BVL/DIW Logistik-Indikator im dritten Quartal 2008

Abkühlung der Hochkonjunktur – Industrie und Handel relativ robust

Das Klima in der deutschen Logistikwirtschaft hat sich im dritten Quartal merklich abgekühlt. Gegenüber der Frühjahrsbefragung gab der BVL/DIW Logistik-Indikator im Sommer um 12 % nach und liegt nun bei 128,7 Punkten. Die Lage- und Erwartungskomponenten bewegten sich sehr gleichförmig und liegen – wie schon im Vorquartal – praktisch gleichauf. Maßgeblich hierfür ist der dämpfende Einfluss der Logistikdienstleister. Deren Teilindikator gab um 19 Prozent auf 121,7 Punkte nach, während sich das Logistikklima in Industrie und Handel nur um 4 Prozent eintrübte (neuer Indexstand: 135,8). Der Rückgang der Indikatorwerte muss allerdings vor dem Hintergrund einer sehr expansiven Phase in den Vorquartalen gesehen werden. Alle Teilindikatoren liegen immer noch deutlich oberhalb der neutralen 100er-Marke, die eine konjunkturelle Normalsituation kennzeichnet. Die derzeitige Logistikkonjunktur in Deutschland befindet sich somit in einer Entspannungsphase. Von rezessiven Tendenzen kann bislang keine Rede sein. 

Die Klimaeintrübung auf der Anbieterseite des deutschen Logistikmarktes (Logistikdienstleister) spiegelt sich in einer Rückwärtsbewegung im Antwortverhalten auf alle Teilfragen zur Lage- und Zukunftseinschätzung wider. Trotz weiterhin aufwärtsgerichteter Auftragseingänge aus dem In- und Ausland wird die Auftragslage nicht mehr ganz so positiv beurteilt wie noch in den Vorquartalen. Die Kapazitätsauslastung hat derzeit das Normalmaß erreicht. Die Entwicklung dieses besonders wichtigen Teilindikators wird 1:1 durch die korrespondierende Erhebung zur Kapazitätsverfügbarkeit auf der Anwenderseite bestätigt. Insgesamt wird die aktuelle Geschäftslage zwar netto immer noch als gut eingeschätzt, die Mehrheit der Befragten sieht sie aber nur noch als befriedigend an. Sehr deutlich abgeschwächt haben sich die Geschäftserwartungen für die kommenden 12 Monate. Nach den stark expansiven Erwartungen in den Vorquartalen deutet die aktuelle Erhebung eher auf eine moderatere Geschäftsentwicklung hin. Gleichwohl bleibt die Kapazitätsplanung auf Expansion ausgerichtet, wenn auch die Einstellungsbereitschaft deutlicher nachgegeben hat. 

Auf der Anwenderseite in Industrie und Handel zeigt sich eine deutlich stabilere Entwicklung im laufenden Quartal. Der Teilindikator zur Lagebeurteilung erreicht mit 143 Indexpunkten praktisch das Vorquartalsniveau. Im Gegensatz zur Kapazitätsverfügbarkeit im Markt hat sich die deutliche Anspannung der eigenen Kapazitäten noch leicht erhöht. Der markante Anstieg der relativen Logistikpreise dürfte maßgeblich durch die Energieverteuerung bedingt sein. Die Nachfrage nach internen und externen Logistikleistungen bleibt gegenüber dem Vorquartal unverändert. Indes haben sich die Erwartungen für die kommenden 12 Monate in Industrie und Handel leicht eingetrübt (Rückgang des Teilindikators um 7,6 Prozent auf 128,6 Punkte). Dies ist jedoch hauptsächlich auf die weniger optimistische Einschätzung der eigenen Geschäftsentwicklung zurück zu führen. Demgegenüber bleiben die Bedarfserwartungen für inländische und grenzüberschreitende Logistikleistungen weiterhin hoch bzw. sehr hoch. Dies dürfte auch der Grund sein, weshalb an den bisherigen Planungen zur Erweiterung der eigenen Logistikkapazitäten festgehalten wird und auch die Bereitschaft zur Auslagerung von Logistikleistungen wieder angestiegen ist. 

Die Berücksichtigung ökologischer Aspekte bei der Bereitstellung von Logistikleistungen wurde im Rahmen einer Sonderfrage eruiert. Das Thema Ökologie spielt – sowohl für Anbieter als auch für Anwender – derzeit mehrheitlich noch keine besondere Rolle. Deutliche Unterschiede zeigen sich jedoch in der Einschätzung der zukünftigen Bedeutung. Während in Industrie und Handel auch in Zukunft die Hälfte der Befragten keine ökologiebedingten Änderungen ihrer Logistikaktivitäten erwarten, sind es bei den Logistikdienstleistern nur knapp 20 Prozent. Für gut 80 Prozent der befragten Anbieter sind ökologische Aspekte bereits oder demnächst von besonderer Bedeutung, wobei energieeinsparende Maßnahmen eine bedeutende Rolle spielen. 

Der BVL/DIW Logistik-Indikator wird seit Herbst 2006 vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) für die Bundesvereinigung Logistik e.V. (BVL) berechnet. Konstruktionsgemäß kann der Indikator Werte zwischen 0 und 200 annehmen, wobei ein Wert von 100 eine konjunkturelle Normalsituation kennzeichnet (befriedigende und stabile Geschäfts- und Auftragslage mit normaler Kapazitätsauslastung). 

Diese Kommentierung fußt auf der bislang absehbaren Entwicklung der erhobenen Befragungskomponenten. Die Verdichtung zu den vorgestellten Gesamt- und Teilindikatoren ist auf der bisherigen Datengrundlage nur als erste Rechnung möglich. Das dem Indikatorkonzept zugrunde liegende Fragedesign zielt bei quartalsbezogenen Angaben auf eine Einschätzung der jahreszeitlich üblichen (um saisonale Effekte bereinigten) Werte ab. Gleichwohl ist nicht auszuschließen, dass sich im Antwortverhalten noch Saisoneffekte niederschlagen. Diese können zukünftig (nach längerer Laufzeit des Indikators) statistisch herausgerechnet werden. Darüber hinaus sind zukünftig auch Untersuchungen zu den zeitlichen Vorlaufeigenschaften sowohl zur sektoralen als auch zur gesamtwirtschaftlichen Konjunkturentwicklung möglich. Diese werden vom DIW Berlin durchgeführt, sobald die dazu notwendige Datengrundlage erreicht ist.

Quelle: Bundesvereinigung Logistik (BVL) e. V.

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