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Lebensmittelverschwendung: BMK steht bei rechtlichen Erleichterungen der Weitergaben auf der Bremse

Handel spendet jährlich 20.000 Tonnen Lebensmittel an Sozialmärkte und Tafeln. Gesetzlicher Rahmen erschwert Weitergabe. Heftige Kritik an BMK-Leak.

Lebensmittel sind kostbar und dürfen keinesfalls verschwendet werden. Daher setzt der Handel schon seit vielen Jahren freiwillige Initiativen, um Lebensmittelverschwendung zu vermeiden und die Weitergabe an Sozialorganisationen aktiv zu fördern. Supermärkte geben nicht mehr verkäufliche, aber noch genießbare Lebensmittel an Tafeln und andere Sozialeinrichtungen weiter. Maßnahmen, die in anderen europäischen Ländern gesetzlich vorgeschrieben werden mussten, sind in Österreich längst gelebte Realität.

Handel ist bei Lebensmittelspenden internationaler Vorreiter

„Wir sind im internationalen Vergleich ein absoluter Vorreiter und spenden 20.000 Tonnen Lebensmittel jährlich an soziale Organisationen. Darüber hinaus werden 10.000 Tonnen an nicht mehr verkäuflichen Lebensmitteln zur Futtermittelherstellung verwertet. Lebensmittel werden nur dann entsorgt, wenn sie nicht mehr für den Verzehr geeignet sind und auch nicht mehr zu Futtermitteln verarbeitet werden können“, bestätigt Handelsverband-Geschäftsführer Rainer Will.

Rainer Will Handelsverband

Seit 2017 melden die großen Lebensmittelhändler freiwillig, wie viele Lebensmittel konkret weitergegeben werden und welche entsorgt werden müssen. Seit der im Vorjahr verabschiedeten Novelle des Abfallwirtschaftsgesetzes müssen Händler auch einmal im Quartal verpflichtend melden, wie viele Lebensmittel sie weggeworfen haben und wie viele Lebensmittel gespendet wurde. Betroffen sind Lebensmittelhändler ab einer Verkaufsfläche von 400 m² bzw. fünf Verkaufsstellen, das sind rund 900 Unternehmen in Österreich.

Leak: Klimaschutzministerium spielt Bericht zur Lebensmittelweitergabe vorab an Medien

Die Meldungen des LEH erfolgen vierteljährlich. Der erste Bericht des Klimaschutzministeriums (BMK) für das vierte Kalenderquartal 2023 wurde nun allerdings nicht zunächst den betroffenen Händlern vorgelegt, sondern vorab ausgewählten Medien zugespielt.

„Zuerst werden unsere Händler gesetzlich verpflichtet, vierteljährliche Meldungen an das BMK zu schicken. Dann leakt das Klimaschutzministerium den Bericht vorab an ausgewählte Medien. Dabei liegt dem Ministerium seit Wochen ein rechtliches Gutachten vor, wonach die Veröffentlichung der Mengen nach Unternehmen – also nicht aggregiert – gegen den Datenschutz verstößt. Das Vorgehen des Klimaschutzministeriums, das bei rechtlichen Erleichterungen der Lebensmittelweitergabe seit Jahren selbst auf der Bremse steht, ist völlig inakzeptabel“, sagt Handelssprecher Rainer Will.

Gesamter Handel nur für 9% der Lebensmittelabfälle verantwortlich

Das Hauptproblem bei der Lebensmittelverschwendung liegt ohnehin anderswo: Laut den aktuellsten Zahlen stammen 58% der Lebensmittelabfälle aus privaten Haushalten und 19% aus der Gastronomie sowie von Großküchen. Im Vergleich dazu sind der gesamte Lebensmitteleinzelhandel und Lebensmittelgroßhandel nur für knapp 9 % verantwortlich. Daher braucht es endlich entsprechende Anreize und Sensibilisierungsmaßnahmen beim Endverbraucher. Eine wichtige Maßnahme wäre, den Kampf gegen Lebensmittelabfälle zum integralen Bestandteil der Lehrpläne zu machen.

Sozialeinrichtungen müssen finanziell und rechtlich gestärkt werden

Da die Verteilung von Lebensmitteln im öffentlichen Interesse liegt, sollte diese auch von staatlicher Seite weit stärker unterstützt werden. In Österreich passiert dies zurzeit nur in minimalem Ausmaß, der Großteil kommt von privaten Spendern. Die größten vier heimischen Lebensmitteleinzelhändler spenden Jahr für Jahr Waren in dreistelliger Millionenhöhe an die Sozialeinrichtungen. Durch verbesserte Bestellsysteme werden die abzuholenden Lebensmittel im LEH mengenmäßig immer kleiner, der Aufwand der Abholung für Tafeln und Sozialeinrichtungen ist für den Output aber vergleichsweise hoch.

Aus rechtlicher Sicht sind Tafeln und Sozialmärkte hierzulande als Inverkehrbringer zum Endkonsumenten zu sehen – mit allen lebensmittelrechtlichen Pflichten. Ihre Möglichkeiten, die Vorgaben hinsichtlich Qualitätskontrollen und Lebensmittelsicherheit einzuhalten, sind jedoch nicht mit jenen von Lebensmittelhändlern zu vergleichen. In Nachbarländern wie Italien gibt es daher die gesetzliche Regelung, dass Sozialorganisationen nicht für Mängel von Produkten haftbar gemacht werden können, die sie nach bestem Wissen weitergegeben haben. Eine ähnliche Lösung braucht es auch in Österreich.

Lösungsvorschläge liegen am Tisch: BMK steht bei rechtlichen Erleichterungen der Weitergabe auf der Bremse

Gefordert ist aber auch mehr Rechtssicherheit für Händler: In Österreich ist der Handel steuer- und lebensmittelrechtlich gezwungen, bei der Weitergabe von Lebensmitteln in einem Graubereich zu agieren. So müssen Lebensmittel vor der Weitergabe als Verderb deklariert werden, um die Vorsteuer anwenden zu können. Bedingung dafür wäre allerdings, dass die Waren nicht mehr verkäuflich/verkehrstauglich sind. Damit dürften sie aber auch nicht mehr über Sozialeinrichtungen in Verkehr gebracht werden. Dieser rechtliche Graubereich muss klarer geregelt werden, worauf der Handelsverband schon seit Jahren pocht.

Rückfragen & Kontakt:
Mag. Gerald Kühberger, MA
Pressesprecher
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gerald.kuehberger@handelsverband.at

Mag. Manuel Friedl
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