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Starker Franken verhagelt die Bilanzen

Weniger Aufträge und starker Franken verhageln Schweizer Unternehmen die Bilanzen. Nur wenige Transport- und Logistikunternehmen betreiben ein professionelles Hedging. Kosten senken ist auf der Hochpreisinsel angesagt. Erst vor kurzem noch dominierten Meldungen über Fahrermangel, nachhaltige Logistik und Corporate Responsibility die Fachmedien.  Jetzt machen Stellenabbau, längere Arbeitszeiten und Entlohnung in Euro Schlagzeilen. Die Weltkonjunktur lahmt seit Jahresmitte. Der Schweizer Export fällt aufgrund des teuren Franken. Immer mehr LKW fahren von der Schweiz leer zu den Seehäfen der Nordrange.

Der Luftfahrt-Dienstleister Jet Aviation will am Flughafen Basel-Mulhouse 200 bis 300 Stellen streichen. Rund 60 Prozent der Mitarbeitenden von Jet Aviation am Euro-Airport Basel-Mulhouse sind Grenzgänger aus Frankreich, weitere etwa 20 Prozent kommen aus dem benachbarten Deutschland. Der Anteil der Schweizer Mitarbeitenden beträgt höchstens 10 Prozent. Jet Aviation ist am Flughafen einer der größten Arbeitgeber. Schweizer Einzelhandelsgeschäfte entlang der Grenze bauen ebenfalls Personal ab, da immer mehr Schweizer Kunden in Deutschland, Frankreich oder Österreich in Euro einkaufen gehen.

Interne Abwertung
Verschiedene Hersteller, darunter die Chemiehersteller Lonza und Ems, die Küchen- und Gastronomietechnik-Gruppe Franke und der Technologiekonzern Bühler, haben die Wochenarbeitszeit erhöht. Andernorts wird über eine Entlohnung der so genannten Grenzgänger in Euro diskutiert. Allerdings ist fraglich, ob sich dies mit Anti-Diskriminierungsgesetzen vereinbaren lässt.

Von Schindler über Holcim bis Lindt & Sprüngli verhagelt der starke Franken Firmen die Bilanzen. Und die Hersteller machen entsprechend Druck auf ihre Lieferanten und Dienstleister. Die Schweizer Transport- und Logistikbranche ächzt. Auch in ihren Bilanzen hinterlässt der starke Franken Spuren. Kühne + Nagel hat im 1. Halbjahr 2011 auf allen Stufen negative Währungseffekte von bis zu 15 Prozent hinnehmen müssen. Dennoch verbesserte sich der Reingewinn um 11 Prozent (währungsbereinigt sogar um 26,7 Prozent) auf 312 Mio. CHF. Das Betriebsergebnis (EBITDA) stieg um 5,7 Prozent (währungsbereinigt um 20,4 Prozent) auf CHF 502 Mio. an, während der Umsatz mit CHF 9.786 Mio. währungsbedingt leicht unter Vorjahresniveau lag. Auch der Transport- und Logistikkonzern Panalpina meldete einen gestiegenen Bruttogewinn. Währungsbereinigt lag der Zuwachs bei 10 Prozent.  Die Mehrheit der Transport- und Logistikfirmen in der Schweiz sind jedoch KMU, veröffentlichen keine Zahlen und sind medienscheu. Sie wollen nicht zitiert werden, wenn über Kostensenkungen als Mittel gegen die Frankenstärke diskutiert wird.

Kein professionelles Hedging
Bei vielen dieser Firmen fehlt ein professionelles Hedging. Sie sichern Fremdwährungsgeschäfte nicht ab. Der Schweizer Anteil an den Kosten ist größer als beim Absatz. Zudem ist die Transport- und Logistikbranche margenschwach. Die meisten Firmen verfügen über keine Preissetzungsmacht. Entsprechend können Währungseinflüsse kaum über eine Reduzierung der Rentabilität aufgefangen werden. Hält die Gewinnschmälerung an, wird dies die Investitionstätigkeit beeinträchtigen und im schlechteren Fall Firmen in die Verlustzone führen. Allerdings wird beim Wehklagen über den starken Franken vergessen, dass Kostensenkungen und Produktivitätssteigerungen Daueraufgaben jedes Unternehmens sind. Zudem steigert der starke Franken die Kaufkraft der Schweizer Firmen im Ausland. Sie können Rohstoffe und Halbfertigprodukte billiger beschaffen, zu günstigeren Bedingungen im Ausland Standorte ausbauen oder Firmen akquirieren. Dies eröffnet auch neue Möglichkeiten für ihre Transport- und Speditionsdienstleister. 

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