Einheitliche Maschinensprache für Nahrungsmittelhersteller

Eine gemeinsame Sprache für Maschinen unterschiedlichster Hersteller zu entwickeln und sie über eine einheitliche physikalische und inhaltliche Schnittstelle miteinander kommunizieren zu lassen – dieses Ziel setzte sich die vom VDMA initiierte Projektgruppe WS-FOOD, unter ihren Mitgliedern auch Bizerba. Das Ergebnis war der WS-FOOD-Standard, der im Jahr 2010 das Licht der Welt erblickte. Ein Jahr später trafen sich die Mitglieder zu einem Expertengespräch und zogen ein erstes Zwischenfazit.

Der Ansatz folgt dem Plug-and-Play Prinzip: man schließt die Maschine an und prompt liefert sie die benötigten Daten. WS-FOOD ist dabei unterteilt in Spezifikationen, die physikalische Schnittstelle definiert Netzwerk (Ethernet TCP/IP), Protokoll und Art der Daten, die die Maschine bereitstellt. Die inhaltliche Schnittstelle hingegen spezifiziert die Dateninhalte. Indem das übergeordnete BDE-System mindestens ein Mal pro Sekunde die Gerätedaten abruft, entsteht eine aussagekräftige Datenbasis.

Um die Daten für Entscheidungen nutzen zu können, empfiehlt das WS-FOOD Team, in die Software eines BDE-Systems einige Grundauswertefunktionen zu integrieren: eine Prozessvisualisierung, die Chargen- und Artikelverfolgung, eine Schwachstellenanalyse und eine Anlagen- und Maschinenbewertung nach vergleichbaren Kennzahlen. Ebenso Online-Darstellungen von Balkendiagrammen und Trend-Charts.

Dieses Prinzip ist für Nahrungsmittelhersteller besonders profitabel, da sie fortlaufend neue Technologien in modulare Systemlösungen einbinden. Die rasante Geschwindigkeit, mit der neue Technologien an ein Unternehmen herangetragen werden, spürt auch Holger Pier, Prokurist und technischer Leiter bei der Westfleisch eG aus Münster, einem der größten Fleischproduzenten in Europa. Man müsse Daten sammeln und über die Maschinen transferieren – quasi vom Landwirt aus dem Stall heraus bis in die Verpackung hinein. „Um das zu schaffen, müssen wir fortlaufend neue Technologiekomponenten verschiedener Hersteller einbinden, die unser Gesamtsystem flexibler und offener machen. Da wir oftmals Probleme mit undeutlichen Schnittstellen haben, kommt uns der WS-FOOD Standard sehr entgegen“, sagt Pier.

Das bestätigt auch Carsten Bernhardt von Wolf Management, einem traditionellen Wursthersteller: „Ziel von WS-FOOD ist es, jede Maschine, egal woher sie stammt, schnell anbinden zu können. Bislang ist es oft der Fall, dass neue Maschinen zwei Monate lang `rumstehen´, bevor sie mit viel Aufwand schließlich vernetzt werden und in der Produktion zum Einsatz kommen“.

Der WS-FOOD Standard definiert nicht nur die physikalische Schnittstelle, sondern auch die inhaltliche. „Sinnvoll wäre es jetzt, nach der formalen Basis für die einheitliche Datenstruktur auch eine einheitliche Informationsstruktur zu schaffen, sagt Dieter Conzelmann, Director Industry Solutions bei Bizerba. „In den Bizerba Geräten existieren für jeden Artikel rund 200 Artikelfelder. Jetzt stellt sich die Frage, welche Informationen zum Standard werden, und welche variabel sind“.

Zwar erheben die meisten Unternehmen bestimmte Daten, die für andere Unternehmen uninteressant sind, doch seien rund 80 Prozent des geforderten Informationsmaterials deckungsgleich, zeigt sich Thomas Lantermann von Mitsubishi Electric überzeugt: „Wir haben jetzt eine 80 Prozent Lösung, die flexibel ist. Wir haben einen Datenstrang definiert, aber dieser Strang ist erweiterbar. Es wird immer so sein, dass ein Unternehmen andere Variablen benötigt. Aber das ganze muss schematisch sauber ablaufen und reproduzierbar sein“.

Eine Aufgabe für die Zukunft werde es seien, so die Experten, die mit WS Food bereits jetzt verfügbare Liste mit Variablen zu vervollständigen –  um die Erfahrungswerte von Anwendern. Und es wird darum gehen, Schnittmengen zu finden, um die Implementierungskosten auch weiter senken zu können. „Bizerba befragt derzeit Kunden, um Tendenzen zu entdecken. Wir brauchen jetzt das Feedback, der Kreis muss geschlossen werden“, sagt Conzelmann.

Das bestätigt auch Thomas Voigt von der Technischen Universität München, der schon an der Entwicklung des Weihenstephaner Standards für die Betriebsdatenerfassung bei Getränkeabfüll- und Verpackungsanlagen (WS 2005) beteiligt war : „Damit sich der WS-FOOD als Standard durchsetzen kann, braucht das Projekt weitere Endkunden, die es einfordern. Das erst treibt die profitable Entwicklung voran“. Der Standard ist auf einem guten Weg und muss noch nachreifen, so das Fazit der Experten.

Quelle: Bizerba

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