Kreativ und cool – Jobs in der Werbung sind gefragt


Wer zum Gipfel will, muss Gegenwind verkraften 

Die Leiden der jungen Werber Kaum ein Job ist so heiss begehrt, wie der in einer Werbeagentur. Drei junge Werber berichten, welche Mühen sie auf sich nahmen, um das Eintrittsticket in die Branche zu erlangen.

Helena Giokas ist jung, frech und talentiert. Und sie ist mit Glück gesegnet. Gerade erst die Werbeakademie am Wiener Wifi absolviert, wurde sie frisch vom Fleck weg von der internationalen Agentur BBDO engagiert. Nach zweieinhalb Jahren dort kam bereits der nächste Karrieresprung: Die Werbeagentur Jung von Matt an der Donau rief an, warb Giokas ab und machte die 27-Jährige zur Senior Texterin.

So viel Erfolg haben allerdings nicht alle, die in die Werbung drängen. Von den tausenden jungen Leuten, die Werbung cool und einen Job in einer Werbeagentur so erstrebenswert finden, landen die wenigsten tatsächlich in ihrem Traumberuf. „Es gibt zwar schon so viele Werbeagenturen wie Tankstellen in Österreich. Und an Werbebetrieben insgesamt gibt es mit fast 15.000 aktiven Betrieben mehr als Lebensmittelgeschäfte in ganz Österreich. Doch die überwiegende Mehrheit sind Ein-Mann-Betriebe“, begründet dies Walter Ruttinger, Obmann des Fachverbands Werbung und Marktkommunikation in der Wirtschaftskammer Österreich.

Dazu sind von den rund 35.000 Mitarbeitern der Branche die wenigsten in Werbeagenturen beschäftigt. „Selbst die grossen Agenturen haben kaum mehr als ein- bis zweihundert Leute. Das grösste Mitglied unseres Fachverbands ist vielmehr die Post mit mehr als 1000 Mitarbeitern in der Werbemittelverteilung“, sagt Ruttinger. Dahinter kommen andere Werbemittelverteiler wie Redmail, dann Aussenwerber wie Gewista, grosse Marktforscher wie Gallup oder Fessel-GfK und erst danach die Agenturen.

Offen für Mini-Aufträge
Wer trotz allem in der Werbung unterkommen will, den sollte diese Enge des Marktes aber nicht abschrecken. Giokas rät den fest Überzeugten zu folgenden Tricks: „Man darf ganz einfach nicht locker lassen und muss schauen, auch bei kleineren Projekten so viel Erfahrung wie möglich zu sammeln.“ Auch wenn man dafür meist kaum etwas bezahlt bekomme.

Zum Beispiel hat sie während ihrer Ausbildung in der Werbeakademie Folder für Friseure aus der Steiermark und für einen Fleischer aus Linz gemacht. „Das klingt vielleicht unsexy, aber man lernt wahnsinnig viel und hat ausserdem wesentlich mehr Freiheit als bei grösseren Kunden“, sagt Giokas.

Frechheit siegt
Ähnlich hält es der junge Werber Clemens Kreitner für unheimlich wichtig, jede Gelegenheit beim Schopf zu packen: „In der Ausbildung hat man ja häufig Vortragende aus der Branche. Mehr als Nein sagen können die nicht, wenn man sie einfach um einen Job oder ein Praktikum fragt“, sagt er. Und da, wer frech anfragt, als engagiert gilt, laute die Antwort dann gar nicht so oft Nein.

Kreitner selbst ist seinerzeit auf diese Weise zu seinem ersten Job gekommen: Er war drei Jahre lang bei Lowe GGK. Im Mai vorigen Jahres wechselte der heute 26-Jährige dann zur Agentur Publicis, wo er für strategische Planung zuständig ist.

Und in diesem Bereich ortet Kreitner, der Werbeblut schon mitbekam, weil sein Vater eine Werbeagentur besitzt, auch noch Chancen für andere: „Im internationalen Vergleich hinken die österreichischen Agenturen hier nach. Die wenigsten haben bisher eine eigene strategic planning-Abteilung.“ Dabei sei die strategische Planung, die die Grundlagen für eine Kampagne liefert und ihre Kernbotschaft entwickelt, ein überaus wichtiger Bereich: „Den Kreativen bleibt dadurch mehr Zeit für ihre eigentliche Tätigkeit“, meint Kreitner.

