Gefährliche Artikel im Weihnachtspaket
Was haben Tischtennisbälle, Silvesterböller und Erfrischungstücher gemeinsam? Sie gehören – wie zahlreiche andere Waren auch – zu den sogenannten Gefahrgütern. Und die dürfen Privatleute in der Regel nicht einfach per Paket oder Päckchen verschicken. So jedenfalls steht es in den Bedingungen von Transporteuren. Die Kunden allerdings werden oft nur mangelhaft darüber aufgeklärt, obwohl sie für Schäden aufkommen müssen. Das zeigt eine Stichprobe der Verbraucherzentrale NRW bei fünf Paketdiensten. Allein die Posttochter DHL befördert in der Vorweihnachtszeit rund fünf Millionen Pakete – pro Tag. Immer wieder werden dabei Sendungen beim Transport beschädigt. Stecken dann gefährliche Stoffe drin, kann das dramatische Folgen zeitigen. Da rückt die Feuerwehr aus, weil Chemikalien aus einem Päckchen tropfen, andernorts sorgt ein Brand im Transporter für Alarm. Der Schwarze Peter und damit die Kosten verbleiben in der Regel beim Absender. Längst nicht jedem ist bekannt, dass Gefahrgut in neun Klassen aufgeteilt wird, dass nicht nur Säuren, Silvesterknaller und Spraydosen mit Druckgaspatrone dazu zählen, sondern auch Streichhölzer, Airbags und Parfum. So manches Geruchswässerchen besticht durch einen hohen Anteil an brennbarem Ethanol, ganz ähnlich wie ein Grillanzünder. DHL warnt, dass auch Pattex und Uhu Alleskleber, Tischtennisbälle und Erfrischungstücher als gefährlich gelten – "unabhängig von der Menge". Der Versender verweist dabei auf das "Europäische Übereinkommen über die internationale Beförderung gefährlicher Güter auf der Straße (ADR)". Mit einem Wirrwarr an Regelungen, an dürftigen oder kaum verständlichen Vorgaben sah sich die Verbraucherzentrale NRW konfrontiert, als sie bei fünf Paketdiensten um Aufklärung bat, was nicht ins Festpaket darf. Anfragen erhielten der Deutsche Paketdienst (DPD) und DHL, GLS Germany und Hermes sowie United Parcel Service (UPS). Das Ergebnis: Vier der fünf Unternehmen verweigern Privatleuten strikt den Transport von "gefährlichen Gütern jeglicher Art" (GLS) innerhalb Deutschlands. Fatal nur: Kunden finden keine genaue Definition oder Auflistung, welche Produkte dazu zählen. Im Zweifel greift deshalb so mancher zum Telefonhörer: Service-Auskünfte kosten bei GLS, DPD und UPS 14 Cent, bei Hermes sogar 60 Cent die Minute. Billiger wird’s per E-Mail. Auf diesen Wegen erfuhren die Verbraucherschützer, dass die vier Firmen beispielsweise den Versand von Spraydosen mit Gaspatrone, von flüssigem Grillanzünder und Altöl ausschließen. Merkwürdig nur: Parfum durfte ohne Mengenbegrenzung verschickt werden. Keine Bedenken äußerten Mitarbeiter auch bei Tischtennisbällen und Erfrischungstüchern. Lapidar hieß es dazu an der DPD-Hotline: "Bücher können ja auch brennen." Wichtig zu wissen: Aufgrund des Postgeheimnisses kontrolliert kein Paketdienst die Frachtstücke bei der Annahme. Deshalb tragen laut AGB allein die Kunden das Risiko und die Kosten: wenn der Paketinhalt ausläuft oder in die Luft geht; wenn andere Sendungen beschädigt oder gar Menschen verletzt werden. Obacht ist auch beim fünften Versender, der Posttochter DHL geboten. Die transportiert zwar ebenfalls "grundsätzlich keine" gefährlichen Güter von Privat, lässt aber zahlreiche Ausnahmen zu. Wer Einblick in die "Regelungen" nimmt, trifft auf schwer verständliche Mengenbegrenzungen. Die bestimmen beispielsweise, ob das Gefahrgut in Ein-, in Drei-Liter-Kanistern oder in kleineren Gebinden auf die Reise gehen muss, ob das gesamte Paket 250 Milliliter oder doch maximal sechs Liter enthalten darf. Sollen Spraydosen mit Druckgaspatrone versandt werden, klären orangene Signets auf der Dose über den jeweiligen Klassifizierungscode auf. Befördern will DHL lediglich drei von zwölf Varianten: die weniger gefährlichen Klassen A, O und F. Unterschiede auch bei Parfum. Während Service-Mitarbeiter der vier Konkurrenz-Dienste Freigabe erteilen, heißt es bei DHL: Da Parfums "in der Regel zwischen 70 und 80 Prozent Ethanol enthalten", sei die Beförderungsmenge "auf einen Liter je Gefäß und vier Liter je Versandstück" beschränkt. Zudem haben DHL-Kunden Vorgaben bei der Verpackung und Kennzeichnung zu berücksichtigen. So seien "zusammengesetzte Verpackungen" zu verwenden, bestehend aus Innen- und Außenverpackung samt Auspolsterung des Pakets. Wer keinen "UN-zertifizierten Karton" verwende, sei für Fall- und Drucksicherheit selbst verantwortlich. Auch bei der Aufklärung sieht sich DHL nicht in der Pflicht. Bei abertausenden Produkten auf dem Markt, sei es nicht möglich, etwa bei allen Reinigungsmitteln verlässlich zu beraten. DHL setzt stattdessen lieber auf Hilfe zur Selbsthilfe: Kunden sollen beim Hersteller oder Vertreiber das sogenannte "Sicherheitsdatenblatt" anfordern. Das muss laut Chemikaliengesetz und Gefahrstoffverordnung vorgehalten werden (Ausnahme Parfümerie-Erzeugnisse). In den Sicherheitsdatenblättern stehen die genauen Gefahrgutdaten: "UN-Nr., Gefahrgutklassen, Klassifizierungscode und evtl. Verpackungsgruppe". Mit diesen Angaben, so die Vorstellung von DHL, könne der Kunde prüfen, ob ein Artikel ins Paket dürfe und "wenn ja, welche Mengen je Gefäß/Behältnis und Versandstück zum Versand zugelassen sind". Viele Gelegenheitsverschicker dürfte dieser Weg jedoch schlicht überfordern. Die Folge: Gefährliches en masse fährt verbotenerweise im Paketwagen mit. Übrigens: Gefahr für die Geldbörse kann auch drohen, wenn Harmloses auf die Reise geht. Wer etwa einen Farbeimer in einer ungeeigneten Verpackung losschicke, so DHL, werde für "die erforderlichen Reinigungsarbeiten in Regress genommen". Quelle: MyLogistics | ||