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LKW auf die Schiene verlagern

Der Kombi-Operator Ökombi transportiert in Österreich und Bulgarien nicht kranbare Sattelauflieger auf der Schiene. Und bietet damit ein völlig neuartiges Transportsystem zur Verlagerung von LKW auf die Schiene.

Frächter und Spediteure in ganz Europa, die ihre nicht kranbaren Sattelauflieger bislang auf die Schiene verlagern wollten, aber technisch nicht konnten, können das seit 19. Juni. Und zwar zwischen Wels in Österreich und Stara Zagora in Südbulgarien, von wo es noch 50 Kilometer zur türkischen Grenze sind. Und weitere 150 Kilometer bis nach Istanbul. Bis dahin wollte der österreichische Kombi-Operator Ökombi ursprünglich das neue Kombi-Zug-Produkt ISU (Innovativer Sattelauflieger Umschlag) fahren. Doch die zolltechnische Behandlung an der EU-Außengrenze zur Türkei hätte sich komplizierter gestaltet als geplant. „Wir bleiben mit dem Zug innerhalb der Europäischen Union und können so einen zeitlich kalkulierbaren Rundlauf sicherstellen“, sagt Franz Dirnbauer, Geschäftsführer der Ökombi gegenüber dem Logistik express. ISU wurde von der Mutter von Ökombi, Rail Cargo Austria, entwickelt: Damit lassen sich mit wenigen Handgriffen nicht kranbare Sattelauflieger von der Straße auf die Bahn verlagern. Das Produkt ISU-Zug ist neu und der dafür in Frage kommende Markt ist groß: Rund 85 Prozent der in Europa auf den Straßen fahrenden Sattelauflieger sind nicht kranbar. Diese mit dem neuen Umschlagssystem auf die Schiene zu locken, ist die Absicht mit dem ISU-System, das sich in Zukunft auf attraktiven Relationen bewähren soll, hofft man bei Ökombi. Das Projekt läuft derzeit noch unter dem Titel Forschungsprojekt und wird von der EU aus dem CREAM-Projekt finanziell gefördert.

Großer Zielmarkt im Visier
Als Zielgruppe für den neuen Zug kommen Spediteure und Frächter sowohl in Europa als auch in der Türkei und des Nahen Ostens in Frage. Gerade für größere Transportunternehmen sei ISU interessant, weil diese meist über die entsprechende Vor- und Nachlauforganisation zu den Kombi-Terminals verfügten. In diesem Fall in Wels und Stara Zagora. Denn Ökombi organisiert lediglich den Transport auf der Schiene und die Be- und Entladung der Fahrzeuge in den beiden Terminals. Für die Traktion auf der gesamten Bahnstrecke zeichnet Rail Cargo Austria mit ihren Partnern in Ungarn, Rumänien und Bulgarien verantwortlich, wobei in Stara Zagora die Firma Metalimpex als lokaler Terminalbetreiber für die reibungslose Abfertigung und das Handling des Zuges sorgt. Der Zug braucht für die 1.800 Kilometer lange Entfernung rund 48 Stunden. „Preislich sind wir mit 60 Cent pro Kilometer mit der Straße wettbewerbsfähig“, ist der Ökombi-Manager überzeugt. Eine Fahrt schlägt pro Richtung und Auflieger mit 1.260 Euro zu Buche.

Rollende Landstraße kommt gut an
Das eigentliche Kerngeschäft der Ökombi ist die Abwicklung der Rollenden Landstraßen. Die Cash Cow ist dabei die Brenner-Strecke. Während der LKW-Transitverkehr durch Tirol über die Straße im Vorjahr auf 1,6 Mio. LKW-Fahrten zurückgegangen ist, wurden gleichzeitig deutlich mehr LKW mit den Rollenden Autobahnen durch Tirol befördert und hat Ökombi seinen Brenner-Marktanteil von 10 auf 14 Prozent gesteigert, sohin mit 225.000 transportierten LKW einen Zuwachs um zehn Prozent gegenüber 2008 erreicht. Die starke Nachfrage nach der RoLa durch Tirol hängt nicht zuletzt mit den straffer werdenden gesetzlichen Rahmenbedingungen zusammen.

Anfang Juli trat die dritte Phase des sektoralen Fahrverbots für LKW-Transporte durch Tirol in Kraft. Das bedeutet, dass LKW mit bestimmten Gütern beladen nicht mehr jederzeit und überall auf den Straßen fahren dürfen. Dass mehr LKW auf die RoLa kommen, sieht Dirnbauer aber nicht allein in den straffen Regelungen begründet: „80 Prozent der RoLa-Nutzer kommen freiwillig auf die Schiene.“ Der Brenner-Verkehr ist das Hauptgeschäft von Ökombi mit einem Anteil von rund 72 Prozent. Das restliche Geschäft spielt sich mit dem LKW-Transport auf der Tauern-, Pyhrn- und Donauachse ab.

Die Nachfrage im ersten Halbjahr dieses Jahres kann sich sehen lassen: Ökombi hat in den ersten sechs Monaten 17 Prozent mehr LKW (175.988) auf seinen 74 verkehrenden RoLa-Zügen transportiert als im Vorjahr. Über den Brenner stieg die Nachfrage um 15 Prozent; auf den im Vorjahr eher mager nachgefragten Zügen auf den Achsen Donau, Pyhrn und Tauern stieg die Zahl der beförderten LKW im Halbjahr um 24 Prozent. Ökombi überlegt den Start weiterer RoLa-Züge, beispielsweise zwischen Budapest–Wien oder Budapest–Wels, um „unseren Kunden die Möglichkeit zu geben, dort auf die Rola einzusteigen, wo die Ruhezeit gebraucht wird“, so Dirnbauer.  (MT)

Logistik express Redaktion: Markus Trostmann

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