Alternative Marketing
Rechnet man auch die indirekt an der Werbung hängenden Jobs mit, dann zählt die Werbebranche laut Fachverbands-Vorsteher Ruttinger nicht nur 35.000, sondern 60.000 Beschäftigte. Denn auch auf Kundenseite haben etwa Druckerei-Mitarbeiter oder Marketingleiter mit der Branche zu tun.

Die Jobs im Marketingbereich sind allerdings ähnlich heiss begehrt, wie Dieter Krupitza aus eigener Erfahrung weiss: „Das Problem ist, dass die Konkurrenz sehr gross ist und neben Absolventen von Werbeakademie oder HAK auch viele von der Wirtschaftsuniversität ins Marketing drängen.“

Krupitza hat für sich selbst dennoch entschieden, nichts anderes als Marketing machen zu wollen. Zuerst hatte dies, als er gleich nach der HAK in die Marketingabteilung von Adeg kam, auch problemlos geklappt. Sogar zum interimistischen Marketingleiter schaffte er es, als seine damalige Chefin in Karenz ging.

Dann allerdings strebte Krupitza nach Weiterbildung und schob den zweijährigen Besuch der Werbeakademie ein, um danach zu einer Düsseldorfer Werbeagentur zu gehen. „Doch ich habe gesehen, dass mir Marketing mehr liegt und wollte zurück in diesen Bereich.“ Allerdings landete Kupitza vorerst „beim grössten Arbeitgeber Österreichs“, wie er das Arbeitsmarktservice
(AMS) spasshalber nennt.

„Nicht aufgeben“
Der Weg von der Arbeitslosigkeit zum Traumjob war alles andere als leicht: Gezählte 256 Bewerbungen waren nötig, bis Krupitza zu seinem jetzigen Arbeitgeber kam. Die Beharrlichkeit machte sich aber bezahlt: Als Leiter für Marketing und Vertrieb bei der Rudolf Holzmann OHG, einem grossen Wiener Handelshaus, ist Krupitza eigenen Angaben zufolge rundum zufrieden.

Sein Rat an andere, die ebenso ins Marketing einer grossen Firma wollen: „Man sollte keinesfalls den Kopf hängen lassen und aufgeben, wenn Absagen ins Haus flattern. Irgendwann ist doch eine positive Antwort dabei.“

Allerdings sind es nicht Hartnäckigkeit und Glück alleine, die zum Ticket in die Marketing- oder Werbebranche führen. Gerade angesichts der grossen Konkurrenz gehört darüber hinaus eine entsprechende Ausbildung (siehe Artikel rechts) ebenso dazu wie ein kreatives Talent. Und über das Anfangsgehalt sollten die Illusionen nicht zu gross sein. Denn über 1800 Euro brutto monatlich liegt es selten, im Normalfall bei Werbetextern wie -grafikern eher darunter.

Die eigene Werbefirma
Auch sind später, trotz einiger Jahre Erfahrung, die Spitzengehälter von früher nicht mehr so leicht erreichbar. Laut Ruttinger ist, seit die konjunkturschwachen Werbejahre nach der Jahrtausend-wende angebrochen sind, das Gehaltsniveau insgesamt gesunken.

Viele Vertreter der Branche gehen daher auch andere Wege und probieren es gänzlich selbstständig. Allein im Vorjahr verzeichnete der Fachverband Werbung einen Nettozuwachs von 1000 Mitgliedsfirmen (siehe Artikel rechts unten). Gleich als eigene Firma anzufangen, ist laut Giokas aber nicht immer sinnvoll: „Das Problem ist, wenn du noch keine Kontakte hast, fristet du ein Hungerleider-Dasein“, warnt sie.

Die Chancen für jene, die schon Branchenerfahrung gesammelt haben und sich dann selbstständig machen, sind laut Ruttinger aber intakt. Nur, ein grösseres Stück vom Kuchen abzuschneiden und wirklich gut zu verdienen, sei auch für sie in den seltensten Fällen möglich. Denn: „Der Werbemarkt wächst nicht mehr zweistellig. Die Boomzeiten der 90er-Jahre sind vorbei.“

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