Integrierte Supply Chains: Wie macht sich Integration in der Wertschöpfungskette bezahlt?

Giftiges Spielzeug im Regal – kann eine bessere Integration der globalen Supply Chains das verhindern?

Dieser und anderen zentralen Fragen globaler Versorgungsnetzwerke geht eine neue Studie des Supply Chain Management Institute (SMI) der EBS Business School zusammen mit der Bundesvereinigung Logistik (BVL), der Wissensinitiative Wissensinitiative Logistik RheinMain und dem House of Logistics & Mobility (HOLM) nach, deren Ergebnisse jetzt vorliegen.

Acht Dimensionen
Im Rahmen der Untersuchung befragten die Forscher 124 Entscheidungsträger aus Logistik und Supply Chain Management in Industrie und Handel in Deutschland. Analysiert wurden acht Dimensionen der Integration: unternehmensinterne Integration, Kunden-, Lieferanten und Planungsintegration sowie die Integration beim Controlling, beim Beziehungs-, Risiko und Wissensmanagement. Die Analyse der einzelnen Dimensionen ergab teilweise beunruhigende Einblicke in die tatsächliche Funktionsweise der Netzwerke, die unsere Welt versorgen. So zeigte sich bei der unternehmensinternen Integration, also bei der grundlegenden Voraussetzung für die weiteren Dimensionen der Integration, dass Wollen (Einstellung), Können (Strukturen) und Machen (Anwendung) häufig eklatant auseinander klaffen. Die befragten Manager befürworten (Wollen) zwar zum Beispiel die Einführung als vorbildlich eingestufter Vorgehensweisen in allen Funktionen des Unternehmens – doch die Umsetzung dieser Best Practices in allen Abteilungen wird nach eigenem Bekunden zu wenig konsequent vorangetrieben (Machen).

Diese Disparität erklärt Spielzeug- und andere Skandale: Das hat keiner so gewollt, doch erst wenn die Auftragsabwicklung in allen Abteilungen eines Unternehmens nach Best Practice-Vorgehensweisen gemacht wird, kann
das künftig auch verhindert werden.

Kundenintegration
Theoretisch dürfte nie etwas in Supermarktregalen landen, das der Kunde nicht möchte. Denn der Kunde bezahlt die Gehälter! Deshalb wollen alle befragten Unternehmen ihre Supply Chain so ausrichten, dass der Kunde König ist. Allerdings weicht das Machen vom Wollen ab. Die Ausrichtung der Supply Chain auf komplette Kundensegmente ist zum Beispiel weiter fortgeschritten als die Abstimmung mit einzelnen Schlüsselkunden. Deren Anforderungen werden nicht systematisch, standardisiert und proaktiv erfasst. Auch das erklärt die häufigen Erschütterungen der Supply Chain: Unternehmen werden häufig von Kundenwünschen "überrascht" und überreagieren dann. Dies konstituiert eine Paradoxie der Intention: Das Machen übertrifft bei diesen kostspieligen und hektischen Rettungsaktionen bei weitem das Wollen.

Lieferantenintegration
Die Studie erklärt auch verblüffend einfach, warum Lieferanten Dinge liefern, die Supermarktregale erschüttern: Beim Geld hört die Freundschaft in der Supply Chain auf. Die Prozesse zwischen Hersteller und Lieferanten sind heute teilweises perfekt integriert – nicht aber die Finanzen. Die letzte Weltwirtschaftskrise zeigte, wohin das führt: Die Lieferkette bricht zusammen, weil der Lieferant finanziell zu schwach ist, weil er zu lange vom Hersteller als Cash Cow benutzt wurde.

Lohnt sich das?
Trotz des ad nauseam wiederholten Credos, dass wir im Zeitalter der Globalisierung leben, unterschätzen Management, Medien und Politik immer noch den Einfluss der Supply Chain auf den Erfolg eines Unternehmens. Das war mit der Grund, weshalb BVL, HOLM, Logistik RheinMain und SMI die vorgelegte Studie starteten. Doch die ermittelte Stärke des Zusammenhangs zwischen Supply-Chain-Erfolg und Unternehmenserfolg überraschte selbst die Forscher: Unabhängig von äußeren Bedingungen wie zum Beispiel stabiles oder dynamisches Marktumfeld konnten die SMI-Wissenschaftler rund die Hälfte (46 Prozent) der Schwankungen im Unternehmenserfolg auf Schwankungen im Erfolg der Lieferkette zurückführen. Und das ist nur logisch: Eine hohe Flexibilität seiner Supply Chain führt zu erhöhter Anpassungsfähigkeit eines Unternehmen an Nachfrageschwankungen und sich verändernde Kundenbedürfnisse und in Summe zur besseren Nutzung von Marktchancen. Dies wiederum führt in Verbindung mit hoher Präzision in der Lieferkette zu höherer Kundenzufriedenheit, mehr Neukunden, längerer Kundenbindung – und im Endeffekt zu Wachstum von Umsatz und Marktanteil. Das heißt: Integration lohnt sich – wenn auch nicht jede.

Klug integriert
Die Studie zeigt: Hoch intern integrierte Unternehmen sind erfolgreicher als ihre weniger integrierten Wettbewerber. Interne Integration ist Voraussetzung für externe Integration. Sehr erfolgreiche Unternehmen weisen unabhängig von den äußeren Bedingungen stets die höchsten Integrationsgrade auf. Doch nicht jede Integration ist gut für den Erfolg: Bei den besonders erfolgreichen Unternehmen fällt auf, dass sie jeweils auf jene Facette der Integration fokussieren, die im jeweiligen Marktumfeld die höchste Erfolgswirkung entfaltet.

Also zum Beispiel die Lieferantenintegration in stabilen oder die Kundenintegration in dynamischen Märkten. Diese Art der asymmetrischen Integration bietet in Zeiten der Globalisierung die höchsten Erfolgschancen – und verhindert jene Erschütterungen der Supply Chain, die gerne und medial wirksam als Nachteile der Globalisierung diskutiert werden.

Quelle: MyLogistics
Portal:  www.logistik-express.com

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