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Schwächere Nachfrage nach Investitionskrediten

Österreich-Ergebnisse der euroraumweiten Umfrage über das Kreditgeschäft vom April 2023 (Bank Lending Survey).

Für das erste Quartal 2023 meldeten die heimischen Banken eine neuerlich gesunkene Nachfrage von Unternehmen nach Investitionskrediten. Somit ist sie bereits seit Mitte 2022 rückläufig. Hintergrund ist die konjunkturelle Eintrübung infolge der globalen wirtschaftlichen und politischen Verwerfungen sowie das höhere Zinsniveau. Erstmals seit Ende 2021 ist auch die Kreditnachfrage zur Finanzierung von Lagerhaltung und Betriebsmitteln nicht mehr deutlich gestiegen. Das dürfte mit dem Auslaufen der Lieferkettenengpässe in Zusammenhang stehen. Die Nachfrage nach privaten Wohnbaukrediten ist im ersten Quartal 2023 abermals gesunken. Der Rückgang ist aber moderater ausgefallen als in den beiden Quartalen davor, in denen die Nachfrage überaus stark eingebrochen war. Die gestiegenen Zinsen und die unsichere Wirtschaftslage sind die wesentlichen Gründe für diese Entwicklung. Angebotsseitig wurden die bankinternen Richtlinien für Unternehmenskredite im ersten Quartal 2023 nur mehr leicht verschärft, jene für Wohnbaukredite blieben weitgehend unverändert. Das zeigen die Ergebnisse der vierteljährlichen Umfrage der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) über das Kreditgeschäft, in der führende Banken nach ihren Einschätzungen gefragt werden. Die aktuelle Umfrage wurde in der zweiten Märzhälfte 2023 durchgeführt.

Kreditgeschäft mit Unternehmen: Nachfrage nach Investitionskrediten sinkt seit Mitte 2022.
Für das erste Quartal 2023 meldeten die heimischen Banken, dass die Kreditnachfrage von Unternehmen insgesamt etwas gesunken ist. Bereits im vierten Quartal 2022 ist ein über eineinhalb Jahre dauernder Trend einer insgesamt steigenden Nachfrage zu einem Halt gekommen. Im Detail zeigen sich aber differenzierte Entwicklungen. Die Nachfrage nach langfristigen Krediten ist bereits seit einem halben Jahr rückläufig, die Nachfrage nach kurzfristigen Krediten ist im ersten Quartal 2023 hingegen noch gewachsen, wenn auch schwächer als in den Quartalen zuvor. Im Ausblick auf das zweite Quartal 2023 erwarten die an der Umfrage teilnehmenden Banken kaum Änderungen bei der Kreditnachfrage.

Vom vierten Quartal 2021 bis zum vierten Quartal 2022 war der Finanzierungsbedarf für Lagerhaltung und Betriebsmittel der dominierende Grund für den Anstieg der Nachfrage nach Krediten, insbesondere nach kurzfristigen Krediten. Im ersten Quartal 2023 ist er aber kaum noch als expansiver Faktor der Nachfrage in Erscheinung getreten. Das dürfte mit dem Auslaufen der Lieferkettenengpässe in Zusammenhang stehen. Der Finanzierungsbedarf für Anlageinvestitionen hat sich seit Ende 2021 deutlich schwächer entwickelt als jener für Lagerhaltung und Betriebsmittel und ist bereits seit dem dritten Quartal 2022 rückläufig.

Diese Entwicklungen sind eine Folge der globalen wirtschaftlichen und politischen Verwerfungen (Krieg in der Ukraine, Lieferkettenprobleme, Preisschocks, Abkühlung der Weltkonjunktur) sowie des höheren Zinsniveaus. Die Lieferkettenprobleme haben einen vorsorglichen Aufbau der Lagerbestände erfordert; die Engpässe haben sich inzwischen aber weitgehend aufgelöst. Umfassende Preissteigerungen haben generell den Liquiditätsbedarf der Unternehmen erhöht. Andererseits wirken Unsicherheit, Preisauftrieb und die Abkühlung der globalen Konjunktur dämpfend auf die Nachfrage nach langfristigen Krediten, weil Investitionen zurückgenommen oder verschoben werden.

Die Banken haben ihre Angebotspolitik für Unternehmenskredite seit dem zweiten Quartal 2022 umfassend verschärft – hauptsächlich aufgrund einer ungünstigeren Risikoeinschätzung. Die bankinternen Kreditrichtlinien wurden nach und nach strenger. Die Margen wurden bis zum vierten Quartal 2022 schrittweise erhöht, blieben im ersten Quartal 2023 aber weitgehend auf dem Niveau des Vorquartals.

Private Wohnbaukredite: Nachfrage weiterhin rückläufig.
Nach dem überaus starken Rückgang im dritten und vierten Quartal 2022 meldeten die Banken, dass die Nachfrage nach Wohnbaukrediten im ersten Quartal 2023 abermals gesunken ist, aber moderater als zuvor. Für das zweite Quartal 2023 gehen die befragten Banken von einer weitgehend unveränderten Nachfrage (auf niedrigem Niveau) aus. Mit dem Einbruch im zweiten Halbjahr 2022 ging eine lange Phase steigender Kreditnachfrage abrupt zu Ende. Als wesentliche Gründe für den Nachfragerückgang wurden die gestiegenen Zinsen und die unsichere Wirtschaftslage genannt. Kredite sind teurer und weniger leistbar geworden, insbesondere im derzeit schwierigen Umfeld mit hoher Inflation und schwacher Konjunktur.

Angebotsseitig blieben die bankinternen Richtlinien und die Margen für Wohnbaukredite im ersten Quartal 2023 weitgehend unverändert. Die Richtlinien wurden zuletzt im dritten Quartal 2022 verschärft. Die Margen wurden seit 2021 kaum geändert.

Die Zentralbanken des Euroraums – in Österreich die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) – führen gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank (EZB) seit Anfang 2003 viermal jährlich eine Umfrage über das Kreditgeschäft im Euroraum durch, um ihren Informationsstand über das Kreditvergabeverhalten der Banken, die Kreditnachfrage von Unternehmen und privaten Haushalten, sowie sonstige die Geldpolitik betreffende Themen zu verbessern. Dabei werden rund 160 führende Banken aus allen Ländern des Euroraums befragt, darunter acht Institute aus Österreich. Eine ausführliche Darstellung der österreichischen Ergebnisse wird in der nächsten Ausgabe der OeNB-Publikationsreihe Statistiken – Daten & Analysen und vorab auf der OeNB-Website veröffentlicht.

Dort finden sich auch weitere Informationen und Daten zu den Österreich-Ergebnissen der Umfrage (https://bit.ly/3Hofd8P). Die Resultate für den Euroraum werden von der EZB auf ihrer Website publiziert (https://bit.ly/3Hr0kCv).

Rückfragehinweis:
Oesterreichische Nationalbank
Dr. Christian Gutlederer
Pressesprecher
(+43-1) 404 20-6900
christian.gutlederer@oenb.at
www.oenb.at

Quelle: APA / OTS

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