Viertes Fachforum Projektlogistik versammelt 150 Experten im Haus der Bremischen Bürgerschaft

Foto PM 16.01.2018Inwiefern beeinflusst der Musik-Streaming-Dienst Spotify Akteure der Logistikbranche? Und welche Konsequenzen werden daraus gezogen? Dies war eines der vielen Themen beim vierten Fachforum Projektlogistik, zu dem die Bremische Hafenvertretung am 15. Januar 2018 Vertreter der Projekt- und Schwergutbranche in die Hansestadt eingeladen hatte.

150 Experten aus ganz Deutschland waren zu der mittlerweile etablierten Veranstaltung in den lichtdurchfluteten Festsaal der Bremischen Bürgerschaft gekommen, um über aktuelle Trends und Entwicklungen in der XXL-Logistik zu erfahren und zu diskutieren. Im Fokus stand dabei die Digitalisierung, die auch für die Logistiker bald nicht mehr nur ein Zukunftsthema ist, sondern schon heute in vielen großen Unternehmen einen festen Platz hat.

„Rekordbeteiligung!“ freute sich Klaus Platz, Geschäftsführer der Bremischen Hafenvertretung bei seiner Begrüßung über den Teilnehmerzuspruch. Nicht nur das Fachforum bringe die erhebliche Bedeutung von Breakbulk und High & Heavy für die Bremischen Häfen zum Ausdruck. „Dass Bremen der umschlagsstärkste deutsche Breakbulk-Hafen ist, macht auch die Wahl Bremens als diesjährigen Veranstaltungsort für die weltweit größte Breakbulk-Messe mit mehr als 7.500 erwarteten Teilnehmern deutlich,“ so Platz. Fast als Vorbereitung auf die Branchen-Leitveranstaltung im Mai war somit die Logistiktagung zu sehen, die mit Vorträgen und Diskussionsrunden unterschiedliche Einblicke auf die Branche bot und natürlich auch dem Austausch und Netzwerken diente

Trendwandel in der Schifffahrt
Wie unterschiedlich die Perspektiven sind, wurde beim Thema Schifffahrt offensichtlich, die vom Trendwandel geprägt ist. So erläuterte der Frachtmakler Gabriele Carruba von THB Shipping and Logistics, dass die Projektladung, die früher mit teuren Multipurpose-Frachtern verladen wurde, verstärkt auf den schnelleren und günstigeren Massengutschiffen transportiert werde. Statt früher nur eine Ladungsart, werde auf den Bulkschiffen nun unterschiedliche Ladung kombiniert. Für den Betreiber eines Bulkcarriers ist die gemischte Ladung zwar mit akkurater Stauung verbunden, oftmals aber interessanter, weil die Risiken sich verteilen und der Ertrag höher ist.

Die Schwergutreederei Zeaborn bietet dagegen mit seinen 40 Multipurpose-Schiffen das klassische Fahrzeug für die Verladung schwerer und sperriger Ladung. Geschäftsführer Ove Meyer gab denn auch zu bedenken, dass die Deckstruktur von Bulkcarriers nicht für Heavy Cargo ausgelegt sei. Er wies aber auch auf die enormen finanziellen Herausforderungen hin, mit denen sich insbesondere kleinere Mitbewerber konfrontiert sehen: „80% der Schiffe sind noch über eine Kommandit-Gesellschaft finanziert, die aufgrund der Krise immer noch Gefahr laufen, an die Kette gelegt zu werden. Wir reden nicht mehr über KG-Finanzierung, sondern über Investorensysteme, die in einer Hand abgebildet werden.“ Erst ab einer bestimmten Unternehmensgröße sei es so auch tragbar, Millionen in die IT-Struktur zu investieren und damit der Digitalisierung zu begegnen.

