Psychischer Stress kostet der Wirtschaft Milliarden


Die unsichere Lage am Arbeitsmarkt setzt Mitarbeiter immer stärker unter Druck – die Fälle von Mobbing und Burn- out nehmen zu. Für Firmen, die nicht vorsorgen, wird das teuer

Nie Zeit zu haben, flexibel und ständig erreichbar zu sein – also unter Stress zu stehen – gehört in unserer Arbeitswelt beinahe schon zum guten Ton. Allerdings gilt das nur solange, bis Konzentration und Leistung abfallen, körperliche Probleme und Depressionen auftreten. „Und es trifft oft die besonders Engagierten, die sich mit ihrer Arbeit so identifizieren, dass sie das Ausbrennen zu spät bemerken“, sagt Christoph Kabas, Präsident des Berufsverbands Österreichischer PsychologInnen (BÖP). „Eine Auszeit täte ihnen gut, aber 60 Prozent der Österreicher haben Angst, ihren Job zu verlieren“, so Kabas.

Die finanziellen Folgen dieser Entwicklung tragen Unternehmen und Staat. Laut EU-Kommission fallen auf Grund psychischer Belastungen jährlich 20 Milliarden Euro gesundheitsbezogene Kosten an. 46 Prozent aller Krankenstandstage in Österreich sind auf psychische Beschwerden zurückzuführen.


Dienstleistung belastet

Zwei Drittel der Österreicher arbeiten im Dienstleistungssektor, wo psychische Schwerstarbeit geleistet wird. Hier nimmt die Überbelastung kontinuierlich zu. „Der direkte Kontakt mit Menschen fordert emotionale Höchstleistungen. Arbeitnehmer müssen sich immer individueller und intensiver auf ihre Kunden einstellen“, sagt die Arbeitspsychologin Sabine Maunz. Intern stelle die Motivation der Mitarbeiter eine zusätzliche Herausforderung dar. Psychische Probleme am Arbeitsplatz sind noch immer ein Tabu. Erst in Akutsituationen, etwa bei Arbeitsunfällen oder Suizidversuchen, wird Hilfe geholt. „Dabei wäre ein frühes Eingreifen wichtig, um klinische Symptome, die einer langfristigen Behandlung bedürfen, zu vermeiden“, sagt Christa Kolodej, Psychologin und Supervisorin. Die Folgekosten für den Arbeitgeber werden so gemindert. „Ein gemobbter Mitarbeiter kann einem Unternehmen im Jahr zwischen 17.500 und 50.000 Euro kosten“, so Kolodej.

Arbeitspsychologen und Gesundheitsorganisationen bieten Führungskräften einschlägige Kommunikationscoachings an, die zunehmend Zuspruch finden. „Es hat sich bei vielen Firmen auch empfohlen, für die psychische und gesundheitliche Beratung einen externen Anbieter heranzuziehen. Mitarbeiter haben oft weniger Hemmungen, Hilfe ausserhalb des Betriebs wahrzunehmen“, so Kabas.


Soziale Kompetenz

Österreichs Unternehmen zeichnen sich laut BÖP insgesamt aber durch ein hohes Mass an sozialer Verantwortung für ihre Mitarbeiter aus. Kabas: „Das fördert ein positives Klima am Arbeitsplatz. Daran sollte man EU-weit weiterarbeiten.“ Fühlen sich Mitarbeiter wohl, so sind sie innovativer und leistungsfähiger. Auf diese Weise könnte auch das Abwandern von Spitzenkräften verhindert werden, sagt Kabas.

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