Circular Economy: Vom Abfall zur Ressource – wie Kreislaufwirtschaft die Logistik verändert
Ressourcen schonen, Abfall vermeiden und Produkte in den Kreislauf zurückführen – das ist die Idee der Circular Economy. Doch was bedeutet das konkret, gerade für die Logistik? Und wie können Unternehmen profitieren? In unserem Webinar haben Sandra Achternbusch, Executive Director Corporate Sustainability, und Sarah Schimmelpfennig, Executive Director Marketing & Communications, über Chancen, Herausforderungen und Praxisbeispiele.
„Im Kern geht es darum, Ressourcenverbrauch zu reduzieren und Abfall möglichst zu minimieren – idealerweise sogar zu eliminieren“, erklärt Achternbusch. Zwar sei eine vollständige Vermeidung kaum möglich, doch durch langlebige Produkte, Reparaturen und Recycling ließen sich enorme Mengen einsparen. Schimmelpfennig ergänzt: „In der Medizintechnik entstehen beispielsweise jährlich 1,7 Mio. Tonnen Abfall – 90 Prozent davon in vorgelagerten Lieferketten. Auch wir als Logistiker sind hier gefragt.“
Die Chance: Abfall als Rohstoff
In Deutschland schlummern gewaltige Potenziale in ungenutzten Sekundärrohstoffen – vor allem in alten Elektrogeräten, Textilien und Verpackungen. Über 200 Millionen ausrangierte Handys liegen in deutschen Haushalten. Würden diese recycelt, könnten seltene Erden wie Neodym oder Tantal zurückgewonnen und die Abhängigkeit von Rohstoffimporten – etwa aus China – reduziert werden.
Achternbusch betont: „Wir haben große Mengen Material verfügbar – potenzielle Sekundärrohstoffe.“ Deutschland ist rohstoffarm. Wir sollten alles daransetzen, vorhandene Materialien im Kreislauf zu halten.“
Die Hürden: Preisvorteile für Primärrohstoffe und fehlende Infrastruktur
Trotz des Potenzials ist der Weg zur Circular Economy voller Hürden. Primärrohstoffe sind oft günstiger – sie stammen meist aus Ländern mit niedrigen Lohnkosten oder werden staatlich subventioniert.
Diese Realität erschwert es recycelten Materialien, wettbewerbsfähig zu sein – zumal viele Verfahren technisch nicht ausgereift oder wirtschaftlich unrentabel sind. „Unsere Prozesse sind auf Primärrohstoffe ausgerichtet – nicht auf recycelte“, sagt Achternbusch.
Zudem ist die Qualität der Rückgewinnung oft zu gering – sogenanntes Downcycling, erklärt die Nachhaltigkeitsexpertin: „Viele Textilien werden nicht verbrannt, sondern zum Beispiel zu Malervlies verarbeitet – der Lebenszyklus ist dann schnell beendet.“
Positive Signale: Regulatorik und gesellschaftlicher Wandel
Doch der Druck steigt – politisch und gesellschaftlich. Die neue EU-Ökodesign-Verordnung verpflichtet Hersteller, Produkte langlebiger, reparierbarer und recyclingfähig zu gestalten. Auch Verbraucher:innen wünschen sich zunehmend nachhaltige Produkte – aus ökologischer Überzeugung und wachsender Sorge um Preise und Krisen.
„77 Prozent der Europäer:innen würden lieber ein Produkt reparieren lassen als es wegzuwerfen. Was sie oft abhält: die Kosten – oder fehlende Ersatzteile“, sagt Achternbusch.
Geopolitische Krisen und Naturkatastrophen verschärften laut Achternbisch die Lage: „Wir sind extrem importabhängig – Handelskonflikte oder Katastrophen werden oft ausgeklammert, obwohl sie direkte Auswirkungen auf Rohstoffverfügbarkeit haben.“
Ein zentraler Ansatzpunkt ist das Produktdesign. Viele Produkte lassen sich kaum reparieren oder recyceln – etwa durch Verklebungen oder Materialmix.
„Wir müssen beim Design ansetzen. Produkte sollten langlebig und recyclingfähig sein“, erklärt die Nachhaltigkeitsexpertin. Die EU gibt bereits Vorgaben – doch der Wandel braucht Zeit. Langlebigkeit, Modularität und zeitloses Design müssen zur Norm werden.
Aufgrund der zunehmenden Regulatorik und des sich verändernden Bewusstseins der Kunden kann Logistik mit nachhaltigen Prozessen einen echten Mehrwert leisten.
Logistik als Rückgrat der Kreislaufwirtschaft
Die Logistik spielt eine Schlüsselrolle: Ohne funktionierende Rücknahme-, Sortier- und Verteilprozesse bleibt der Kreislauf unterbrochen. Erfolgreiche Pilotprojekte zeigen: Rückfuhrlogistik kann wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll sein. Individuelle logistische Dienstleistungen können Unternehmen bei der Circular Economy effizient unterstützen. Reparatur, Wiederverwendung und Wiederverkauf sparen CO2, reduzieren Abfall und eröffnen neue Geschäftsmodelle.
Daten aus der Praxis belegen das Potenzial: Reparaturen vermeiden bis zu 600.000 Tonnen CO2 jährlich. Mehrwegverpackungen sparen bis zu 80 Prozent CO2. Und bis zu 80 Prozent des Wiederverkaufswertes lassen sich erzielen – ein starker Anreiz für Unternehmen.
Fazit:
Die Circular Economy bietet enormes Potenzial, um Ressourcen zu schonen, Abfall zu minimieren und Unternehmen zukunftsfähig aufzustellen. Gerade in rohstoffarmen Ländern wie Deutschland liegt ein großer Schatz in vorhandenen Materialien, die durch intelligentes Design und gezieltes Recycling im Kreislauf gehalten werden können.
Damit sich Kreislaufwirtschaft durchsetzt, braucht es politische Anreize, innovationsfördernde Regulierung und ein Umdenken in der Produktentwicklung. Die Logistik ist dabei ein zentrales Bindeglied: Nur mit effizienten Rücknahme- und Aufbereitungsprozessen in der Logistik kann der Kreislauf wirklich geschlossen werden. Erste Praxisbeispiele zeigen: Zirkuläre Modelle lohnen sich – für Umwelt und Wirtschaft. Jetzt ist die Zeit zu handeln.