| | |

Drei Chinesen mit dem Kontrabass…

saßen auf der Straß‘ und erzählten sich was, lautet der Text eines alten Kinderliedes. In einer modernen Version müsste der Kontrabass durch einen Geldkoffer ersetzt werden. Und nicht der Polizist kommt und fragt: „Was ist denn das?“, sondern Politiker aller Herren Länder stellen sich in Zweierreihe an und fragen: „Ist das für mich“?

BEITRAG:Peter Baumgartner

China erobert gerade mit seiner Scheckbuchpolitik die Welt, schrieb Karin Kneissl 2017 in ihrem Buch „Wachablöse – Auf dem Weg in eine chinesische Weltordnung“  (VerlagFrank&Frei), nicht wissend, dass sie nur Monate später als neue Außenministerin in die Welt der Eroberer reisen wird. Und tatsächlich, ein Joint Venture hier, eine Kooperation dort, Investitionen in Flughäfen, Häfen, Unternehmen, Brücken und Straßen. Überall in Europa und im Rest der Welt herrscht bereits „Das Reich der Mitte“ über jene globale Infrastruktur, die künftig den Rohstoffbedarf und den Einfluss der neuen Weltmacht absichern wird. Karin Kneissl hat erkannt, dass wir einen klugen Umgang mit China brauchen. Viel zu lange wurde die Rolle Chinas in der Welt verschlafen. Und das, so Kneissl, steht vor dem Hintergrund, dass China nicht nur überall als Investor auftritt, es geht auch um Macht und Einfluss. Chinas Aufstieg nicht wahrhaben zu wollen – wie es in der EU und Österreich oft der Fall sei – schreibt Karin Kneissl, sei eine „gefährliche und dumme Realitätsverweigerung“. Logisch, dass ihr Außenamt schnell daran gegangen ist, eine eigene China-Initiative zu entwickeln.

Wenn es nicht dabeibleiben soll, dass China ganze Ortskerne kopiert und zu Hause originalgetreu aufbaut (2012: Hallstatt in der Stadt Luoyangzhen in der Provinz Guangdong), oder seine eigenen Denkmäler gleich nach Österreich importiert (2017: Buddha am Krippenstein), braucht es gute Ideen, um am asiatischen Tisch sitzen zu dürfen. Und wenn man sich nicht damit abfinden will, nur für die Raststätten und WC-Anlagen entlang der neuen Seidenstraße zuständig zu sein, muss man Wege finden, um Teil der globalen Logistik zu werden. Mit dem Bekenntnis zum bzw. zur Beteiligung am Bahn-Projekt „Neue Seidenstraße“ im Regierungsprogramm hat Österreich einen ersten Schritt getan, der von chinesischer Seite positiv registriert wurde. „First mover“ (Infrastrukturminister NorbertHofer) kann Österreich jedoch nicht mehr werden. Andere Länder und einzelne Unternehmen, wie der Logistikdienstleister Dachser (seit 2006 in China), wissen schon länger, wie es geht.

Vorreiter Schweiz.
Die Schweiz ist zum Beispiel nicht nur der erste kontinentaleuropäische Staat, der einen Freihandelsvertrag mit der Volksrepublik China abgeschlossen hat (2014). Aktuell wird gerade über eine Ausweitung des Freihandels nachgedacht und schon seit 1991 gibt es einen jährlichen Menschenrechtsdialog und zahlreiche andere Abkommen. Die ersten offiziellen Kontakte zwischen den beiden Ländern kamen 1906 zustande. In einem Freundschaftsvertrag wurden schon 1918 die Beziehungen zwischen der Schweiz und der Republik China festgehalten. 2015 feierten die beiden Länder 65 Jahre bilaterale Beziehungen und mit 31 Mrd. CHF Handelsvolumen (2015) ist China für die Schweiz der wichtigste Handelspartner in Asien (Österreich 12,5 Mrd.). Gleichzeitig achten die Eidgenossen peinlich genau darauf, sich nicht an ausländische Investoren auszuliefern.

