BVL/DIW Logistik-Indikator im vierten Quartal 2009

Der bereits zur Jahresmitte einsetzende Klimaumschwung in der deutschen Logistikwirtschaft setzt sich im vierten Quartal fort. Mit einem Zuwachs von 20 Punkten fällt die aktuelle Aufwärtsbewegung des BVL/DIW Logistik-Indikators noch kräftiger aus als im Vorquartal, als der entsprechende Klimawert um gut 14 Zähler zulegen konnte.

Der nunmehr erreichte Indexstand von 102,4 Punkten signalisiert zwar bereits wieder eine Normalisierung nach dem drastischen Einbruch zum Jahreswechsel 2008/2009, allerdings tragen hierfür die optimistischen Zukunftsaussichten maßgeblich bei: auch wenn sich die Lageeinschätzung im laufenden Quartal mit einem Zuwachs von 27,6 Indexpunkten stärker aufhellt als die Erwartungshaltung (Zuwachs um knapp 20 Indexpunkte), so ist doch die Schere zwischen Erwartungs- und Lageindikator mit einer Spanne von gut 37 Indexpunkten immer noch weit geöffnet. Für die Gesamtbeurteilung ist daher zu berücksichtigen, dass sich die erwartete Verbesserung der Geschäftsentwicklung in den kommenden 12 Monaten auf eine Lageeinschätzung bezieht, die noch gut 16 Prozent unter dem Normalniveau liegt.

Dominiert wird die Entwicklung des Gesamtklimawertes durch die sehr kräftige Erholung auf der Anbieterseite (Logistikdienstleister), deren Teilindikator um 31,5 Punkte anzog. Wesentlich gedämpfter verläuft die Dynamik indes bei den Anwendern in Industrie und Handel (Klimaverbesserung um gut 8,3 Punkte). Bei beiden Gruppen waren jeweils die besseren Lagewerte die wesentliche Triebkraft. Erstmals seit mehr als einem Jahr zeigt sich das Logistikklima der Anbieter (107,7 Indexpunkte) wieder freundlicher als das der Anwender (97,2 Indexpunkte).

Auf der Anbieterseite hat der Umschwung bei den Auftragseingängen aus dem In- und Ausland maßgeblich zur drastischen Verbesserung der Lageeinschätzung (Anstieg um 40 Indexpunkte) beigetragen. Auch die Kapazitätsunterauslastung konnte deutlich verringert werden. Für die kommenden zwölf Monate wird ganz überwiegend mit einer Fortsetzung dieser Entwicklung gerechnet. Hinsichtlich der Geschäftserwartungen nähern sich die Logistikdienstleister nunmehr enger an die von den Anwendern in Industrie und Handel zukünftig erwarteten Logistikbedarfe an. In der Folge wird kein wesentlicher weiterer Personalabbau geplant und die Sachkapazitäten dürften sogar wieder leicht ausgebaut werden.

Bei den Befragten der Nachfrageseite fallen die Indexbewegungen wesentlich milder aus. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass auch der Absturz in den Vorquartalen gedämpfter verlief: die Hauptanpassungslast schwankender Logistikbedarfe wurde vor allem auf die Anbieterseite abgewälzt, während die eigenen Kapazitäten auch in den Krisenquartalen insgesamt befriedigend ausgelastet werden konnten. Die verbesserte Lageeinschätzung ist bei nahezu stagnierenden Logistikbedarfen auf die leicht verbesserte Kapazitätsauslastung und die zwar immer noch hohe aber nunmehr etwas verringerte Kapazitätsverfügbarkeit im Markt zurückzuführen. Der Erwartungsindikator für die Anwenderseite bleibt nahezu unverändert (Anstieg um 1,3 Indexpunkte). Auch in den einzelnen Erwartungskomponenten zeigt sich wenig Bewegung. Daher drohen bei Industrie- und Handelsunternehmen bei stagnierenden Sachkapazitäten weiterhin Einschnitte beim Personalbestand.

