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Logistik gehört zum Kerngeschäft

Beim österreichischen Stahlhersteller Böhler-Uddeholm ist die strategische Logistik-Kompetenz im Haus. Outsourcing ist nicht der Weisheit letzter Schluss.

Rund eine Millionen Tonnen – und das meist in sehr kleinen Gewichtsgrößen und Mengen – hat der heimische Edelstahl- und Werkstoff-Hersteller Böhler-Uddeholm jährlich zu transportieren. Dazu kommt noch eine weitere Million auf der Beschaffungsseite. Was es zur Stahlherstellung braucht, sind Schrott, Legierungselemente wie Nickel und Chrom. Und natürlich Energie. „Wir schmelzen unseren Stahl mit Strom“, sagt Hubert Fratzl, Konzernleitung Supply Chain Management bei Böhler-Uddeholm. Und setzt gleich selbstbewusst nach: „Wir behaupten, den reinsten Stahl der Welt herstellen zu können.“ Während man sich in der Beschaffungslogistik zu den vier großen Produktionswerken in Österreich, Schweden, Deutschland und Brasilien von den Lieferanten frei Haus bedienen lässt, hat man die Logistik zu den vielen Tausend Kunden rund um den Globus lieber selbst im vollen Verantwortungsbereich.

„Die Logistik ist bei uns eine sehr wichtige strategische Kernkompetenz, die wir auch nicht aus der Hand geben“, betont Fratzl. Von der gesamten Wertschöpfung im Konzern entfallen rund 60 Prozent auf Entwicklung und Produktion von Werkzeugstahl, Schnellarbeitsstahl und Sonderwerkstoffe; 40 Prozent der Wertschöpfung entfallen auf Vertriebs-, Logistik- und Servicedienstleistungen rund um den Globus. Zum Kunden wird frei Haus geliefert und „selbstverständlich kann der Kunde auch selber die Waren abholen kommen, das stellt aber erhöhte Anforderungen an die Organisation.“ Dann kann es passieren, dass ein Selbstabholer mit seinem Porsche Cayenne kommt und das Stahlstück auf die lockere Art in den Wagen verfrachtet. Und dabei nicht bedenkt, wie schwer so ein Stück ist.

100 Servicezentren rund um den Globus
Diese 40 Prozent Wertschöpfung neben der eigentlichen Produktion sind viele sehr kundenorientierte Dienstleistungen wie beispielsweise das Fräsen, Bohren oder  Zuschneiden von Stahlstücken nach Kundenwunsch.  Selbst Spezialwärmebehandlungen werden für Kunden durchgeführt. Abgewickelt werden diese Dienstleistungen in fast 100 Servicezentren, die weltweit verstreut sind und über die man sehr eng mit den Kunden in den Ländern verbunden ist. Diese Servicezentren sind fest in der Hand des Konzerns, sprich: von der Lagerhaltung über value added Service bis zur Steuerung und Abwicklung der Logistik wird alles hier inhouse gemanagt. Beschickt werden die Servicezentren von den vier Produktionswerken in Europa und Brasilien aus. „Für die Überseetransporte bedienen wir uns logistischer Dienstleister, denn eigene Fuhrparks oder Logistik-Ressourcen außer den Servicezentren gibt es nicht“, sagt Fratzl.

Logistiker immer wieder auf die Probe stellen
Im November des Vorjahres wurden die Überseetransporte neu ausgeschrieben; von 12 potenziellen Anwärtern sind vier übrig geblieben, die jetzt dieses Geschäft erledigen. Fratzl: „Wir stellen unsere Logistikdienstleister immer wieder neu auf die Probe.“ Bei den Landtransporten setzt man gern auf kleine bis mittelgroße Lkw-Transportunternehmen, „weil deren Preis- und Leistungsverhältnis am besten passt.“ Bei der Bahn als Verkehrsträger ist der Manager gespalten. „Mit den Leistungen von Rail Cargo Austria in Österreich sind wir zufrieden und wir nutzen die Schiene beispielsweise für Nachtsprungverkehre zwischen unserem Lager in Wien und Kunden in West-Österreich.“ Im internationalen Verkehr schaut die Bahnwelt weniger schön aus.

Internationaler Bahnverkehr kaum wettbewerbsfähig
Der Vorteil Nachtsprung und Fahren am Wochenende geht im grenzüberschreitenden Verkehr verloren, weil hier die Leistungen der Bahnen schlichtweg nicht zufrieden stellend sind. Die Laufzeit sei zu lang, der Preis zu hoch. Dass durch die Liberalisierung die Bahnen besser werden, das könne man bei bestem Willen nicht beobachten. Sein Appell an die Bahnen: Sie sollten sich schleunigst anstrengen, sich besser und professioneller international zu vernetzen, sonst wird der Lkw weiterhin den Trumpf in der Hand behalten. Dennoch: Auch die straßenseitige Branche sollte sich nicht allein auf die Entgegennahme von Transportaufträgen beschränken, „sondern mit guten Ideen zu uns kommen, um gemeinsam die Supply Chain zu optimieren“, rät Fratzl. (MT)

Redaktion: Markus Trostmann

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