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Terminal Inzersdorf bekommt Profil

Die ÖBB bauen in Inzersdorf ein neues Güterverteilzentrum, das 2018 in Betrieb gehen soll. Auf den neuen Standort wird das Gütergeschäft verlagert, das heute auf mehreren Standorten in Wien verteilt ist.

Es ist definitiv beschlossene Sache, dass die Österreichischen Bundesbahnen in Inzersdorf südlich von Wien einen neuen Güterterminal hochziehen. Für das mehr als 300 Mio. Euro teure Projekt laufen die Planungen jedenfalls auf Hochtouren. Allein die Planungen kosten 11 Mio. Euro und sollen bis 2011 abgeschlossen sein. Derzeit läuft das Ausschreibungsverfahren und Ende dieses Jahres wird das Projekt zum Umweltverträglichkeitsverfahren eingereicht, kündigt Bettina Gusenbauer, Sprecherin der ÖBB Infrastruktur AG gegenüber dem Logistik express an. Wenn alles glatt geht, sollen 2012 die Baumaschinen auffahren und mit dem Bau beginnen. Auf einer Fläche von 50 Hektar entsteht dort ein Terminal, der alle Stückeln spielt und der 400 Menschen einen Arbeitsplatz bieten wird. Das Projektgebiet befindet sich in den Bundesländern Wien und Niederösterreich an der Schnittstelle zwischen der Pottendorfer Linie und der Schnellstraße S1, die den Anschluss an das vorhandene hochrangige Straßennetz darstellt.

Die ÖBB Infrastruktur AG baut den Terminal und danach  soll Rail Cargo Austria (RCA) dort wirtschaften. Das soll 2018 sein, wenn die Anlage fertig ist und RCA ihr, derzeit auf verschiedene Wiener Standorte aufgesplittertes, Gütergeschäft auf Inzersdorf konzentriert. „Inzersdorf wird ein multifunktionaler Terminal, wo klassisches Güterumschlagsgeschäft und hochwertige Kontraktlogistik-Dienstleistungen abgewickelt werden. Er ist auch eine Umschlagsplattform für den Wagenladungsverkehr“, betont RCA-Sprecher Christian Wenzl. Der Güterverkehr im Wiener Raum wird in den nächsten Jahren weiter steigen, das ist so sicher wie das Amen im Gebet. RCA wird den Kontraktlogistikbereich vom Nordwestbahnhof und von Hirschstetten nach Inzersdorf verlagern. Der Nordwestbahnhof als Bahnhof hat ein Ablaufdatum und daher ist Inzersdorf als Ersatz gedacht. Das gilt besonders für den Güterumschlag im Kombinierten Verkehr, also zwischen Schiene und Straße.

Wien hat bereits einen leistungsfähigen Kombi-Terminal im Wiener Hafen Freudenau, wo jährlich bis zu 500.000 TEU (20-Fuß-Container) umgeschlagen werden können. Im ersten Halbjahr dieses Jahres sind dort 145.000 TEU manipuliert worden. 2009 waren es insgesamt 291.000 TEU. Das waren Import-Container, die aus Übersee nach Wien gekommen sind oder umgekehrt Export-Container aus Österreich, via Freudenau zu Europas Nordhäfen befördert wurden.

Aus der Sicht von RCA kann Wien zwei Kombi-Terminals brauchen, einen für das maritime Geschäft in Freudenau und den zweiten in Inzersdorf für den kontinentalen Kombi-Verkehr: Damit sind jene Container gemeint, die innerhalb Europas verschickt werden. Machen sich diese beiden Terminals in Zukunft nicht gegenseitig Konkurrenz, ist eine Frage, die in der heimischen Transportwirtschaft schon eifrig diskutiert wird. Seitens ÖBB Infrastruktur wird beruhigt: „Inzersdorf ist als Ergänzung zur Freudenau gedacht“, betont Wenzl. Anders sieht das Walter Edinger, Geschäftsführer des Terminalbetreibers WienCont im Hafen Freudenau. Er schaut mit gemischten Gefühlen nach Inzersdorf und stellt die Frage, wie denn die Verlinkung zwischen maritimem und kontinentalem Kombi-Verkehr zwischen beiden Standorten klappen soll. „Diese Verkehre kann man nicht einfach auf zwei Terminals aufteilen“, gibt der Manager zu bedenken. Ein Shuttle-Verkehr zwischen Inzersdorf und Freudenau wäre zwar technisch möglich, erscheint aber aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht sinnvoll, weil ein zusätzliches Handling den Kombi-Transport empfindlich verteuern würde. Was wiederum die Gefahr in sich birgt, dass Ladung an die Straße verloren geht. Edinger sagt ganz klar: „Ich fürchte mich vor den Überkapazitäten ab 2018.“ Ähnliche Bedenken hat man beim Spediteur DB Schenker. „Nach unserer Einschätzung ist es nicht sinnvoll, den Kombi-Verkehr auf zwei Standorte aufzuteilen“, lässt dessen Management wissen. Es wäre vernünftiger, einen Standort professionell auszubauen, um die Ressourcen an einem Standort zu bündeln. Den Kombi-Verkehr auf zwei Standorte aufzuteilen, werde sich nach Einschätzung von Elmar Wieland, Chef von DB Schenker a la longue nicht halten lassen. Vermischen sich die Tätigkeiten auf beiden Terminals, wäre eine Konkurrenzierung die Folge.   (MT)

Logistik express Redaktion: Markus Trostmann

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