Dementsprechend wird das Kapazitätswachstum in diesem Teilmarkt zwar etwas durch die anderen Segmente abgefedert, aber der tendenzielle Kaskadeneffekt der Linienschifffahrtsmärkte dürfte sich weiter fortsetzen und einen entsprechenden Markt-druck auf die übrigen Segmente ausüben. Die vollständige Studie kann ab Ende November 2010 über das ISL bezogen werden.

Quelle: MyLogistics
Portal:  www.logistik-express.com

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