Digitalisierung auf dem Vormarsch
Dass der Musik-Streaming-Dienst Spotify und die digitale Gepäckservice-Plattform DUFL, das Geschäft der Beumer Group als Anbieter von Sortier- und Verteilungstechnologie empfindlich beeinflussen, erläuterte Johannes Stemmer, Director Digital Transformation. So gehörten das CD-Sortiergeschäft sowie auch Gepäckförderbänder zu den wichtigen Geschäftsfeldern des Anlagenbauers. Die eigene Weiterentwicklung sei aufgrund von derartigen disruptiven Innovationen von essentieller Bedeutung. Die Geschäftsführung der Beumer Group trägt deshalb die Digital Transformation Strategie, die zwei neue Unternehmenseinheiten als Grundlage hat. Hier werden im Rahmen von vierwöchigen Incentives digitale Projekte von Mitarbeitern in Ideen-Pools gesammelt, initiiert und entwickelt. „Es soll eine Freidenkergarage sein und wenn die Idee nicht stimmt, dann stimmt sie eben nicht oder aber wir haben eine neue Geschäftsidee,“ so Stemmer. „Wir müssen auch als Anlagenbauer ein Gefühl oder einen Radar dafür entwickeln, dass wir auch im Wettbewerb mit digitalen Unternehmen stehen, die logistische Probleme ganz anders betrachten und plötzlich mit einer pfiffigen Idee auftauchen, die wir vielleicht noch nicht einmal haben kommen sehen.“

Auch thyssenkrupp Industrial Solutions beschäftigt sich als Mitgründer des Industrial Data Space e.V. intensiv mit der Digitalisierung und treibt das Thema nachhaltig voran. „Die Digitalisierung wird das Wirtschaftsfeld der Logistik massiv verändern und ist auch bei uns schon ein Riesenthema,“ so Dr. Jörg Breker, Head of Logistics des Industriekonzerns, bei dem Datenbrillen und auch 3D-Drucker bereits im Einsatz sind und Bauprozesse im Vorwege mittels dreidimensionaler Abbildung der Anlagen und Baustellenabschnitte simuliert und optimiert werden.

Welche Vorzüge die digitale Datenbrille hat, die mittlerweile schon in vielen Lagerhallen zum Standard gehört und bei namhaften Firmen wie DHL, Mercedes, Lürssen oder John Deere im Einsatz ist, erklärte Leonid Poliakov von Ubimax, weltweiter Marktführer von Augmented Reality Brillen. Die Datenbrille ermöglicht durch relevante Informationen im unmittelbaren Blickfeld z.B. über Regal- oder Ablagepositionen der Artikel sowie Kommissionierungsaufträge ein freihändiges Arbeiten und damit deutlich effizientere Arbeitsprozesse bei der Lagerhaltung.

Mut zur Digitalisierung
Prof. Dr. Sven Hermann, Geschäftsführer bei ProLog Innovation ermutigte die Firmenlenker und Logistikexperten, Digitalisierungsmaßnahmen zu initiieren und eigene Prozesse zu optimieren mit Hilfe der zahlreichen Beratungsleistungen, die das Land Bremen bereithält. So unterstütze z.B. das DIGILAB Brennerei 4.0 Unternehmen dabei, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln und die technologischen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Darüber hinaus wies Staatsrat Jörg Schulz bei seiner Begrüßung auf das am 1. Januar 2018 gestartete Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum hin, das mittelständischen Unternehmen in der maritimen Wirtschaft und Logistik ebenfalls Unterstützung bietet: „Das Land Bremen begleitet die Digitalisierung in den Unternehmen mit zahlreichen Initiativen und hat Instrumente entwickelt, um die Kernkompetenzen der Akteure mittels digitaler Anwendungen zu stärken. Es kommt jetzt darauf an, die Dinge miteinander zu verknüpfen im Sinne einer Effizienzsteigerung,“ warb Schulz.

Bei der abschließenden Podiumsdiskussion waren sich insbesondere die Industrievertreter einig, dass der eigene Antrieb zur digitalen Veränderung bei den meisten Logistikern noch sehr verhalten sei. „Das ist die einzige Sportlichkeit, die der Logistiker aufbringen kann, um im Weltmarkt voranzukommen. Er muss die Kunden von seiner innovativen Kraft überzeugen“, so Wilfried Hermann, Geschäftsführender Gesellschafter bei iPos Logistics. Übereinkunft herrschte jedoch sowohl bei den Verladern als auch bei den logistischen Dienstleistern darüber, dass sich beide als Partner verstehen und der Dialog und Austausch besonders über digitale Innovationen und Potentiale von großer Bedeutung ist, um auch im internationalen Vergleich gemeinsam wettbewerbsfähig zu bleiben.

Quelle: BHV/Bildquelle: E.H.Arndt

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