Pharmaindustrie entwickelt eigenständige Logistikkonzepte

Sparzwänge in den Gesundheitssystemen, verschärfte gesetzliche Vorschriften, sich ver-ändernde Kundenbedarfe oder Produktfälschungen erfordern hochflexible und sichere Lieferketten. Um den stetig wachsenden Ansprüchen gerecht zu werden, müssen sämtli-che Wertschöpfungsstufen in der pharmazeutischen Industrie und Logistik auf den Prüf-stand gestellt und laufend optimiert werden. Viele Unternehmen haben in punkto Opera-tional Excellence bereits Innovatives geleistet. Ein Branchenschwerpunkt beim 29. Deut-schen Logistik-Kongress der Bundesvereinigung Logistik Mitte Oktober in Berlin stellte diese Themen in den Mittelpunkt der Vorträge und Diskussionen.
 
Gestiegene Qualitäts- und Compliance-Anforderungen in der Pharmalogistik
Die Logistik in der Pharmabranche war lange Zeit kaum von Compliance-Anforderungen betroffen – im Gegensatz zu Bereichen wie Produktion oder Qualitätssicherung. Mittler-weile ist die Pharmalogistik aber umfangreichen gesetzlichen Reglementierungen unter-worfen. Gestiegene Ansprüche an Qualität und Sicherheit führten beispielsweise dazu, herkömmliche Planen-LKWs sowohl in der Intralogistik als auch in der Distribution durch speziell temperierte Fahrzeuge zu ersetzen. Ebenso wurde auf bestimmten Transporten der Einsatz von Datenloggern verpflichtend, um eine lückenlose Kontrolle von Tempera-turvorgaben zu ermöglichen. Stark zugenommen hat in den vergangenen Jahren ebenfalls die Zahl der Audits in der Pharmaindustrie, wovon auch die Logistik betroffen ist. Aus-schlaggebend dafür ist, dass fast jedes Land, in das Produkte versandt werden, über eigene Vorschriften verfügt und somit Kontrollen durchführt. 
 
Optimierte Supply Chain durch den Pharmagroßhandel
Der Pharmagroßhandel ist als Bindeglied zwischen Hersteller und Patient speziellen logis-tischen Marktanforderungen ausgesetzt. Vom Endkunden in der Apotheke nachgefragte Produkte müssen sofort oder innerhalb kürzester Zeit verfügbar sein. Um zudem die flä-chendeckende Versorgung mit pharmazeutischen Produkten zu gewährleisten, sind be-sonders leistungsfähige logistische Strukturen und Prozesse notwendig. Vor dem Hinter-grund zunehmend unter Druck stehender Gesundheitssysteme mit sinkenden Gewinn-margen ist Kostensenkung eine zusätzliche Herausforderung für die Pharmalogistik.
 
Die Celesio AG entwickelte verschiedene Ansätze, um auf diese Herausforderungen inno-vativ zu reagieren. Auf dem französischen Markt etablierte der Pharmagroßhändler aus Stuttgart ein umfassendes Netzwerk von regionalen und lokalen Verteilerniederlassungen, die auch selten nachgefragte Medikamente über Nacht zur Verfügung stellen. Apotheken und Apothekenketten bietet Celesio zudem eine IT-Lösung zur Nachfüllung des Warenbestandes. Die so erreichte Optimierung des gebundenen Kapitals und die Verfüg-barkeit bestimmter Artikel senkt nicht nur Kosten der Apotheken, sondern auch die des Großhandels.
 
Mehr Sicherheit in der Lieferkette durch Serialisierung
Auch die Absicherung von Lieferketten spielt für die Compliance eine stetig wachsende Rolle. Der wachsende Onlinehandel mit gefälschten Medikamenten, die in die legale Lie-ferkette von Handel und Apotheken eingeschleust werden, stellen die Pharmalogistik vor wachsende Herausforderungen. Indien ist eines der Länder, das alle für den Export be-stimmten Medikamente durch individuelle Identifikationsnummern serialisiert. Diese kön-nen somit über die gesamte Supply Chain bis hin zum Hersteller zurückverfolgt werden, wodurch deren Echtheit garantiert ist.
 
Das Software- und Technologieunternehmen PharmaSecure erarbeitet umfangreiche Serialisierungslösungen für indische Pharmaunternehmen, indem es eine direkte Verbin-dung zwischen Produzent und Verbraucher herstellt. Der Konsument am Ende der Liefer-kette hat die Möglichkeit, durch das einscannen von QR-Codes auf der Medikamentenpa-ckung die Echtheit des Produkts selbst zu überprüfen.
 
Wachsende Märkte in Osteuropa und Russland
Die pharmazeutische Industrie in den osteuropäischen Staaten und Russland wächst jährlich zwischen sieben und 20 Prozent. Durch die EU-Osterweiterung eröffnen sich westeuropäischen Unternehmen beste Möglichkeiten für Kooperationen und die Ausdeh-nung ihrer Geschäftstätigkeit. Das Wachstum der Pharmaindustrie im Osten wird jedoch von Entwicklungen begleitet, auf die die Pharmalogistik passende Antworten finden muss, um langfristig erfolgreich operieren zu können. Péter Kiss, Präsident der ungarischen Lo-gistikvereinigung und vormals Head of SCM and Logistics bei Mylan Hungary, nennt mit Unsicherheiten in der Regulierung des Marktes, unterschiedlich gut ausgebauten Trans-portwegen und der Bevorzugung nationaler oder regionaler Unternehmen nur einige der logistischen Herausforderungen. Hinzu kommt, dass die Auswirkungen der Finanzkrise nur schwer abzuschätzen sind – ob die Bevölkerung primär beim Konsum von Lebensmitteln oder pharmazeutischen Erzeugnissen sparen wird, bleibt noch abzuwarten. Kiss‘ Rat: Wer auf gute Geschäfte mit Osteuropa hofft, muss auch bereit sein, vor Ort zu investieren. 

Quelle: BVL
 

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