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Zukunft Logistik. Logistiktrends 2030

In den nächsten zehn Jahren werden selbstfahrende Fahrzeuge, Next Generation Security, Supergrid Logistics, Quantencomputer, 3 D-Druck und Digitale Zwillinge die Logistikbranche gewaltig verändern.

Redaktion: Dirk Ruppik.

Die globale Logistik durchläuft gewaltige Transformationen. Die rasanten technologischen Entwicklungen im Bereich Algorithmen, Big Data Analysis, Künstliche Intelligenz, etc. führen zu vielen neuen Anwendungen und Trends. Laut dem 5. Logistics Trend Radar von DHL gehören zu den Megatrends in den nächsten fünf Jahren mit großen Auswirkungen auf die Logistikbranche u. a. die Nachhaltige Logistik, die Omnichannel Logistik, Künstliche Intelligenz, Blockchain, das Internet der Dinge und Big-Data Analysis. In den nächsten zehn Jahren werden selbstfahrende Fahrzeuge, Next Generation Security, Supergrid Logistics, Quantencomputer, 3D-Druck und Digitale Zwillinge einen großen Einfluss auf die Logistikbranche haben.

Supergrid Logistics führt zu modularen Diensten und größerer Effizienz.
Das logistische Supergrid basiert auf einer globalen Instanz oder (cloudbasierten) Plattform, die reibungslos und flexibel alle Parteien entlang von Versorgungsketten integrieren kann. Dadurch entsteht ein Angebot von modularen Diensten für alle Kundengruppen mit dem Ziel die Kosten und die Transitzeiten zu reduzieren sowie die Effizienz zu maximieren. Durch das Supergrid wird eine neue Generation an Logistikern entstehen, die sich hauptsächlich auf die Verküpfung von globalen Supply Chain-Netzwerken fokussieren, die viele Hersteller und Logistikanbieter integrieren.

Dadurch werden neue Geschäftsmöglichkeiten beispielsweise für 4PL-Logistiker, spezialisierte Logistikanbieter, kleine Expressdienstleister und Startups entstehen und der Kunde kann von einer Vielzahl von Services den besten auswählen. Durch diese Plattformen wird eine neue Transparenz im Markt entstehen und speziell kleinen Unternehmen Zugang zum globalen Markt verschaffen. Die Tatsache, dass Kunden weltweit Waren über das Internet direkt beim Hersteller unter Auslassung des Einzel- und Großhandels bestellen können, ist ein weiteres Argument für das Entstehen eines logistischen Supergrids durch das die Kunden die besten und passensten Dienste auswählen können.

Globale Marktteilnehmer werden überwiegend auf die grenzüberschreitende Integration von Diensten, Premium-Marktsegmente sowie die Zusammenstellung von regionalen Diensten und Logistikdienstleistern die normalerweise Wettbewerber sind, fokussieren. Alibaba‘s Smart Logistics Network (Cainiao Network, gegründet 2013) mit Sitz in Hang-zhou arbeitet taktisch bereits auf ein Supergrid Logistics-Netzwerk hin.

Quantencomputer optimieren Supply Chain.
Quantencomputer besitzen eine millionenfach höhere Rechenleistung als selbst Supercomputer. Es ist zu erwarten, dass sie die logistische Welt extrem verändern werden – und das nicht nur im Bereich der Algorithmen, sondern auch in der Verschlüsselungstechnik. Der erste kommerzielle Quantencomputer – der IBM Q System One – ist bereits 2019 auf den Markt gekommen. Der chinesische Quantencomputer Jiuzhang soll sogar zehn Milliarden Mal so schnell sein wie Googles 2019 vorgestellter Quantencomputer Sycamore. Trotz allem befinden sich die Quantencomputer noch in einem Anfangsstadium.

Die Optimierung von Lieferketten bzw. Prozessen entlang der Lieferkette in Echtzeit ist eines der Haupteinsatzgebiete der neuen Technologie. Dazu gehört z. B. die Berechnung von optimalen Lieferrouten in Echtzeit. VW nutzt Quantencomputer bereits, um intelligente Verkehrsnetzsysteme zu entwickeln. Weiterhin können sie genutzt werden, um kombinatorische Optimierungsprobleme (Behälterproblem) z. B. beim Verladen von Millionen von Paketen in Lkw und Flugzeuge zu lösen. Zudem sollen bessere Produkte durch Rapid Modeling and Testing entwickelt werden.

Quantencomputer stellen allerdings ein (erwartetes) großes Problem ab 2022 für die klassische Datenverschlüsselung dar. Durch ihre extreme Rechenleistung sind diese Verschlüsselungsmethoden leicht zu knacken. Neue  Verschlüsselungsmethoden wie gitterbasierte Kryptographie müssen also her. Auch in der Welt der blockchainbasierten Kryptowährungen stellt die Quantentechnologie ein großes Problem für Private Keys dar, die damit leicht zu knacken sind. Toshiba hat darauf bereits reagiert und will ab 2025 kryptographische Quantencomputerdienste anbieten.

