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Post forciert Pharma-Logistik

Österreichs Post breitet sich im Pharma-Geschäft strategisch weiter aus und sieht sich auf dem österreichischen Heimmarkt gut verankert. Logistik-Express sprach mit Post-Logistik-Vorstand Peter Umundum über E-Commerce und die Chancen der Post, davon zu profitieren.  Redaktion: Logistik express

Die Österreichische Post AG hat Mitte des Jahres internationale Aufmerksamkeit mit der Ankündigung auf sich gezogen, sich beim deutschen Pharma-Großhändler AEP mit einer 40-Prozent-Beteiligung einzuklinken. Was auf dem ersten Blick nicht so verständlich erscheint, wird beim zweiten Blick allerdings sehr plausibel: AEP startet im vierten Quartal dieses Jahres sein Geschäft und beliefert Apotheken deutschlandweit einmal täglich mit Pharma-Produkten. Als Logistiker hinter AEP agiert trans-o-flex mit seinen speziell für die Pharma-Industrie zugeschnittenen Logistik-Dienstleistungen. Hinter der deutschen trans-o-flex wiederum steht die Österreichische Post als 100-Prozent-Eigentümer. Damit wird der AEP-Einstieg verständlich und Peter Umundum, Logistik-Vorstand der Österreichischen Post AG, erklärt das so: „AEP ist ein neuer Kunde von trans-o-flex und wir glauben, dass wir mit unserem Investment bei AEP richtig liegen“, so der Manager gegenüber Logistik-Express.

Trans-o-flex zeigt in Deutschland in der Pharma-Logistik kräftig Flagge und „wir sind auf dem richtigen Weg, allerdings könnte die Ergebnisentwicklung schneller vorankommen“, so Umundum. Die Pharma-Logistik ist eine strategische Stoßrichtung der Post, die sich mit trans-o-flex in den Niederlanden und Belgien aber nicht gerade gelohnt hat und schließlich dazu führte, dass beide Landesgesellschaften wieder abgestoßen worden sind. „Wir hatten dort Firmen mit zu geringem Marktanteil im Portfolio“ und daher sei es besser gewesen, das Benelux-Abenteuer so schnell wie möglich konsequent zu beenden.
So konsequent wie es zum Führungsstil des 49jährigen im steirischen Knittelfeld gebürtigen Managers gehört, der als studierter Informatiker den beruflichen Weg von der österreichischen Bierbrauerei Steirerbrau AG über die Rolle des IT-Leiters bei der Styria Medien AG zur Österreichischen Post gefunden hat. Mit der Logistik kam Umundum 1999 als Mitbegründer des Brieflogistikers redmail in Berührung. Später wurde er in die Geschäftsführung der großen österreichischen Tageszeitungen „Die Presse“ und „Kleine Zeitung“ berufen, wo er feststellte, dass Printmedien in Zukunft nicht ohne multimediale Angebote auskommen werden. Als Medienmanager hat er auch die Erfahrung gemacht, dass es noch nicht gelungen ist, das Print-Erlösmodell auf online zu übertragen.

Als Logistiker bei der Post sieht er sich in der Rolle des Säenden und Erntenden. Der Einstieg bei AEP ist ein solches Beispiel für Säen, wie sich die Saat entwickelt, muss sich erst weisen. Unter Ernten fällt beispielsweise die zufriedenstellende Entwicklung in der Paketlogistik in Österreich. „Wir sind die erste Wahl für unsere Kunden“, lautet das Mission-Statement des österreichischen Post-Konzerns. „Wir haben das Gefühl, dass wir das auf unserem Heimmarkt Österreich auch sind und wir auf eine sehr große Kundenbindung verweisen können“, ist sich Umundum sicher.

Die Ernte eingefahren wird sowohl im B2B als auch B2C-Bereich. Auf der B2C-Schiene ist Österreichs Post mit einem Marktanteil von 75 Prozent eindeutig der Platzhirsch. Beim B2B-Geschäft, in dem „wir im Jahr 2008 bei Null begonnen haben, halten wir zurzeit rund 22 Prozent des Marktes.“ Tendenz weiter steigend. E-Commerce boomt nach wie vor in Österreich und in Europa, und Prognosen gehen von jährlichen Zuwachsraten von fünf Prozent aus. In der Türkei, wo sich die Österreichische Post erst jüngst beim Logistiker Aras Kargo mit 25 Prozent beteiligt hat, beflügeln jährliche Wachstumsprognosen von 10 Prozent die Gedanken der 5.000 Postbediensteten, die unter Umundum in der Paket-, Wert- und Kontraktlogistik werken und von denen der Manager vollen Einsatz erwartet. „Ich fordere meine Mitarbeiter, führe kooperativ und erwarte mir Meinungen mit fundierten Argumenten“, sagt Umundum und fügt im gleichen Atemzug hinzu, „dass wir vor Ort gute Leute haben, die gut managen.“

