Neuer Personenschifffahrtshafen eröffnet in Nürnberg
Die Fertigstellung und Eröffnung des neuen Personenschifffahrtshafens mit zehn Liegestellen für Kabinen-Kreuzfahrtschiffe am Europakai des Main-Donau-Kanals in Nürnberg steht kurz bevor. Die ersten fünf Liegestellen für Flusskreuzfahrtschiffe sind bereits im Betrieb, die Inbetriebnahme der übrigen Liegestellen wird im Frühjahr, im Anschluss an die Schleusenreparaturen entlang des Main-Donau-Kanals, erfolgen. Alle Liegestellen verfügen über Entnahmestellen für Landstrom und Trinkwasser, zusätzlich wird ein kompletter Entsorgungsservice angeboten.
Die wasser- und landseitigen Baumaßnahmen sind weitgehend abgeschlossen, d.h. technische Bauwerke, Straßenbau, Elektro- und Trinkwasserversorgungssysteme sind installiert. Im letzten Bauabschnitt wird noch unter anderem im Zentralbereich des Personenschifffahrtshafens ein begehbarer, rund elf Meter hoher Aussichtshügel fertiggestellt, der als Ausflugsziel für die Bevölkerung dient. An dessen Fuß wird der derzeit noch verrohrte Schwarzengraben, der Wasser vom alten Ludwig-Donau-Main-Kanal unter der A 73 in den Main-Donau-Kanal leitet, geöffnet und als attraktive, renaturierte Wasserfläche umgestaltet.
Das Investitionsvolumen für den neuen Personenschifffahrtshafen der Stadt Nürnberg beträgt insgesamt 10,5 Mio. Euro, wovon der Freistaat Bayern 3 Mio. Euro übernimmt. „Angesichts der positiven Marktentwicklung der Flusskreuzfahrten ist es unabdingbar, einen Personenschifffahrtshafen zu bauen, der die bisherige provisorische Anlegestelle ersetzt“, so der Wirtschaftsreferent der Stadt Nürnberg, Dr. Michael Fraas, der auch Vorsitzender des Deutschen Wasserstraßen- und Schifffahrtsvereins Rhein-Main-Donau (DWSV) e.V. ist.
Wirtschaftsfaktor Flusskreuzfahrten: Positive Marktentwicklung hält an
Die Studie „Der Fluss-Kreuzfahrtsmarkt 2014“, die jährlich in Kooperation der IG River Cruise mit dem Deutschen Reiseverband (DRV) erscheint, dokumentiert eindrucksvoll die Bedeutung der Flusskreuzfahrten als Wirtschaftsfaktor – national wie international. Auch für die deutsche Wirtschaft spielen Flusskreuzfahrten eine immer wichtigere Rolle. So sichern Reedereien direkt Arbeitsplätze auf den Schiffen und in der Verwaltung. Hinzu kommen in etwa 10.000 indirekt von der Flusskreuzfahrt abhängige Arbeitsplätze bei Zulieferern und Serviceanbietern an Land. In 2014 wurde in Europa erstmals die Schallmauer von 1 Mio. Passagieren (1,10 Mio.) durchbrochen. Das Gesamtpassagieraufkommen des deutschen Marktes stieg 2014 um 2,3 % auf 415.858 im Vergleich zum Vorjahr. In 2014 waren die Donau (40,9 %) und der Rhein (30,4 %) mit Ihren Nebenflüssen die beliebtesten Fahrtgebiete bei deutschen Urlaubern. Die Anzahl der unternommenen Flussreisen aus dem deutschen Quellmarkt innerhalb Europas stieg 2014 um 16,5 % auf ein Rekordhoch von 381.757 Flusskreuzfahrten. Bezogen auf den europäischen Flusskreuzfahrtmarkt ist Deutschland mit knapp 35 % der führende Absatzmarkt.
