Hatten die Mayas doch Recht?

Vielleicht naht uns ja tatsächlich das Ende: Das Ende des Sozialstaats, der Euro-Zone, der Freundschaft innerhalb der EU. Oder positiv formuliert: wie wäre es mit dem Ende der Neuverschuldung, der Korruption, der Umweltverschmutzung und der Ratingagenturen?  Redaktion: ANGELIKA THALER

Wer heute die Politik-, Wirtschafts- und Auslandseiten der Tageszeitungen liest, braucht entweder einen sehr guten Magen, ein Speibsackerl in Griffweite oder einfach einen gewissen Hang zum Masochismus. Positive Nachrichten muss man mit der Lupe suchen. Da frage ich mich: ist es, weil schlechte und reißerische Meldungen sich einfach besser verkaufen und den Vorzug erhalten, oder weil es wirklich nichts Positives zu berichten gibt? Als bekennender Zweckoptimist plädiere ich für ersteres, auch wenn es schwer fällt.

 

Sparen, sparen, sparen

Ein Kandidat für das Unwort des Jahres ist meiner Meinung nach „sparen“ – denn kaum ein anderer Begriff wird derzeit häufiger gebraucht und ist (entgegen seiner Grundaussage) negativer besetzt. Leider haben die Regierungen der letzten Jahrzehnte in puncto Haushaltsführung eine grundlegende Regel vergessen: man darf nur ausgeben, was man hat. Oma Henriette wäre nie auf die Idee gekommen, die moderne Waschmaschine anzuschaffen, ehe sie das nötige Geld dafür zusammengespart hatte. Einen Kredit aufzunehmen war eher verpönt denn unmöglich, also wurde gewartet – solange es eben dauerte. Dieses einfache, aber effektive Prinzip ist den Politikern scheinbar nicht bekannt…. egal, wie angespannt die Lage ist, neue Büroeinrichtungen, Dienstwägen, Umbauten und Verschönerungen müssen sofort sein, denn die Amtszeit ist oft kurz. Und so wurden und werden im großen Stil international Kredite vergeben und aufgenommen. Die österreichische Staatsverschuldung betrug am 28.02.2012 um 10:36 Uhr EUR 219.293.214.892. Dafür sind jährlich Zinsen in Höhe von EUR 8.051.165.824 fällig – und diese Beträge wachsen sekündlich an.   (Quelle: http://staatsschulden.at). 

 

Angesichts dieser Beträge relativiert sich ein Sparpaket von 26,5 Milliarden bis 2016 ein wenig… Und dennoch, es muss sein. Natürlich schreit jeder, wenn er weniger bekommt, dass zuerst bei „den Anderen“ reduziert wird. Egal ob Pensionist, Unternehmer, Bauer, Beamter, Autofahrer oder Student. Und „fair“ liegt in diesem Kontext im Auge des Betrachters. Und trotzdem, auch wenn alle den Gürtel enger schnallen müssen, ist Österreich noch immer ein Sozialstaat, der die Schwachen nicht im Stich lässt, auch wenn EZB-Chef Mario Draghi das so sieht. Aber jeder ist seines Glückes eigener Schmied, und jene, die glauben, keinen Finger rühren zu müssen und sich vom Staat aushalten lassen zu können, sollten ausnahmslos dazu gebracht werden, ihren (wie auch immer gearteten) Beitrag zu leisten – oder keine Hilfe mehr erhalten. Hier könnte man durchaus neue Arbeitsplätze schaffen: für Kontrolleure. 

 

Rating – selbsterfüllende Prophezeiung

Man muss die Ratingagenturen verstehen: sie lagen alle sooo weit mit ihren positiven Prognosen beim Ausbruch der Wirtschaftskrise daneben, dass sie sich hüten, die Welt wieder rosa zu sehen. Also liefern sich (die privaten, gewinnorientierten!) Moody’s, Standard & Poor’s, Fitch Ratings und wie sie alle heißen, quasi ein Wettrennen, wer zuerst die Bonität der Staaten herabstuft. Dabei ist doch klar, dass das nur in einer Abwärtsspirale enden kann! Wie soll jemand, der seine Schulden nicht zahlen kann und dadurch abgestuft wird, noch höhere Zinsen aufbringen können? Das widerspricht jeder Logik und erinnert an den Schuldturm des 19. Jahrhunderts: ein säumiger Schuldner kommt in den Schuldturm, wo er erst Recht nicht arbeiten und seine Schulden bezahlen kann. Was passiert? Der Druck auf seine Verwandten und Freunde (Nachbarländer?) steigt, für ihn zu bezahlen, damit er wieder raus kann. Nun steht er bei anderen, vermeintlich Wohlwollenderen in der Schuld und seine nächsten Einkünfte dienen der Tilgung. Die Folge: es stehen wieder keine Reserven zur Verfügung, um die nächsten Ausgaben zu decken…. 

 

Kommt Ihnen die Geschichte bekannt vor? Sie lässt sich beliebig auf aktuelle Krisenstaaten – Griechenland ist längst nicht mehr alleine – übertragen…. Im Übrigen ist ein strauchelndes Europa ein gefundenes Fressen für amerikanische Ratingagenturen, die so für Schlagzeilen sorgen und von Problemen im eigenen Land wunderbar ablenken können. (Danke an dieser Stelle auch für die guten Ratschläge und Mahnungen des amerikanischen Präsidenten, der ja selbst überhaupt kein Finanzproblem in seinem Staatshaushalt hat.) Doch was tun? Die Hegemonie der Ratingagenturen zu durchbrechen, wird nicht leicht. Eine mutige Wirtschaftspolitik mit dementsprechenden Rahmenbedingungen, die den Konjunkturmotor wieder in Schwung bringt, würde den Bewertern den fiesen Wind aus den Segeln nehmen. Doch dazu müssen sich die Eurokraten endlich zu einer einheitlichen Strategie durchringen. Und es wäre dringend angeraten, die gesetzliche Verankerung zu lösen, dafür aber strengere Regeln hinsichtlich Bewertungstransparenz und Haftung einzuführen. Und zwar am besten gestern! Jetzt eine europäische Ratingagentur als Gegenpol zu schaffen, kommt als Maßnahme eindeutig zu spät.  (AT)

Quelle:  Logistik express Zeitschrift, Ausgabe 1/2012 (ePaper)  

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