Im Schatten der Großen

Auf der russischen Transport-Messe EXPO 1520 in der Nähe von Moskau konnte Sie-mens-Chef Peter Löscher Anfang September einen zwei Milliarden Euro schweren Auftrag der russischen Eisenbahnen RZD vermelden. Doch nicht nur die Big Player sind auf dem lukrativen russischen Markt tätig: Vor allem im Zuliefererbereich mi-schen auch deutsche Mittelständler mit. Und das mit großen Ambitionen. 
 
Der russische Transportmarkt ist besonders im Bereich der Eisenbahn attraktiv wie kaum ein ande-rer. Die russischen Eisenbahnen RZD sind das zweitgrößte Eisenbahnunternehmen der Welt und wollen ihre Infrastruktur wie Gleise und Fahrzeuge modernisieren. Sogar eine mehrere Tausend Kilometer lange eigene Linie in russischer Spurweite bis nach Wien ist geplant. Mit einem Umsatz von über 30 Milliarden Euro im Jahr ist die Kriegskasse für solche ambitionierten Projekte gefüllt. Branchenkenner vermuten, dass dies nur der Anfang einer größeren Expansion des russischen Eisenbahnriesen nach Westeuropa ist.
 
Für deutsche Anbieter, die technologisches Know-how bieten und dabei in der Lage sind, die erfor-derlichen hohen Stückzahlen zu fertigen, ist der gesamte GUS-Raum ein Erfolg versprechendes Pflaster. Unlängst verkündete Siemens-Chef Peter Löscher einen zwei Milliarden Euro schweren Deal, bei dem Siemens sich zur Lieferung von 1.200 Waggons  für den Regionalzug Desiro RUS verpflichtet. Die entsprechenden Verträge wurden am 7. September von Wladimir Jakunin, Präsi-dent der Russischen Bahn, Dmitri Pumpjanski, Präsident der Sinara Group, und Peter Löscher am Rande der Internationalen Bahnmesse EXPO 1520 in Schtscherbinka nahe Moskau unterschrieben. Ein Unternehmen mit Prestige: Die so genannten Lastotschka-Züge werden bei den Olympischen Winterspielen 2014 im russischen Sotschi Sportfans und Athleten. Ab 2013 sollen diese in einem Werk in der russischen Stadt Jekaterinburg gefertigt werden. 

So wie Siemens sucht aber auch der Mittelstand auf der Messe die Nähe zu den russischen Eisen-bahnen RZD: Die Grammer AG, Europas Marktführer bei der Fertigung von Sitzen für Pkw, Lkw, Arbeitsmaschinen, Busse und Bahnen stellte sein großes Angebot an maßgeschneiderten Lösun-gen auf der Messe vor. Dabei reicht das Angebot von ergomisch und ergomechanisch geformten Premium-Sitzen für die Business- oder First-Class bis hin zu stabilen Lösungen für den täglichen Pendelverkehr im Vorort-Zug. Für beide Produktlinien gibt es einen großen Markt in Russland, wie auch Daniel Heinemann, Leiter International Sales, verdeutlicht: „Wir sind hergekommen, um neue Kontakte zu knüpfen und neue Partnerschaften einzugehen. Produktkooperationen mit russischen Herstellern stehen dabei für uns Mittelpunkt.“ 
 
Die Firma KEMPER ist dabei schon ein alter Hase auf dem russischen Markt. „Wir sind bereits seit einigen Jahren vor Ort aktiv. Nun wollen wir besonders in unserem Geschäftsbereich Schweißen und Schneiden deutliche Marktanteile dazu gewinnen“, sagt Björn Kemper, Geschäftsführer der KEMPER GmbH, über die bevorstehende Intensivierung des Engagements in Russland. Diese reiht sich ein in eine feste Partnerschaft mit Kunden vor Ort. Seit einiger Zeit beschäftigt KEMPER, Welt-marktführer bei Filter- und Absauganlagen in der Metallverarbeitung, einen russischen Mutter-sprachler als Vertriebsmitarbeiter. Diese Engagement zahlt sich aus: Erst kürzlich konnte Ge-schäftsführer Kemper auf Erfolg wie die Lieferung von 110 Systemen vom Typ Filtermaster XL und 33 Absaug- und Filteranlagen vom System 8000 an den russischen Waggonbauer Promtractor CJSC mit Sitz in Kanash (Chuvash Republic) verweisen. „Durch die erfolgreiche Abwicklung solcher Aufträge wollen wir für russische Kunden noch interessanter werden. Unser Ziel ist die Marktführer-schaft in Russland im Bereich Absaugsysteme“, skizziert Kemper die Wachstumsstrategie seines Unternehmens. 
 
Mit robusten, solarbetriebenen Produkten will die AEG Gesellschaft für modernen Informationssys-teme mbH (AEG MIS) in Russland punkten: „Das Ziel ist, unsere Produkte nicht nur im Bereich Flugverkehr vorzustellen, wo wir bereits auf den Moskauer Flughäfen präsent sind, sondern auch im Bahn-Bereich, den wir als den kommenden Markt in Russland sehen“, sagt Thomas Rohn, Leiter der Niederlassung Dresden. Der Hersteller der von vielen deutschen Bahnhöfen bekannten LCD-Anzeigen, hat klare Ziele vor Augen. Im Rahmen der Modernisierungsmaßnahmen der russischen Bahn bis 2015 sollen 377 der Bahnhöfe mit neuen Anzeigen ausgestattet sein. Da nicht viele Tech-nologien den besonderen klimatischen Verhältnissen gewachsen sind, rechnet sich AEG MIS dabei realistische Chancen auf viele Aufträge aus. Die Anlagen halten Temperaturen von plus 80 Grad bis minus 50 Grad aus. Dabei ist das Unternehmen nach eigenen Angaben der einzige Hersteller, der komplette LCD-Segmente ausschließlich in Europa fertigt. Der seit einigen Jahren vom ehemaligen Mutterkonzern AEG eigenständige Mittelständler kennt die technischen, aber auch gesellschäftlichen Herausforderungen des Marktes und vertraut auf die Expertise vor Ort: „Wir agieren bisher vor allem über Partner, sind aber auch bestrebt, eigene Filialen zu eröffnen. Das Hauptproblem sind jedoch unterschiedliche Herangehensweisen. In Russland ist oft der Weg das Ziel“, so Rohn. Sehe man sich jedoch die wunderschönen Bahnhöfe an, seien viele Probleme wieder vergessen.

Quelle: GRAMMER AG

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