Dabei ist ein massiver Zuwachs des nordamerikanischen Quellmarktes (71,1 %) zu verzeichnen. Die positive Marktentwicklung belegt auch die Anzahl der Neubauten, die im Jahr 2015 weiterhin auf einem hohen Niveau lag.
Auch die Stadt Nürnberg profitiert vom steigenden Passagieraufkommen. Lagen die Anlandungen Anfang der 90er Jahre noch im unteren zweistelligen Bereich pro Jahr, erreichten diese 2015 bereits die Marke von 1.000 Schiffen – trotz Niedrigwasser in den Monaten April bis November. Rechnet man die Ausweichliegestellen im Hafen Nürnberg und in Roth noch hinzu, waren es 2015 bereits über 1.200 Anlegevorgänge. Für den neuen Personenschifffahrtshafen liegen bereits jetzt über 1.100 feste Buchungen für die Saison 2016 vor. Bei durchschnittlich 135 Passagieren je Flusskreuzfahrtschiff bedeutet dies für Nürnberg rund 150.000 Gäste pro Jahr. Im Schnitt gibt ein Tagestourist nach vorsichtigen Schätzungen circa 30 Euro pro Tag beim Besuch in Nürnberg aus. Das bedeutet für Handel und Gastronomie in Nürnberg Umsätze von knapp 4,5 Mio. Euro im Jahr. Dazu kommen noch – schwer abschätzbare – Zusatzwertschöpfungen durch regionale Dienstleister, Ver- und Entsorgung von Schiffen oder auch durch den Einkauf frischer, saisonaler Lebensmittel für die Bordküchen vor Ort. Wählen die Reedereien den Personenschifffahrtshafen Nürnberg als Start- und/oder Endpunkt der Reise, dann profitieren davon auch der Albrecht Dürer Airport Nürnberg und im Falle von Anschlussbuchungen die lokalen Hotels und Restaurants.
Historische Entwicklung und Zukunftsperspektiven
„Der Deutsche Wasserstraßen- und Schifffahrtsverein Rhein-Main-Donau e.V. hat sich seit der Gründung 1892 stets dafür eingesetzt, die Vision einer durchgängigen Verbindung von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer in der Öffentlichkeit wach zu halten und deren Realisierung zu fördern“, so Dr. Fraas. Zu den Mitgliedern des gemeinnützigen Vereins gehörten damals wie heute Städte und Gemeinden, Industrie- und Handelskammern, Verbände und Unternehmen sowie Einzelpersonen. Damit war ein breites Forum geschaffen, das den alten Gedanken einer Verbindung von Main und Donau in die Öffentlichkeit trug. Am 25. September 1992 wurde der Main-Donau-Kanal nach 30 Jahren Bauzeit vollendet und die europäische Großschifffahrtsstraße mit einer Gesamtlänge von 3.500 km für die Schifffahrt frei gegeben. Aus wirtschaftlicher und technischer Sicht war das Projekt Main-Donau-Kanal höchst anspruchsvoll und gilt noch heute in Europa als einmaliges Werk, Damals ahnte noch keiner der am Bau beteiligten Akteure, welchen Einfluss der Main-Donau-Kanal auf das Wachstum der Personenschifffahrt in der Zukunft haben wird. Mit der durchgängigen Verbindung zwischen Main und Donau ist eine europäische Wasserstraße entstanden, die die Nordsee mit dem Schwarzen Meer verbindet und bei Touristen immer beliebter wird. Dabei verzeichnete die Donau mit Ihren Nebenflüssen mit 8,2 Prozent den größten Zuwachs (2013: 32,7 % / 2014: 40,9 %) unter den weltweiten Fahrtgebieten. Von diesem positiven Trend profitiert auch der neue Personenschifffahrtshafen der Stadt Nürnberg. Nehmen die Buchungen in den kommenden Jahren weiter konstant zu, werden die zehn Anlegestellen wohl schon bald nicht mehr ausreichen.