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JCL auf Expansion

Die steirische JCL-Gruppe hat von Logwin die Landverkehre übernommen und steuert auf Expansionskurs. Firmenchef Stephan Jöbstl über gesunden Hausverstand, seinen Managementstil und Ziele bis 2015 für seine Gruppe.

Das steirische Logistik-Unternehmen JCL AG mit der Eigentümerfamilie Jöbstl im Hintergrund ist seit Beginn dieses Jahres wieder kräftig gewachsen. Das in vierter Generation von Stephan Jöbstl geführte Unternehmen hat sich in einen 200 Mio. Euro schweren Markt eingekauft: durch den Kauf der Road+Rail-Geschäftsbereiche von Logwin in Österreich (Standorte in Vorarlberg), der Schweiz (Logwin Road+Rail Switzerland), in den Niederlanden und in Ungarn. Teile des ungarischen Geschäftes wurden mittlerweile aber schon wieder verkauft. „Es passte nicht zu uns“, sagt Stephan Jöbstl, CEO der JCL AG, im Interview mit dem Logistik express.

Unter der JCL AG sind seit 2008 alle Aktivitäten des Unternehmens zusammengefasst, in den zahlreichen Firmen zwischen Indonesien und Werndorf bei Graz werken derzeit 1.600 Mitarbeiter. Stephan Jöbstl präsentiert sich in seinem eher spartanisch eingerichteten Büro in der Firmenzentrale auf dem Areal des Cargo Center Graz als relaxed wirkender Manager. „Ich verfolge im gesamten Unternehmen eine sehr flache Hierarchie und eine Zusammenarbeit mit meinen Mitarbeitern. Dadurch bieten sich ihnen viele Entfaltungsmöglichkeiten, sie können Prozesse mitent-scheiden, beeinflussen und treffen letztlich auch selbständig Entscheidungen“, erzählt Jöbstl. Im Gegensatz dazu erwartet sich der 32jährige „uneingeschränkte Ehrlichkeit, ein hohes Problemlösungspotenzial und einen hohen Einsatz.“

Im Jahr 2008 ist Stephan Jöbstl in die Fußstapfen seines Vaters Hermann Jöbstl getreten. „Es war so ziemlich genau zu meinem 30. Geburtstag“, erinnert er sich. Die Rahmenbedingungen haben sich inzwischen signifikant verändert: „Mein Vater hat mit den Herausforderungen eines Familienunternehmens gekämpft.“ Die heutige JCL AG entwickelt sich zu einem internationalen Konzern, der Aktionsradius hat sich geändert. Dennoch: „Das eine oder andere habe ich von meinem Vater übernommen“, sagt der Junior nicht ohne Stolz.

Hausverstand und Bodenständigkeit
Welche Fähigkeiten braucht man heute, um ein Speditionsunternehmen erfolgreich zu führen? Stephan Jöbstl: „Neben gesundem Menschenverstand sehe ich zwei Faktoren als essenziell an: Man muss in der Lage sein, eine Situation schnell einzuschätzen und zu bewerten. Wir treffen täglich Entscheidungen, die nicht nur Auswirkungen auf einen Teilbereich des Unternehmens haben, sondern eine Kette an Folgereaktionen hervorrufen.“ Zweitens sei es wichtig, die Balance zwischen dynamischem Wachstumsdenken und realistischer Bodenständigkeit zu finden. „Nur so überwindet man das Risiko des Stillstands.“

Mit dem Zukauf der genannten Firmen will JCL in diesem Jahr einen Umsatz von 550 Mio. Euro erwirtschaften. Der Optimismus leitet sich von der Geschäftsentwicklung seit Jahresbeginn ab: „In allen Bereichen liegen wir über Plan.“ Die Anteile an der JCL AG werden zu 51 Prozent von der Familie Jöbstl gehalten; zu 49 Prozent ist ein Private-Equity-Fonds beteiligt. Die Hereinnahme eines solchen Partners erwies sich anlässlich der Hofübergabe vom Vater zum Sohn als erstrebenswerteste Lösung, blickt Jöbstl zurück. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen mit seiner starken Präsenz in der Textil- und Möbellogistik einen Umsatz von 350 Mio. Euro eingefahren; das waren um rund drei Prozent weniger als im Jahr 2008. Der Grund: das spürbar rückläufige Geschäft, etwa in der Textillogistik. Dennoch: Unzufrieden ist er mit dem Geschäftsverlauf von 2009 nicht. „Wir haben das vergangene Jahr positiv abgeschlossen.“

Mit dem Zukauf von Märkten will man Know-how ins Haus holen und zum Full-Service-Provider mutieren. In den vergangenen Monaten wurden die von Logwin eingekauften Firmen in die JCL AG und Firmenkultur integriert. Eine weitere Expansion des 1928 gegründeten Unternehmens ist nicht ausgeschlossen: Dabei denkt man an die Länder des ehemaligen Jugoslawien und speziell an Serbien. „Langfristig sehen wir dort entwicklungsfähiges Marktpotenzial.“

Fokus Kontraktlogistik
Die Kontraktlogistik für die Möbel- und Textilbranche sind die angestammten Geschäfte der JCL-Gruppe; das Speditionsgeschäft wurde in den vergangenen Jahren kontinuierlich ausgebaut. Durch die Übernahme der Logwin-Firmen wird der Bereich Landverkehr in Europa gefestigt. JCL hat 200 eigene LKW im Fuhrpark und setzt diese dann ein, wenn es die Kunden wünschen. Etwa im Vor- und Nachlauf im Kombi-Verkehr, den JCL mit 600 eigenen Wechselaufbauten nutzt. Gefahren wird im Kombi-Verkehr innerhalb Österreichs, aber auch im Einzelwagenverkehr nach Koper. „Das System funktioniert in Österreich ganz gut“, bemerkt der Manager, ohne dabei auf den Hinweis zu vergessen, dass es in der Logistik ohne LKW ohnehin nicht geht. Auch wenn der LKW den Preis bestimmt, werden Transporte auf die Schiene verlagert, wenn es der Kunde wünscht und auch bezahlt.

Nein sagen nur in Ausnahmefällen
Ein Logistiker steht heute unter einem hohen Erwartungsdruck seitens der Kunden, die immer mehr Leistung zum möglichst gleichen Preis wollen. Kann ein Spediteur auch einmal Nein sagen? Jöbstl: „Ein klares Nein gibt es nur Ausnahmefällen. Wenn ein Kundenwunsch unrealistisch ist – im Sinne der Unerfüllbarkeit des potenziellen Auftrags und weniger in preislicher Hinsicht.“ Gemeinsam versuche man, die optimale Lösung zu finden. Ein Nein wäre wirklich nur der letzte Ausweg, weiß Jöbstl. Seine Vorstellung für die nächsten Jahre bis 2015 ist: „Wir möchten unsere Positionierung in den sechs Geschäftsbereichen stärken und gleichzeitig in neue Märkte hineingehen. Und selbstverständlich halten wir unaufhaltsam an unserem Umsatzziel, bis 2015 die eine Milliarde-Euro-Marke zu überschreiten, fest.“  (MT)

Logistik express Redaktion: Markus Trostmann

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