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China-Brasilien-Connection

Der hungrige Drache ist auf der Suche nach Rohstoffen und wird nun zunehmend durch Brasilien gefüttert. Chinesische Konsum- und Industrieprodukte überfluten den Markt des südamerikanischen Landes. Dieser Flut will man, durch den Bau neuer Häfen und Infrastruktur, Herr werden. Der größte Eisenerzexporteur der Welt Vale entwickelt eigens eine neue Schiffsklasse, den Chinamax-Frachter.

Es scheint so, als habe sich da ein Liebespaar gefunden. China begehrt die Rohstoffe, Stahl sowie Nahrungsmittel des südamerikanischen Power House. Der Partner Brasilien hat sich am Chinafieber angesteckt und exportiert einen Großteil seiner Waren ins Reich der Mitte. Der hungrige Drache wird neben Rohstoffen mit Soya, Orangensaft, Getreide, Kaffee, Zucker, Rindfleisch, Holz, etc. gefüttert. Im ersten Halbjahr 2010 lag die braune Schönheit auf Platz acht der Hauptlieferländer (Platz vier USA, Deutschland Platz fünf) Chinas. Umgekehrt hat China die USA von Platz eins der Hauptlieferländer (Deutschland Platz vier) für Wirtschaftsgüter an Brasilien in 2010 abgelöst.

Die chinesische Wirtschaft hat den riesigen Konsumentenmarkt des südamerikanischen Landes mit fast 200 Millionen Einwohnern erschlossen. Der gelbe Riese liefert neben Konsumgütern u.a. Maschinen, Kfz, und elektronische Produkte. Zudem ist China Hauptabnehmer für brasilianische Wirtschaftsgüter. Laut Germany Trade & Invest (Gtai) rechnen die großen Banken Brasiliens für 2011 mit einem Anstieg des Konsumentenkreditvolumens von 15 bis 20 Prozent. Der Konsum bleibt der Konjunkturmotor Nummer Eins. In 2010 wuchs er um rund sieben Prozent. Die ausgeweiteten Konsumentenkredite werden weiterhin die Kauflust der Bevölkerung anheizen.

Die starke Überbewertung der brasilianischen Währung Real führte zu einer gigantischen Importzunahme in 2010 von zirka 40 Prozent. Der Export nahm im gleichen Zeitraum um 25 Prozent zu. In 2010 führte das Land am Zuckerhut zum Beispiel rund 32 Prozent mehr Maschinen ein, als in 2009. Daher fürchtet der Fachverband Abimaq eine drohende Deindustrialisierung und bemüht sich um eine Importzollsteigerung für Maschinen, die auch im Lande gefertigt werden, von 14 auf 35 Prozent. Beim Export machen Agrarerzeugnisse 42 Prozent aus. Der Eisenerzexport stieg in 2010 um mehr als 40 Prozent. Neben der überbewerteten Währung stellen das extrem komplizierte politische System, die komplexe Steuergesetzgebung und die hohen Zinsraten um die 18 Prozent große Herausforderungen dar. Brasilien benötigt schnelle, direkte und simple Reformen. Charles Tang, Präsident der Brazil-China Chamber of Commerce schätzt die Zukunft für das Land weitgehend rosig ein: „Wenn Brasilien diese Reformen einführt, wird es notwendigerweise eine große ökonomische Macht werden.“

Nadelöhr Transportinfrastruktur
Die Infrastruktur stellt eines der Nadelöhre der brasilianischen Wirtschaft (globales Ranking Platz 41) dar. Die Häfen sind der enormen Zunahme im Handelsvolumen nicht gewachsen. Gleiches gilt für die Flughäfen, die nicht nur dem Warentransport nicht standhalten, sondern auch dem erwarteten Besucheransturm durch die Fußballweltmeisterschaft in 2014 und die Olympischen Spiele in 2016. Die Exportprodukte werden in vielen Regionen des Landes erzeugt und meist über die Straße transportiert. Der Schienenweg wird kaum genutzt. Daher hat das Transport Infrastructure Department ein Budget von 9,34 Milliarden US-Dollar (rund 6,5 Milliarden Euro) für 2011 bereitgestellt, das in gleichen Teilen für den Straßen-, Hafen- und Eisenbahnbau verwendet werden soll. Bis 2014 werden alleine 11,34 Milliarden US-Dollar (rund acht Milliarden Euro) in den Hafenbau insbesondere in den Containerbereich investiert. Trotzdem wird bemängelt, dass die Gelder zu sehr in punktuelle Aktionen wie die genannten Sportevents fließen, statt in langfristig nutzbringende Projekte. Im Vergleich zu China mit fünf Prozent, investiert Brasilien gerade einmal 0,5 Prozent seines BIP in die Infrastruktur. Doch chinesische Unternehmen investieren zunehmend im großen Stil im südamerikanischen Land.

Laut der Brazil-China Chamber of Trade and Industry legten chinesische Unternehmen in 2009 nur rund 270 Millionen Euro in Brasilien an. In 2010 waren es schon geschätzte sagenhafte 13 Milliarden Euro. Die Unternehmen aus dem Land der Mitte setzten die Gelder in diversen Sektoren vom Bankenbereich bis zur Fahrzeugproduktion ein. Einer der größten Deals wurde im Stahlerzeugungsbereich abgeschlossen. Das brasilianische Unternehmen LLX wird zusammen mit dem chinesischen Stahlunternehmen Wuhan Iron ein Stahlwerk im Wert von rund 3,5 Milliarden Euro bis 2013 im Staat Rio de Janeiro auf dem Gebiet des Superhafens Açu aufbauen. LLX gehört dem reichsten Mann des Landes, Eike Batista. Das nationale brasilianische Energieunternehmen Petrobras gründete mit Chinas Petrochemical Group (Sinopec) ein Joint-Venture zur Exploration von Öl und will ebenso eine 1.200 km lange Pipline zwischen Süd- und Nordbrasilien bauen. Künftig steht die Erschließung der brasilianischen Offshore-Erdölquellen an.