Next Generation Security schützt Produkte und Daten.
Gerade Endgeräte wie Tablets, Smartphones und PC stellen ein hohes Sicherheitsrisiko für IT-Netzwerke und die Supply Chain dar. Hier existiert eine bunte Spielwiese für Cyberkriminelle, die Unternehmen schaden wollen. Bei der sog. Next-generation endpoint protection wird Künstliche Intelligenz, Maschine Lernen und die Analyse des Nutzerverhaltens zur Erkennung von immer ausgefeilteren Bedrohungen genutzt. Prävention ist die erste Verteidigungslinie, um Cyberattacken zu vereiteln. Dabei müssen nicht nur alle Endgeräte geschützt werden, sondern die Lösung muss auch flexibel und skalierbar in der Cloud (oder auf Wunsch auch im eigenen Rechenzentrum) sein. Das IT-System muss mit modernsten Gefährdungsindizien und Verhaltensindikatoren Daten, Dateien und die Kommunikation permanent überwachen. Die klassische Prävention muss mit analytischen Überwachungs- und Erkennungs-Tools kombiniert werden. Der Schutz besonders der Kunden- und Mitarbeiterdaten hat oberste Priorität

Auf der physischen Ebene werden z. B. für die Überwachung von Containern intelligente Schlösser (Smart Locks) und Siegel eingesetzt. Dabei können Daten mit RFID-Transpondern gesendet werden und mittels Blockchain verschlüsselt und via Smart Contracts verifiziert werden. Für die Bekämpfung der Fälschung von Produkten wird ebenfalls die Blockchain-Technologie eingesetzt. Dazu werden Daten des Produkt-Lebenszyklus auf der fälschungssicheren Blockchain gespeichert, die von Seiten der Kunden beispielsweise durch Scannen eines 3D-Barcodes ausgelesen werden können.

Optimierung von Produkten durch 3D-Printing und Rapid Prototyping.
Der 3D-Druck (Additive Fertigung) kann für die schnelle Herstellung von Prototypen genutzt werden. Material wird Schicht für Schicht aufgetragen und so ein dreidimensionaler Gegenstand (Werkstück) erzeugt. Dabei erfolgt der schichtweise Aufbau computergesteuert aus einem oder mehreren flüssigen oder festen Werkstoffen nach vorgegebenen Maßen und Formen. Beim Aufbau finden physikalische oder chemische Härtungs- oder Schmelzprozesse statt. Typische Werkstoffe für das 3D-Drucken sind Kunststoffe, Kunstharze, Keramiken und Metalle. Die eigentlichen Daten für das 3D-Modell stammen aus einem Computer Aided Design (CAD)-System.

Durch Rapid Prototyping kann ein Unternehmen schon in der Planungsphase relativ einfach ein Probe-Modell bauen. Somit werden bereits frühzeitig Fehler oder Schwächen erkannt und behoben, bevor innerhalb des eigentlichen Produktionsprozesses durch nicht entdeckte Fehler hohe Kosten anfallen würden. Die 3D-Druck-Technologie wird sich nicht nur sehr wahrscheinlich zur Standardtechnologie für die Serienproduktion entwickeln, sondern auch das Ausdrucken von einzelnen Bauteilen bzw. Artikeln vor Ort in einem Geschäft, Lieferwagen oder sogar beim Kunden zuhause ermöglichen. Artikel und Teile müssten so nicht mehr geliefert werden, sondern ein digitaler CAD-Bauplan und ein 3D-Drucker würden zur Herstellung genügen.

Der neue Technologie-Trend wird Transport-Wege verkürzen, die Geschwindigkeit der Supply Chain erhöhen und auch die Lagerhaltungskosten in Zukunft enorm senken. Kunden könnten natürlich auch ihre eigenen CAD-Entwürfe auf eine Internet-Plattform beim Fertigungs-Unternehmen hochladen, Materialien und Farben auswählen, Preise aufrufen, den Druck bestellen und ausliefern lassen.

Selbstfahrende Fahrzeuge erhöhen Efizienz und vermeiden Fehler.
Fahrerlose Transportsysteme (FTS) revolutionieren die Intralogistik und gelten als guter Einstieg in Industrie 4.0. Mittels FTS lässt sich die Zahl von Leer- und Falschfahrten massiv reduzieren, weil die Fahrzeuge automatisch zum richtigen Lagerregal fahren. Dabei orientieren sie sich an verschiedenen Technologien, wie beispielsweise Indikationsstreifen, Präzisionslasern, Reflektoren oder einfachen Klebebandspuren. Während die meisten intralogistischen Lager heute noch auf Flurförderfahrzeuge wie Stapler setzen, deren Fahrer auf Sicht und Zuruf fahren, folgen FTS einem automatisch programmierten Weg. Dazu lässt sich beispielsweise eine Sichtspur nutzen, der ein FTS auf seinem Weg folgen kann. Engpässe, Zusammenstöße oder sonstige Behinderung im Arbeitsablauf lassen sich damit fast gänzlich eliminieren.

Das macht die Intralogistik eines Unternehmens schneller und effizienter. Die Herausforderung liegt dabei allein in der Schaffung einer offenen Infrastruktur. In der Transportlogistik können u. a. autonome Fahrzeuge und Drohnen bei der Paketzustellung eingesetzt werden.

Digitaler Zwilling für die Simulation.
Beispielsweise kann eine gesamte Fabrik mit ihren Maschinen, Komponenten, Gebäuden, Robotern, Fahrerlosen Transportsystemen, Prozessen und den zu erzeugenden Produkten parallel zur physischen Ausprägung auch digital erstellt werden. Dabei kann der digitale Zwilling auch schon vor dem realen Zwilling existieren, z. B. als Designmodell künftiger Produkte. Natürlich können auch logistische Objekte und Prozesse abgebildet werden. Ein digitaler Zwilling bietet viele Vorteile. Es lassen sich pysikalische Prototypen einsparen und das Verhalten, die Funktionalität und Qualität von einzelnen realen Komponenten als auch von ganzen Lieferketten kann simuliert werden. Zudem können sie dazu dienen, Daten aus dem Einsatz der realen Zwillinge zu analysieren und auszuwerten. Die digitalen Modelle führen zu neuen servicebasierten Geschäftsmodellen: Fernwartung, Fernmanagement und -überwachung von logistischen Einrichtungen, voraussagendes Modellieren und Simulation sowie logistische Servicemodelle für den Aftermarket. (DR)

Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 2/2021

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