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Leinen los am Jade-Weser-Port

Ausgerechnet! Nach dem Desaster um die Eröffnung des neuen Berliner Großflughafens droht jetzt auch noch dem Jade-Weser-Port die öffentliche Blamage: Denn seit Anfang Juni steht fest, dass sich die für Anfang August geplante Eröffnung von Deutschlands erstem Tide unabhängigen Tiefwasserhafen aufgrund von  Baumängeln voraussichtlich bis Ende September verzögern wird. Die Investoren und Hafenbetreiber blicken dennoch optimistisch in die Zukunft.  Redaktion: Karin Walter

Die Planungen für den Jade-Weser-Port, Deutschlands erstem Tide unabhängigen Tiefwasserhafen, laufen seit Beginn des vergangenen Jahrzehnts. Etwa genauso lange wird bereits darüber diskutiert, ob der neue Hafenstandort in Wilhelmshaven dem Hamburger Hafen früher oder später einmal den Rang als führender deutscher Seecontainerumschlagplatz ablaufen könnte. Auch heute – etwa zwei Monate vor der ursprünglich geplanten Inbetriebnahme des Hafens – bleiben im Hinblick auf die Entwicklungsmöglichkeiten und die künftige Marktpositionierung des neuen deutschen Seehafens noch viele Fragen ungeklärt: Schließlich klaffen an den Spundwänden der Kaimauer des Hafens derzeit noch über 200 Risse – Baumängel, die die Hoffnungen auf eine rechtzeitige Eröffnung des neuen Hafens in den ersten Tagen des Monats Juni endgültig zunichte gemacht haben.
 
Fest steht zum jetzigen Zeitpunkt deshalb nur Eines: Auch nach der geplanten Elbvertiefung werden Containerschiffe, die den Hamburger Hafen ansteuern nur maximal 14,50 Meter in die Tiefe gehen können. Für die größten Containerfrachter der dänischen Reederei Maersk, die schon bald mit Kapazitäten von mehr als 18.000 TEU ausgestattet sein werden, könnte sich am Jade-Weser-Port dadurch über kurz oder lang die einzige Möglichkeit ergeben, einen deutschen Hafenstandort anzusteuern:  Denn mit seiner Fahrwassertiefe von 18 Metern und einer 23 Seemeilen kurzen Revierfahrt über die Jade wird der neue Tiefwasserhafen selbst für Großcontainerschiffe mit einer Länge von bis zu 430 Metern künftig Tide unabhängig und ohne Wartezeiten problemlos zu erreichen sein.
 
Zentrale Drehscheibe für Transitverkehre
Die günstigen infrastrukturellen Gegebenheiten erweisen sich in Wilhelmshaven als die wichtigsten Eckpfeiler für den Optimismus: Wenn es nach dem Willen der Investoren geht, soll sich der Jade-Weser-Port in nicht allzu langer Zeit bereits zu einer zentralen Container-Drehscheibe für Reedereien für nationale Landverkehre über Schiene und Straße sowie für europäische Seetransitverkehre entwickeln. Geplant ist zudem, einen bedeutenden Teil an europäischen Verteilerverkehren, insbesondere mit Skandinavien, den osteuropäischen EU-Ländern und Russland, abzuwickeln. Nach den Berechnungen des künftigen Hafenbetreibers Eurogate sollen am Jade-Weser-Port jährlich etwa 2,7 Mio. Standardcontainer pro Jahr umgeschlagen werden. Was die infrastrukturelle Entwicklung des neuen deutschen Hafenstandortes anbelangt, wurde in den vergangenen Monaten und Jahren auf jeden Fall schon einiges in Bewegung gebracht: Direkt hinter dem Terminal des Jade-Weser-Ports wird zurzeit ein 160 Hektar großes Güterverkehrszentrum (GVZ) inklusive Truck-Service- und Dienstleistungszentrum gebaut – inklusive einem leistungsfähigen Anschluss an die Verkehrsträger Bahn und Straße sowie die zahlreichen europäischen Feederschiffverbindungen. Landseitig ermöglicht die an das Terminal angrenzende Autobahn A 29 dem Güterverkehrszentrum einen Zugang zum deutschen Fernverkehrsstraßennetz. Eine 6-gleisige Anlage für den Kombinierten Verkehr und eine 16-gleisige Vorstellgruppe verbindet den Jade-Weser-Port mit dem Schienennetz.
 
Die Straßenanbindung des Hafens bis zur Hauptdeichlinie ist bereits abgeschlossen, sodass eine ampelfreie Zufahrt über die BAB 29 zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Terminals möglich ist. Ebenfalls fertig gestellt sind die 4 Kilometer lange Bahnzuführung sowie die Vorstellgruppe mit 16 parallelen Gleisen. Mitte des Jahres 2011 haben zudem die Bauarbeiten zur Herstellung einer durchgehend zweigleisigen Schienenverbindung zwischen Oldenburg und Wilhelmshaven begonnen. (WAL)

Quelle: Logistik express Print- und E-Paper Ausgabe 2-2012 

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