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Gleiche Arbeit, gleicher Lohn

Waren Logistiker vor einigen Jahren ausschließlich für Transport, Umschlag und Lagerung zuständig, erweitern sich deren Kompetenzen seit einigen Jahren mehr und mehr auch um zentrale Aufgabenbereiche innerhalb der Produktion. Befördert dies die Attraktivität der Logistikbranche im Wettbewerb der Unternehmen um qualifiziertes Fachpersonal? Oder steigt dadurch eher die Gefahr, dass die Branche in der öffentlichen Wahrnehmung zur „Niedriglohn-Werkbank“ diverser Industriezweige verkommt? Prof. Dr.-Ing. Thomas Wimmer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Bundesvereinigung Logistik (BVL), bezieht im Logistik-express-Interview dazu Stellung.  Redaktion: Karin Walter

Herr Prof. Wimmer, laut einer aktuellen Studie der BVL zum Thema „Arbeitsmarkt Logistik“ ist die Zahl der Unternehmen, die Neueinstellungen planen, groß. Jedoch geben mehr als 50 Prozent der befragten Unternehmen an, Schwierigkeiten bei der Besetzung offener Stellen zu haben. Sind die Verdienstmöglichkeiten für Logistiker denn unattraktiver als in anderen Branchen?
 
Mit rund 222 Millionen Euro Umsatz und 2,8 Millionen Beschäftigten ist die Logistik der drittgrößte Wirtschaftsbereich in Deutschland – hinter Automobilindustrie und Handel und noch vor dem Maschinenbau. Verglichen mit diesen etablierten Schwergewichten der deutschen Wirtschaft ist der gerade mal rund 30 Jahre alte Wirtschaftsbereich Logistik ein Newcomer, der in mancher Hinsicht Spitzenleistungen erbringt, punktuell jedoch Entwicklungsbedarf hat – leider in einigen Fällen auch bei den Einkommen. 
 
Halten Sie den guten Ruf der Logistikbranche durch den anhaltenden Trend zum Niedriglohn-Outsourcing für gefährdet?
 
Niedriglohn und Outsourcing passen nicht zusammen. Für Kontraktlogistik werden spezialisierte Arbeitskräfte gebraucht, die zu einer deutlich erhöhten Effizienz logistischer Prozesse in Industrie und Handel beitragen. Im Zusammenspiel zwischen den Auftraggebern und den Kontraktlogistikern werden vielfach neue Lösungen für logistische Aufgaben entwickelt. Auch können Synergieeffekte erschlossen werden, wenn ähnliche Tätigkeiten für mehrere Kunden zusammengefasst werden. Neue Lösungen kommen allen Beteiligten zugute, denn damit wird der Aufwand für Leistungserstellungen gesenkt.
 
Die deutsche Industriegewerkschaft Metall hat vor nicht allzu langer Zeit angekündigt, niedrige Löhne bei industrienahen Mehrwertleistungen nicht mehr hinzunehmen. Unterstützen Sie den Vorstoß der Industriegewerkschaft für einen flächendeckenden Tarifvertrag mit der Logistikbranche? 
 
Ja und nein. Generell gilt, dass Kolleginnen und Kollegen, die im Unternehmen die gleichen Arbeiten verrichten, auch den gleichen Lohn erhalten sollten. Aber die Grenzen zwischen Produktion und Service sind fließend und die Systeme von Wertschöpfung und Dienstleistung sind unterschiedlich. Durch welchen Tarifvertrag welcher Teil der Arbeit geregelt wird, sollte ausschließlich zwischen den Tarifpartnern geregelt werden. 
 
Welche Maßnahmen helfen aus Ihrer Sicht, um insbesondere den Nachwuchs für einen Berufsweg in der Logistik zu begeistern?  
 
Die Logistiker müssen verstärkt über sich und ihre Arbeit reden. Sie müssen an ihrem Auftritt in der Öffentlichkeit arbeiten – und ihre professionellen Leistungen mitsamt den Berufs- und Karrierewegen verständlich darstellen. Die Bedeutung eines guten Unternehmens- und Branchenimages als Wettbewerbsfaktor wird von Jahr zu Jahr klarer – und viele Logistiker arbeiten bereits vorbildlich daran. 
 
Herzlichen Dank für das Gespräch!  (WAL)

Quelle: Logistik express Print- und E-Paper Ausgabe 2-2012 
 
 

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