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Logistikimmobilie „Am Hafen 6“

Die Adresse der ehemaligen Schiffswerft Korneuburg ist aus der Sicht von Logistikern und Wirtschaftstreibenden ein Asset für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes Niederösterreich und darüber hinaus für den Großraum Wien.   Redaktion: Peter Baumgartner

Die Adresse der ehemaligen Schiffswerft Korneuburg ist aus der Sicht von Logistikern und Wirtschaftstreibenden ein Asset für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes Niederösterreich und darüber hinaus für den Großraum Wien. Der Bürgermeister der Stadt hat 2012 erklärt, er würde die seit zwanzig Jahren schlummernde Prinzessin gerne sofort wach küssen. Allein, er hat nicht viel zu plaudern, denn nach dem Ende der 151-jährigen Geschichte der (Staats)Werft wurde das 150.000 m2 große Areal in Bausch und Bogen an einen privaten Investor verkauft (manche sagen verschenkt). Der entscheidet also jetzt, was mit dieser Logistikimmobilie passiert.

Das hat den Steuerzahler aber nicht daran gehindert, seither weiter viel Geld in die Werft zu investieren. Bis 2005 wurden 166.000 Tonnen kontaminiertes Bodenmaterial entsorgt (Kosten: 20 Mio. Euro). Niederösterreich hat 400.000 Euro investiert, damit ein Kulturzentrum in der Werft entsteht, deren „problematische Clubbings“ (Bgm. Gepp) jedoch bald wieder eingestellt werden mussten. Trotzdem halten die Stadt und das Land vorläufig weiter an einer vornehmlich touristischen und Freizeit orientierten Nutzung der Werft fest (Stadterneuerungskonzept). Gleichzeitig wirbt die Stadt aber mit dem Industriepark Korneuburg West/Donau einschließlich Werftareal (insgesamt 30 Hektar) und hat bereits eine eigens für dieses Areal gedachte Autobahnabfahrt initiiert. Wenn der ganze öffentliche Aufwand und die Infrastrukturinvestitionen nicht allein für ein paar Kulturveranstaltungen gedacht sind, dann ist es wohl naheliegend, dass die Logistikimmobilie „Am Hafen 6“ für den Eigner langsam zur Goldgrube wird und der endlich die schlummernde Prinzessin wach küssen sollte.

Jedenfalls wird es langsam höchste Zeit, dass die vom Steuerzahler getätigten Investitionen wirtschaftsstimulierend wirken. Ein trimodaler Logistikstandort auf dem Werftareal sollte eigentlich außer Frage stehen. Zumal im österreichischen Infrastrukturbericht (FBA) die Schifffahrt in Österreich regelmäßig am schlechtesten abschneidet. Auf der Grundlage der befragten Wirtschaftsstrategen verlangt Future Business Austria immer wieder eine Gesamtstrategie für Österreich, und für den Bereich der Schifffahrt eben dessen bessere Nutzung und eine Verbesserung der Infrastruktur („Logistikhäfen“). Vorbehaltlich, dass die vom Report eingemahnten Mängel tatsächlich so richtig sind, immerhin beruhen sie auf der Befragung von 240 Logistikanwendern und Nutzern im Land.

Was die Nutzung der ehemaligen Schiffswerft angeht, sind auch Wirtschaftsvertreter der Ansicht, dass ein Logistikstandort wohl priorisiert werden sollte (Dr. Christian Moser/WKNÖ), um einen wirtschaftlichen Mehrwert zu erreichen. Zumal der nur 20 Kilometer entfernte Hafen Wien bereits werftvolle Wasserflächen verlanden muss, um Platz zu gewinnen, und entlang der Zufahrtsstraße Wohnbauten hinter hohen Betonmauern vor dem Lärm des Hafenverkehrs geschützt werden müssen. Warum es also im Sinne eines von der Wirtschaft geforderten Gesamtverkehrskonzeptes nicht längst Kooperationen zwischen Korneuburg und Wien gibt, konnte bisher noch nicht ermittelt werden.

Robert Groiss von WinCont Freudenau hat als Erklärung in der Frage angeboten, dass hier Bundesländergrenzen überschritten werden müssten. Was wohl kaum tatsächlich ein Problem sein sollte. Immerhin gibt es die Organisation Viennaregion (Wien, Niederösterreich, Burgenland), die genau solche Projekte auf den Weg bringen könnte. Die Chancen für einen intermodalen Donauraum sind dann gegeben, wenn zuerst Infrastruktur und Hinterlandanbindungen geschaffen werden, meint Theo Arendt von der Studiengesellschaft für den Kombiverkehr in Berlin. „Am Hafen 6“ kann als Logistikstandort an die glorreiche Vergangenheit anschließen und wesentlich zum Donauraum beitragen, wenn die Akteure endlich aus dem Dornröschenschlaf erwachen. (PB)

Quelle: LOGISTIK express Fachzeitschrift 3/2013

 

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