Österreichs Regierungsspitze auf Mission.
Anfang April sind nun endlich der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Sebastian Kurz auf die längst fällige Reise nach China aufgebrochen. Im Gefolge die halbe Bundesregierung (mit dabei: Karin Kneissl, Elisabeth Köstinger,Margarete Schramböck, Norbert Hofer), sowie eine 250 Personen umfassenden Delegation aus Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Rund 170 Unternehmer wurden vom Präsidenten derWirtschaftskammer Österreich, Christoph Leitl, angeführt, der damit seinen großen Abschied aus der Kammer inszenieren und vielleicht eine kleine Verbesserung in der schlechten Handelsbilanz einfahren konnte. Aber die Österreicher waren eben nicht die Ersten und auch nicht die Letzten, die China ihre Aufwartung machen. Man gibt sich praktisch die Türklinke am Eingang zum großen Vorbild in die Hand. Die österreichische Delegation trat sogar gleichzeitig mit der ebenso großen holländischen Delegation auf, weil das diplomatische Geschick der Chinesen problemlos auch mit mehreren Staatsempfängen gleichzeitig umzugehen gelernt hat. Österreich ist bemüht, mit einer Kirschblütenpolitik vermeintliche oder tatsächliche Fehler der EU zu stoppen und von China zu lernen. Leitl, bekannt für seine markigen Diagnosen, kritisiert im Verlauf der Reise, dass Europa in Abhängigkeit von den Amerikanern verharrt und sich vor den Afrikanern fürchtet. Gleichzeitig überwirft sich die EU mit Russland. „Wir machen so ziemlich alles falsch, was es zum falsch machen gibt, verschlafen unsere Zukunft“ (in der ZIB 2 vom 10.4.2018). Anfreunden kann sich Leitl sogar mit dem chinesischen Demokratieverständnis, wenn es zum Beispiel um raschere politische Entscheidungen und weniger Bürokratie als in Österreich geht. Eine Kranzniederlegung beim Denkmal für die Helden des Volkes am Tian’anmen-Platz im Verlauf der Reise, muss als Attribut an die Menschenrechte reichen – wobei nicht ganz klar ist, an welche Helden die österreichische Delegation dabei gedacht hat. Mehr Zeit hatte man für die niedlichen, noch lebenden Pandasin einem Zoo übrig.

„Es wird uns gelingen, mit der Bahn Güter innerhalb von zehn Tagen von China nach Österreich zu bringen“, verkündet Verkehrsminister Hofer aus China, wo medienwirksam ein Containerzug auf die Reise nach Wien geschickt wurde.  Ausschlaggebend wird jedoch sein, ob Rail Cargo Group (RCG) die neue Seidenstraße für Transporte in beide Richtungen, oder nur als Einbahnstraße für billige Waren von China nach Europa nutzen wird können.  Und ob, wie Van der Bellen meinte, „das ist auch ein Beitrag zum Kampf gegen den Klimawandel“ wird, hängt letztlich davon ab, welche Waren diesen Weg finden. Denn Zementsäcke mit einem „Mercedes“ zu transportieren, sollte wohl nicht das Ziel sein.  China hat mit der Seidenstraße-Initiative „One Belt-One Road“ 2013 jedenfalls Fakten geschaffen, die an die historischen Handelsverbindungen anknüpfen könnte und Österreich ist im Spiel.

Ein anderes, auch noch weitgehend ignoriertes Beispiel von ebenso tiefgreifender Bedeutung in der Logistikwelt, könnte die gemeinsame Initiative von China und Serbien am Balkan werden. Wenn es wie geplant gelingt, die Donau über einen Kanal mit der Ägäis zu verbinden (Donau-Morava-Vardar/Axios-Ägäis). Die Verhandlungen wurden jedenfalls 2013 aufgenommen und sind Teil umfangreicher Infrastrukturinvestitionen Chinas in Serbien. Die Entspannung im Namensstreit zwischen Griechenland und Mazedonien erleichtert die Planungen im Interesse eines Logistikprojektes von europäischer Bedeutung.  (PB)

Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 2/2018

Ähnliche Beiträge