Zu etwa 50 Prozent stellt die Post auf der letzten Meile Briefe und Pakete gemeinsam zu. 90 Prozent aller Sendungen erreichen den Empfänger bereits beim ersten Zustellversuch, wobei täglich bis zu 4,3 Mio. Firmen und Haushalte bedient werden. 65 Mio. Pakete wurden im Vorjahr ausgetragen, das seien mehr als je zuvor gewesen. Das immer stärker werdende Geschäft im E-Commerce und die „großen aus Deutschland kommenden Mengen“ bedingen die Anpassung der Produktionskapazitäten und Entwicklung neuer Produkte. Mit automatisierten Lösungen und Innovationen will die Post ihre Kunden noch stärker an sich als Logistik-Dienstleister binden. Beispiele dafür sind Post-Versandbox, Frankier-Automat, Post-Empfangsbox, Benachrichtigung neu und Post24/Abholversand. Über 3.000 Empfangsboxen stehen in ganz Österreich bereit, wo die Empfänger in der Nähe ihrer Wohnung Pakete bequem zu jeder Tages- und Nachtzeit abholen können. Bis Jahresende werden es 5.000 sein. „Nicht allein den Versender müssen wir fest im Auge haben, sondern zunehmend auch den Empfänger“, betont der sportlich wirkende Post-Vorstand. Wenn neben der arbeitsreichen Woche noch Zeit bleibt, läuft Umundum los. Jogging ist für den Marathonläufer ein guter Ausgleich zum Logistikjob.

In den Ländern Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Montenegro, Bosnien-Herzegowina und Türkei schlummert noch großes Potenzial für das B2C-Geschäft. In diesen Ländern hat sich die Post mit B2B schon einen Namen gemacht, und jetzt will man sich auch bei der B2C-Zielgruppe als qualifizierter Dienstleister in den Vordergrund rücken. In diesen Ländern zieht der private Konsum an und das stimuliert den E-Commerce-Handel, der wiederum ohne leistungsfähigen B2C-Logistiker im Hintergrund nicht auskommt. Der Paketumsatz pro Person liegt in Österreich derzeit bei 69 Euro, in Norwegen und Schweden bei deutlich über 200 Euro und in der Türkei bei noch vergleichsweise bescheidenen 11 Euro, so eine Studie von AT Kearney. In Kroatien, der Slowakei und Ungarn zeichnen sich schöne Zuwachsraten bei B2C ab, weil der private Konsum steigt. Es sind heute längst nicht mehr nur die klassischen Internet-Händler wie Amazon und Co., die beachtliche Sendungsvolumina hervorbringen, sondern auch Unternehmen aus dem traditionellen Handelsgeschäft, die neben dem Straßengeschäft ihre Produkte über ein Online-Portal verkaufen und dafür einen Logistiker brauchen und sich in diesem Fall für die Post als B2CPartner entscheiden, so die Hoffnung der Postler. Der Pro-Kopf-Umsatz im E-Commerce-Handel liegt in Österreich aktuell bei 378 Euro pro Jahr. Tendenz weiter steigend. Gegenüber dem Jahr 2007 hat er um 40 Prozent zugelegt, so die belegbare Entwicklung. Bis zum Jahr 2016 wird der E-Commerce-Markt in Österreich um 9 Prozent auf annähernd fünf Mrd. Euro steigen. Die Top 250 unter den Internet-Händlern haben im Jahr 2011 einen Umsatz von knapp mehr als zwei Mrd. Euro erwirtschaftet. Das geht aus Berechnungen des EHI Retail Institute hervor. Für die nahe Zukunft will die Post die Wertschöpfungskette weiter vertiefen und die Internationalisierung weiter vorantreiben. International ist das Geschäft freilich jetzt schon, weil „große Mengen von Deutschland nach Österreich kommen“. Wertschöpfung vertiefen heißt in der Post-Sprache, das Profil bei der Distribution und bei Logistik-Services wie beispielsweise Warehousing, Kommissionierung, Fulfillment oder andere Dienstleistungen noch stärker zu schärfen.

Für diese Tätigkeiten hat die Österreichische Post den Dienstleister „Systemlogistik“ im Hintergrund, der auf seinen zwei Wiener Standorten maßgeschneiderte Logistik-Dienstleistungen als Ergänzung zum Paketgeschäft Webshop-Logistik, Lagerhaltung, Filialbelieferungen und Retouren- und Entsorgungslogistik bewerkstelligt. Auf der Kundenliste stehen so prominente Namen wie Nespresso, Bständig, Wiener Städtische oder Wein & Co. Systemlogistik beschäftigt 100 Mitarbeiter und erwirtschaftet einen Jahresumsatz von vier Mio. EUR. 35.000 Picks pro Tag, Platz für 10.000 Paletten, 1 Mio. transportierte Pakete und 50.000 Paletten pro Jahr sind weitere Kennzahlen dieser 100prozentigen Postfirma.

Ohne Innovationen schaut man im B2C-bzw. E-Commerce-Geschäft heutzutage schnell alt aus, wissen die Post-Verantwortlichen. Die Kunden, die via Internet einkaufen, erwarten Auswahl bei den Zahlungsmöglichkeiten, einfache Retourenabwicklung, kostenlose und schnelle Lieferung, zeitdefinierte Zustellung und Online-Tracking & Tracing, um nur einige Beispiele zu nennen. Das sogenannte Fulfillment in elektronischer und logistischer Hinsicht ist kauf(mit)entscheidend. Hatte die Post im Jahr 2007 einiges an Geschäft an den deutschen Konkurrenten Hermes verloren, so ist der scharfe Konkurrent von gestern der Post-Kunde von heute. Die Post liefert sowohl nationale als auch internationale Hermes-Pakete an die Empfänger aus. (AT)

Quelle: LOGISTIK express Fachzeitschrift 4/2013

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