Brennersperre besser überstanden als gedacht

Es ist besser gelaufen als gedacht und alle Beteiligten des Kombinierten Verkehrs haben gezeigt, dass sie auch große Herausforderungen meistern können. Dennoch brauchen wir einen solchen Kraftakt kein zweites Mal. Eine weitere Totalsperrung eines zentralen europäischen Verkehrskorridors darf es nicht mehr geben." Dieses Fazit aus der Brennersperre zieht Armin Riedl, Geschäftsführer von Kombiverkehr, nach Abschluss der Sanierungsarbeiten an der Schienenstrecke in Österreich und nach Auswertung aller Zugdaten. „Wir haben 2.545 Züge umgeleitet, davon sind zwei Drittel pünktlich angekommen. Gerechnet hatten wir mit rund 50 Prozent."
 
Gleichzeitig blickt Riedl, der bei dem größten europäischen Kombi-Operateur und bei der Tochtergesellschaft Lokomotion für das Projekt Brennersperre zuständig war, nach vorn: „Wir finden nun eine stabile Infrastruktur am Brenner vor und haben damit weniger Behinderungen durch Langsamfahrstrecken. Dies haben wir gleich genutzt, um mit einem neuen Zug zu starten." Am Sonntag ist zum ersten Mal die neue Direktverbindung zwischen dem Ostseehafen Kiel und dem norditalienischen Verona gestartet. „Wir haben damit bewusst abgewartet, bis die Brennersperre komplett vorbei war, um die Ausweichstrecken nicht noch zusätzlich zu belasten." Außerdem werde Kombiverkehr Konsequenzen aus den positiven Erfahrungen der Brennersperre ziehen. „Unsere Kunden haben die verstärkte Transportüberwachung und enorme Transparenz der Information gelobt, das wollen wir beibehalten und ausbauen."
 
Die erreichte Pünktlichkeitsquote der Züge lag während der Brennersperre zwar unter den normalerweise in diesem Zeitraum erzielten Werten von rund 85 Prozent. Dennoch lag sie deutlich über dem, was aufgrund der längeren und weniger leistungsfähigen Strecke mit einem kleinen Grenzbahnhof Tarvisio als zentralem Knotenpunkt zwischen Österreich und Italien zu erwarten war. „Die erzielte Qualität ist auch deshalb ein ausgezeichneter Wert, weil zum einen wenige Tage vor der ersten Phase der eingleisigen Streckenführung die Unglücke am Brenner beziehungsweise am Gotthard hinzugekommen sind, wodurch auch die Alternativroute über die Schweiz lange ausfiel, und zum anderen, weil zwei Tage vor Beginn der Vollsperrung ein Murenabgang auf dem italienischen Teil der Brennerstrecke den Verkehr für 48 Stunden zum Erliegen brachte", so Riedl. Möglich geworden ist das gute Ergebnis aus seiner Sicht vor allem durch zwei Faktoren: „Zum einen haben alle Beteiligten im Schienengüterverkehr besonders intensiv und unbürokratisch zusammengearbeitet: Bahnen, Traktionsgesellschaften, Waggonvermieter, Operateure, vom Bahnhofspersonal über die Rangierer und Wagenmeister bis zum Lokomotivführer. Zum anderen haben wir uns gemeinsam mit DB Intermodal mehr als ein Jahr lang intensiv auf den Engpass vorbereitet und – wie alle anderen Beteiligten auch – zusätzlich Zeit, Personal und Geld investiert, um die Auswirkungen für die Kunden so gering wie möglich zu halten." Eigene Fahrpläne für die Zeiten der Eingleisigkeiten und der Vollsperrung entstanden. Die Abteilung Transportüberwachung erhielt mehr Mitarbeiter. Eine zusätzliche Schicht am Sonntagmorgen ab 5.30 Uhr wurde eingeführt. Die Informationsweitergabe an Kunden wurde beschleunigt und intensiviert, eigenständige Kundeninformationen zur Brennersperre sorgten für extreme Transparenz. Über die Traktionsgesellschaften Lokomotion und RTC wurde ein Drei-Mann-Team dauerhaft am Grenzbahnhof Tarvisio stationiert. Es sorgte dafür, dass die veränderten Personalumläufe der Lokführer klappten und dass die Kommunikation zwischen Wagenmeistern, Rangierloks und Fahrdienstleitern reibungslos funktionierte. Insgesamt dauerte die Vollsperrung vom 6. August bis 10. September sowie die Phasen der Eingleisigkeit vom 11. Juni bis 5. August und vom 11. bis 30. September 2012.
 
„Die Brennersperre betraf unser Kerngeschäft und war das größte operative Einzelprojekt in der Geschichte unseres Unternehmens", stellt Riedl fest. Solche Herausforderungen zu lösen, sei „natürlich machbar, aber nicht wirtschaftlich." Deshalb sollten auf Hauptachsen des europäischen Transitverkehrs künftig keine Vollsperrungen mehr geplant werden. „Die Unglücke am Brenner und am Gotthard haben gezeigt, wie leicht der gesamte Nord-Süd-Verkehr auf der Schiene zum Erliegen kommen kann, wenn bei einer Vollsperrung die Alternative durch Unfälle oder Naturgewalt beeinträchtigt oder gar blockiert ist."

Quelle: Kombiverkehr
 

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