Druckereien flüchten aus Kollektivvertrag

Die Druckbranche befindet sich in der Krise. Minus drei Prozent Umsatz in den ersten drei Quartalen 2011 – das macht so manchen Firmenchef erfinderisch. Immer mehr Druckereien umgehen die strengen Auflagen ihres Branchenkollektivvertrags und lagern zwecks Einsparung von Lohnkosten ihre Mitarbeiter in kollektivvertraglich günstigere Branchen aus. Oder sie verlegen ihre Produktion gleich ins benachbarte Ausland, wo die Lohnkosten geringer sind. Die Folge: eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, die sowohl Arbeitnehmern als auch Arbeitgebern schadet. Der Verband Druck & Medientechnik lädt die Gewerkschaft GPA-djp ein, gemeinsam nach Lösungen zu suchen, um diese negative Entwicklung zu stoppen.

Wer in einer österreichischen Druckerei arbeitet, für den gilt der Kollektivvertrag für das grafische Gewerbe. Das bedeutet beispielsweise: Die Normalarbeitszeit beträgt 37 Stunden pro Woche statt 40 Stunden, die Verschiebung einer geplanten Pause wird extra bezahlt, Nachtzuschläge gibt es für die Arbeit zwischen 18.00 Uhr und 6.00 Uhr in der Früh statt von 22.00 bis 5.00 Uhr. Außerdem gibt es zahlreiche Zulagen wie etwa einen Aufschlag von 100 Prozent für die Arbeit an automatisierten Druckmaschinen, wenn mehrere Farben verwendet werden, oder Schmutzzulagen für Tätigkeiten, die heute nicht mehr schmutzig machen. Der Verband Druck & Medientechnik steht zur Erhaltung  des Kollektivvertrages. Aber: „Was als Schutz für die Arbeitnehmer gedacht war, entwickelt sich gerade zum Gegenteil“, so Ing. Rudolf A. Cuturi, Präsident des Branchenverbandes, „die Druckvorstufe wird auf einmal in den wesentlich billigeren Kollektivvertrag für Werbung und Marktkommunikation ausgelagert, Etiketten- und Verpackungsdruckereien flüchten in die papierverarbeitende Industrie. Im Falle von Kampfmaßnahmen seitens der Gewerkschaft GPA-djp drohen Zeitungsdrucker ebenfalls mit der Kündigung der Mitgliedschaft beim Verband Druck & Medientechnik. Bald werden nur mehr eine Handvoll Drucker tatsächlich im grafischen Kollektivvertrag angemeldet sein. Oder der Produktionsstandort wird ganz ins Ausland ausgelagert, in Österreich befindet sich nur noch das Verkaufsbüro.“

Zwei-Klassen-Gesellschaft statt Schutz für Arbeitnehmer

Für eine Druckerei hat die Flucht aus dem Kollektivvertrag betriebswirtschaftlich gesehen zunächst Vorteile. Sie spart Lohnkosten und kann durch ihre geringeren Produktionskosten ihren Mitbewerb unter Druck setzen. Doch macht sie dies auf Kosten der eigenen Mitarbeiter, auf Kosten des Betriebsfriedens und nicht zuletzt auf Kosten jener Betriebe, die den grafischen Kollektivvertrag anwenden. „Alleine in den letzten drei Jahren hat die Druckbranche 35 % der Dienstnehmer und 20 % der Betriebe verloren – auf Grund von Insolvenzen, Einsparungen und Umschichtung der Mitarbeiter in andere Branchen“, sagt Cuturi.  

Einladung an Gewerkschaft: Gemeinsam für einen starken Kollektivvertrag

„Es kann doch nicht sein, dass zwei Mitarbeiter in ein und demselben Betrieb unterschiedlich lange arbeiten müssen oder unterschiedliche Grundlagen für ihre Gehaltsermittlung haben. Wir können die Augen nicht vor diesen Tatsachen verschließen, sondern müssen aktiv werden“, gibt sich der Präsident des Verbandes Druck & Medientechnik kämpferisch. Der Verband möchte den Kollektivvertrag entrümpeln und für beide Seiten – Arbeitgeber und Arbeitnehmer – attraktiv machen. „Das können wir natürlich nur gemeinsam mit der Gewerkschaft GPA-djp“, sagt Cuturi und hofft auf die nächsten Kollektivvertragsverhandlungen am 11. Jänner 2012, denn: „Bisher waren die Gespräche mit der Gewerkschaft zwar konstruktiv, aber leider erfolglos.“ Dabei ist für den Verband Druck & Medientechnik schon längst Alarmstufe rot, so Cuturi, der an die Gewerkschaft appelliert: „Verbessern wir den Kollektivvertrag gemeinsam.“

Quelle: Verband Druck & Medientechnik

Ähnliche Beiträge

Schreibe einen Kommentar