Milliardär Eike baut Superhäfen
Laut der britischen Portstrategy haben lange Wartezeiten in den 17 bedeutensten Häfen Brasiliens in 2010 zu 850 Stornierung bei den Hafeneinläufen geführt. Im Jahr davor waren es nur 457. Daraus kann man die Dringlichkeit für den Bau von neuer Hafeninfrastruktur ablesen. Genau das hat das Unternehmen des Industriemagnaten Eike Batista (laut Forbes achtreichster Mensch der Welt) erkannt und baut daher die zwei Superhäfen Açu und Sudeste. In einem CNN-Interview Ende 2010 sagte Batista: „Brasilien hat versäumt, in Infrastruktur zu investieren. Meine Unternehmen haben sich auf Logistik und Infrastukturbau insbesondere Hafenbau spezialisiert. Die größte Chance des Landes liegt in der Offshore-Exploration mit einem Projektwert im Trillionen-US-Dollar-Bereich.“

Der bereits seit 2007 im Bau befindliche Superhafen 400 km nördlich von Rio soll 30 Liegeplätze besitzen und Stahl, Kohle, Petroleum, Granit, Eisenerz, flüssiges Schüttgut und allgemeine Fracht handeln. Ein gigantischer Pier ragt 2,9 km ins Meer. Der stellvertretende chinesische Handelsminister Jiang Yaoping bezeichnete ihn als „Schnellstraße nach China“. Açu soll 2012 in Betrieb genommen werden. Das Projekt umfasst einen 90 km² großen Industriepark. Neben der genannten Stahlmühle soll eine weitere Stahlmühle durch das italienisch-argentinische Stahlunternehmen Techint gebaut werden. Der Industriepark wird u.a. Zementfabriken, Ölverarbeitungsanlagen (Shell), Pelettierungsanlagen für Eisenerz und Automobilhersteller beherbergen. Die Nähe zu den Offshore-Ölquellen im Campos Pre Salt Basin soll deren Exploration erleichtern. LLX investiert in das gigantische Projekt rund 1,9 Milliarden Euro und will weitere 28 Milliarden Euro an Investitionen anlocken. Der Superhafen Sudeste in der Region Serra Azul ist seit Juli 2010 im Bau und ist inbesondere für den Eisenerzexport durch das Batista-Unternehmen MMX nach China vorgesehen. Die chinesische Firmengruppe Wuhan Iron and Steel Corporation (Wisco) erwarb 21,52 Prozent an MMX. Der Hafen wird eine Wassertiefe von 21 m und zwei Offshore-Liegeplätze besitzen, wenn er 2012 in Betrieb geht. Das Investment liegt bei 1,8 Milliarden Brasilianischen Real (rund 790 Millionen Euro).

Schiffbau erlebt Boom

Durch die Entdeckung der Offshore-Erdölfelder in 2007 und 2008 boomt auch der Schiffbau. Mehr als 250 Schiffe und Ölplattformen hat laut Gtai alleine Petrobras geordert. Das Unternehmen benötigt 146 Schlepper und Versorgungsschiffe, mit denen die Ölplattformen bewegt werden sollen. Die Regierung stellt über den Marinefonds umgerechnet 2,5 Milliarden Euro bereit. Eigens für den Eisenerztransport hat das zweitgrößte Bergbauunternehmen und der größte Eisenerzexporteur der Welt Vale eine Bestellung für 36 erste 360 Meter lange Schiffe der neuen Schiffsklasse Chinamax bei der drittgrößten Schiffswerft des Landes, der Mitte Jiangsu Rongsheng Heavy Industries, aufgegeben. Der größte Eisenerztranporter der Welt hat ein Eigengewicht von 400.000 Tonnen. Das Unternehmen versucht dadurch eine stärkere Kontrolle über seine Versorgungskette und Frachttarife zu bekommen. Die Eisenerzfrachter sollen in 2011 ausgeliefert werden. Es wird erwartet das die Chinamax-Klasse die Frachtraten gewaltig, von rund 31.000 Euro (Capesize) auf 7. – 8.000 Euro pro Tag, drücken wird.

Fazit: Abhängigkeit kann zum Verhängnis werden
Der britische Business Monitor International (BMI) erwartet in 2011 einen Abfall bei der Eisenerznachfrage durch China. Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) des gelben Drachens soll von 9,7 Prozent in 2010 auf 7,5 Prozent in 2011 abfallen. Zwischen 2011 und 2020 soll es bei durchschnittlich 7,3 Prozent liegen. Jeder Abfall im BIP wird sich in einer geringeren Nachfrage widerspiegeln. Generell ist Brasilien extrem stark von der Rohstoffnachfrage aus China abhängig. Ein Rückgang würde natürlich auch die Umschlagsvolumina in den Häfen drastisch vermindern. Die Auslegung der neuen Häfen und auch der Chinamax-Frachter von Vale könnten sich dann als überdimensioniert erweisen. China kann durch den Bezug von Eisenerz aus Australien Brasilien jederzeit unter Druck setzen. Zudem kommt, dass ein Großteil aller brasilianischen Konsumartikel-Exporte ins Land der Mitte gesendet wird.  (DR)

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