Von den seitens der neuen Bundesregierung in Aussicht gestellten steuerlichen Entlastungen für Unternehmen gehen nach ganz überwiegender Ansicht der Befragten keine nennenswerten konjunkturellen Impulse aus. 68 Prozent der Logistikdienstleister und sogar 79 Prozent der befragten Industrie- und Handelsunternehmen äußerten sich skeptisch. Eine Stärkung der Nachsteuerrendite der Unternehmen ist demzufolge kaum geeignet, dem durch Nachfragemangel gekennzeichneten Konjunktureinbruch entgegen zu wirken.

Kommentar von Prof. Dr.-Ing. Raimund Klinkner, Vorsitzender des Vorstands, Bundesvereinigung Logistik
Vor zwölf Monaten, im vierten Quartal 2008, näherte sich der BVL/DIW Logistik-Indikator der wirtschaftlichen Normallinie "von oben" an. Die Logistikkonjunktur kühlte sich ab; die ökonomische Lage wurde im Spätherbst 2008 besser eingeschätzt als die zukünftige Entwicklung. Heute, nach einem Jahr weltwirtschaftlicher Erschütterungen und Einbrüche, die auch die Logistik in Deutschland stark in Mitleidenschaft gezogen haben, zeigt sich ein anderes Bild: Der Logistik-Indikator erreicht die Normallinie jetzt "von unten" kommend. Diesmal prägen positive Erwartungen für das kommende Jahr das Bild. Die Lageeinschätzung fällt ebenfalls besser als in den Vorquartalen aus, verharrt jedoch noch im Bereich unterhalb des Normalniveaus.

Dass die Logistikwirtschaft unternehmerisch-professionell auf die marktwirtschaftlichen Daten schaut, zeigt insbesondere die Antwort auf die Sonderfrage, die im November 2009 gestellt wurde. Die von der Bundesregierung in Aussicht gestellten steuerlichen Entlastungen für Unternehmen werden nach Einschätzung der Mehrheit der Befragten keine konjunkturellen Impulse auslösen. Die Unternehmen kämpfen derzeit nicht primär mit Renditeproblemen, sondern nach wie vor mit einem Einbruch der Nachfrage. Und hier geht es nur langsam wieder aufwärts. Die Logistikdienstleister melden eine weniger schlechte – aber eben noch keine gute – Kapazitätsauslastung. Bei Industrie und Handel weist die Kapazitätsauslastung immerhin wieder leicht in den positiven Bereich.

Die gute Nachricht zum Jahreswechsel 2009/2010: Der Weg aus der Talsohle hat begonnen. Aber: Bis von einem nachhaltigen Aufschwung gesprochen werden kann, dürfte die Wirtschaft noch einen recht mühsamen Prozess vor sich haben. Es stimmt optimistisch, wenn die Europäische Zentralbank, die OECD oder auch die Bundesregierung in diesen Wochen die Erwartungen für das wirtschaftliche Wachstum in Deutschland und im Euroraum gleichermaßen nach oben korrigieren. Doch Wachstumsraten von 1 bis 1,6 Prozent sind nach dem Einbruch des Jahres 2009 kein Grund zum Jubel. Der Logistikindikator passt zu diesem Bild. Für die Logistik ebenso wie für die Gesamtwirtschaft kann festgehalten werden: Die konjunkturelle Situation stabilisiert sich, die Stimmung hellt sich auf. Der ökonomische Rahmen bleibt jedoch eine Herausforderung. Im nächsten Jahr könnte angesichts der weltweit hohen Staatsverschuldung und möglicherweise steigender Zinsen ein erneuter Abschwung bevorstehen. Der Logistik-Indikator im vierten Quartal 2009 spiegelt denn auch realistischen Optimismus wider und ist keineswegs Ausdruck von Euphorie.

Quelle: MyLogistics       
Portal:  www.logistik-express.com

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