| |

Fake-Geschenke unter dem Weihnachtsbaum? Handelsverband fordert Amazon & Co zu mehr Aktivität gegen asiatische Plagiatsindustrie auf

Bereits jeder dritte Top-Seller auf dem Amazon Marktplatz stammt aus China. Lawine an gefälschten Produkten überrollt europäische Konsumenten.

Während sich der stationäre österreichische Handel zurzeit über Umsatzrekorde im Weihnachtsgeschäft freuen darf, bereitet den heimischen Onlinehändlern ein anderer Rekord Kopfzerbrechen: Bereits 30 Prozent aller Top-Seller auf der eCommerce Plattform amazon.de stammen aus China, mehr als je zuvor. Die Zunahme an chinesischen Händlern auf dem wichtigsten Marktplatz des Landes bringt ein immer größer werdendes Problem mit Plagiaten mit sich.

Den Handelsverband erreichten zuletzt immer mehr Händlerbeschwerden aufgrund des Verhaltens von Amazon beim Umgang mit Markenrechtsverletzungen und Produktfälschungen. Der weltgrößte Onlinehändler bekennt sich zwar in seiner Amazon-Richtlinie klar gegen Produktpiraterie, doch viele Händler monieren die Passivität des Marktplatzes.

Wie lautet der konkrete Vorwurf?
Viele Händler, die ihre Waren über Marktplätze anbieten, sind gleichzeitig auch die alleinigen Markeninhaber und Alleinvertreiber ihrer Produkte. Nur sie sind berechtigt, die Produkte unter der entsprechenden Marke anzubieten und sie sind auch die einzigen, die die Produkte überhaupt vertreiben können.

In der täglichen Praxis werden beispielsweise auf amazon.de jedoch oftmals vermeintlich gleiche Produkte unter einem fremden Markennamen auch von anderen Marktplatzhändlern angeboten. Und hier beginnt der schier aussichtslose Kampf gegen Windmühlen für die heimischen Händler.

Um Produktfälschungen von der Amazon Plattform auf Basis von Markenrechtsverletzungen entfernen zu lassen, müssen Anbieter ihre Marken auf Amazon registrieren und nachweisen, dass sie diese auch rechtlich durchsetzen dürfen. Im Anschluss haben Händler die Möglichkeit, sich Plagiatsangebote anzeigen zu lassen und zu melden. Wenn ein Händler eine Markenrechtsverletzung durch einen anderen Anbieter meldet, entfernt Amazon das Angebot und sperrt den betreffenden Anbieter.

Das Problem: Meist dauert es nur wenige Stunden, bis ein neues Verkäuferkonto eröffnet und das Plagiatsprodukt erneut angeboten wird. Amazon kennt diese Problematik schon seit Jahren und bietet auch entsprechende Analysetools und Meldemöglichkeiten an, was positiv zu werten ist. Allerdings wird die Technologie zurzeit nur Händlern zur manuellen Bearbeitung angeboten, statt in offenkundigen Fällen direkt aktiv zu werden einzusetzen.

„Marktplätze wie Amazon machen es offenkundig unseriösen Anbietern zu leicht, das gleiche Plagiat unter unzähligen verschiedenen Unternehmensregistrierungen im Stundentakt anzubieten. Dadurch ist mittlerweile ein Paradies für kriminelle Pseudo-Webshops aus China, die den europäischen Markt mit Fake-Produkten überschwemmen entstanden“, erklärt Rainer Will, Geschäftsführer des Handelsverbandes.

4.000 Plagiate eines einzigen Artikels pro Jahr.

Aktuell werden Verkäuferkonten von Amazon oftmals freigeschaltet, ohne zu überprüfen, ob es sich bei den Anbietern tatsächlich um „echte“ Unternehmen handelt. Allein bei dubiosen Firmennamen wie „xiaoyishirongtianshaengmaoyouxiasfgnzerengongsii“ sollten jedoch die Alarmglocken schrillen.

Ein österreichischer Händler berichtete dem Handelsverband, von einem einzigen Artikel seien bereits rund 4.000 Plagiate auf Amazon gestellt worden. Der betreffende Händler musste deshalb zusätzliche Mitarbeiter einstellen, die ausschließlich mit Plagiatsmeldungen auf Amazon beschäftigt sind.

Ziel: Globale Plattformen bei Markenrechtsverletzungen stärker in die Pflicht nehmen.

Das gleiche Problem tritt auch bei Urheberrechtsverletzungen auf. Amazon bietet seit Neuestem ein Service an, mit dem man Bilder registrieren und automatisiert nach Urheberrechtsverletzungen suchen kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann bei Amazon gemeldet werden, woraufhin die betroffenen Angebote oder Bilder zumeist entfernt werden. Jedoch stellt sich auch hier die Frage, warum Amazon nicht automatisch die betreffenden Konten offensichtlich dubioser Anbieter sperrt.

Zumindest bei Urheberrechtsverletzungen ist eine Lösung des Problems in Sicht. Die bereits beschlossene EU-Urheberrechtsreform sieht nämlich vor, dass Dienstanbieter – worunter auch Plattformen fallen – alle Anstrengungen unternehmen müssen, damit das Hochladen von geschützten Werken verhindert wird.

Der Handelsverband fordert eine ähnliche Regelung für Markenrechtsverletzungen. „Wir wollen keine Fake-Geschenke unter dem Weihnachtsbaum. Daher braucht es dringend eine gesetzliche Basis, um globale eCommerce-Plattformen wie Amazon oder wish.com von ihrer passiven in eine aktive Rolle zu zwingen“, so Rainer Will.

Schlechtere Produktbewertungen für heimische Händler „dank“ chinesischer Fake-Produkte.

Auf Amazon ist es möglich, sich an ein bereits bestehendes Angebot „dranzuhängen“, wenn man das gleiche Produkt anbietet. Der Konsument gelangt zwar zumeist auf die vom Originalanbieter erstellte Produktseite, allerdings werden ihm auch andere Verkäufer dieses Produktes angezeigt.

Diese Möglichkeit nutzen Fake-Anbieter natürlich gerne. Bis sie von den Originalanbietern gemeldet und wieder einzeln entfernt wurden, verkaufen sie zumindest einige Stück. Der Konsument, der mit dem meist minderwertigen Plagiat nicht zufrieden ist, gibt dem Produkt daraufhin eine schlechte Bewertung.

Die Krux: Amazon ist laut Angaben einiger Händler nicht bereit, derartige Bewertungen, die auf nachweislichen (da inzwischen entfernten) Plagiaten beruhen, zu entfernen. Somit belasten Plagiatsanbieter, selbst nachdem sie entfernt wurden, die Verkäufe der Originalanbieter. Massive Umsatzeinbußen sind die logische Konsequenz.

Rückfragen & Kontakt:
Handelsverband
Mag. Gerald Kuehberger, MA
Communications Manager
Tel.: +43 (1) 406 22 36 – 77
gerald.kuehberger@handelsverband.at
www.handelsverband.at

Ähnliche Beiträge