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Freie Fahrt für den Riesenlaster

400 Gigaliner dürfen ab dem nächsten Frühjahr in Deutschland auf die Straße, zunächst für fünf Jahre. So lange will die Regierung die 25-Meter-LKW testen. Was da wohl auf uns zu rollt?

Wenn Peter Ramsauer eine Sache angeht, dann kann man ihm mangelndes Engagement nicht unterstellen. Statt von „Laptops“ zu sprechen, wies er seine Mitarbeiter im Bundesverkehrsministerium vor einiger Zeit an, nur noch das deutsche Wort „Klapprechner“ zu verwenden. Aus „Flipcharts“ wurden „Tafelschreibblöcke“ und „Gigaliner“ bezeichnen die Staatsbeamten auf Anweisung des Verkehrsministers fortan nur noch als „Lang-LKW“. 

 

Ähnlich beherzt sind übrigens auch die verkehrspolitischen Ansagen des Ministers: Ramsauer gibt sich als Freund von Bahn und Binnenschiff. Er bemängelt, dass der Verkehrsfluss blockiert wird, da an Autobahnbaustellen nicht zügig gearbeitet wird, und er schmiedet in jüngster Zeit auch Pläne, wie sich die Zahl der tödlichen Unfälle auf den Straßen eindämmen lässt. Als sich der deutsche Verkehrsminister Peter Ramsauer in den ersten Novembertagen dieses Jahres jedoch dafür einsetzte, dass der im Lande heftig debattierte Feldversuch mit Gigalinern durch das deutsche Regierungskabinett gewunken wurde, da gelang es ihm, sein verkehrspolitisches Engagement ad absurdum zu führen. Kritiker warnen nämlich eindringlich vor den Risiken, die mit der Zulassung überlanger LKW einhergehen. Sie prophezeien, dass die Riesenlaster Staus provozieren werden, weil es eben länger dauert, bis sie von anderen LKW überholt werden. Und mit dem Hinweis, dass auf die deutschen Verkehrsteilnehmer beim Überholen der 25,25 Meter langen Nutzfahrzeuge auf Autobahnen und Bundesstraßen ernsthafte Gefahren zurollen werden, werfen sie sogar ein noch ein gewichtigeres Gegenargument in den Ring.

Den deutschen Verkehrsminister scheinen solche Sicherheitsbedenken aber nicht zu stören. Ramsauer verweist viel lieber auf die wirtschaftlichen und ökologischen Effekte, die der Feldversuch mit sich bringt: Dank des größeren Ladevolumens könnten zwei längere LKW drei gewöhnliche Modelle ersetzen, argumentiert der von Lobbyisten aus der Automobilbranche getriebene Minister. Dies würde nicht nur zu einem 20 Prozent geringeren Spritverbrauch führen, sondern auch den CO2-Ausstoß weiter vermindern. Infrastrukturexperten schlagen dagegen Alarm, sehen einen gewaltigen Kostenblock auf die deutschen Steuerzahler zukommen, bis Brücken, LKW-Parkplätze, Kreisverkehre oder auch die Zufahrten zu Fabriken und Logistikzentren Gigaliner tauglich gemacht werden. Fragwürdig ist sicherlich auch das politische Signal: Verkehrsexperten rechnen damit, dass die sinkende Nachfrage nach Bahngüterverkehren gleichzeitig auch deren Ausdünnung zur Folge haben wird.  

 

Noch vollere Straßen zu Lasten des Schienengüterverkehrs? Bei Österreichs Verkehrsministerin Doris Bures bleibt es deshalb weiterhin bei einem klaren Nein zu den überlangen Lastern. Ob sie sich auf Dauer jedoch gegen den Druck der EU-Lobbyisten durchsetzen kann? Abwarten…  (WAL)

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