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Chemische Industrie zu „Fit for 55“: Standortsicherung ist Klimaschutz

Mit dem heute präsentierten „Fit for 55“-Paket der Europäischen Kommission kommen in den nächsten Jahren massive Herausforderungen auf die chemische Industrie zu. Die Branche ist mit ihrer Schlüsselrolle für den Klimaschutz in besonderem Maße von den Vorschlägen betroffen: Einerseits brauchen alle Green Deal-Lösungen wie Sonnenkollektoren, Batterien, Windturbinen und Wasserstoff bis hin zu Gebäudeisolierungen Stoffe und Innovationen aus der chemischen Industrie, andererseits ist deren Herstellung teilweise energieintensiv. Ziel der nun startenden Verhandlungen zu den einzelnen Rechtsakten muss es daher sein, den Unternehmen in der EU die Chancen zu ermöglichen, die Technologieführerschaft bei der Transformation der Wirtschaft zu übernehmen. Gleichzeitig gilt es jedoch, die lose-lose Situation zu verhindern, dass Verschärfungen der EU-Vorgaben zu Produktionsverlagerungen in Länder mit niedrigen Umweltstandards außerhalb der EU führen, was die heimische Wirtschaft schwächen und die globale Klimabilanz deutlich verschlechtern würde. „Ohne Lösungen der chemischen Industrie sind die Klimaziele der EU nicht erreichbar. Die vorgeschlagenen Maßnahmen müssen daher so ausgestaltet werden, dass der Innovations- und Produktionsstandort Europa gestärkt wird und unsere Unternehmen ihr volles Potenzial für den Klimaschutz ausschöpfen können“, fordert Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des Fachverbands der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO).

Innovationen sind der Schlüssel zur Klimaneutralität.
Der entscheidende Faktor für die Erreichung der Klimaziele sind nicht Verbote, sondern die Entwicklung neuer Technologien zur Reduktion von Treibhausgasen, wie zum Beispiel Carbon Capture and Usage (CCU) oder chemisches Recycling. Um einen raschen Einsatz von Innovationen zu ermöglichen, braucht es eine Erhöhung der Forschungsförderungen, kürzere Genehmigungsverfahren für Projekte sowie effektive Investitionsanreize für den Einsatz im industriellen Maßstab. Auch die Verfügbarkeit von ausreichend erneuerbarer Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen ist von zentraler Bedeutung für die Transformation der Wirtschaft. Nur mit genügend nachhaltigem Strom können fossile Energieträger durch grünen Wasserstoff für die Produktion von chemischen Grundstoffen ersetzt werden. Weiter forciert werden muss auch die Kreislaufwirtschaft, die zu einer starken Absenkung von CO2-Emissionen führt, insbesondere bei Kunststoffen. Allein in Österreich ist dadurch ein Einsparungspotenzial von jährlich bis zu 2,4 Millionen Tonnen CO2 möglich.

Klimazölle dürfen den Emissionshandel nur ergänzen, nicht ersetzen.
Die einseitige Verschärfung von Klimaschutzzielen führt zwangsläufig zu Wettbewerbsnachteilen gegenüber Herstellern in Drittstaaten, die günstiger produzieren können. Um europäische Unternehmen vor Carbon Leakage zu schützen, gibt es bisher Ausgleichsmechanismen im Rahmen des Emissionshandels, wie etwa die Zuteilung von Gratiszertifikaten. Diese könnten im Zuge der geplanten Einführung eines CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) wegfallen. Die vorgeschlagenen Klimazölle auf den Import von Waren aus Drittländern würden zwar bei Endprodukten einen Schutz am europäischen Markt bringen, nicht aber bei Vorprodukten, die in der EU weiterveredelt und anschließend exportiert werden. Deren Verteuerung würde die Wettbewerbsfähigkeit von großen Teilen der europäischen Industrie, wie beispielsweise der Düngemittelbranche, auf Drittmärkten massiv beeinträchtigen. Auch höhere Kosten für den Import von Rohstoffen durch Klimazölle wirken sich negativ auf die Unternehmen aus, da sie Exporte verteuern. Hinzu kommen noch mögliche Handelskonflikte durch CBAMs als weiteres Risiko. „Es ist für energieintensive Unternehmen entscheidend, dass die Zuteilung von Gratiszertifikaten bestehen bleibt und Klimazölle nur ergänzend eingeführt werden. Zusätzlich muss der Grenzausgleichsmechanismus so ausgestaltet werden, dass er nicht zu Nachteilen beim Export von Produkten führt“, sieht Hofinger noch zahlreiche nicht gelöste Fragen.

Über den FCIO:
Der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) ist die gesetzliche Interessenvertretung der chemischen Industrie in Österreich. Derzeit vertritt der Verband mehr als 230 Unternehmen aus der chemischen Industrie, welche neben der Kunststoff- und Pharmaindustrie auch die Produktion von organischen und anorganischen Chemikalien, industriell hergestellte Fasern und Lacken umfassen. Etwa 47.000 Beschäftigte in der chemischen Industrie haben 2020 Waren im Wert von über 15 Milliarden Euro hergestellt. Der FCIO setzt sich für einen ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltigen und attraktiven Chemiestandort Österreich mit einem forschungs- und technologiefreundlichen Umfeld ein, in dem die chemische Industrie mit ihrer Innovationskraft Lösungen für die zentralen gesellschaftlichen Herausforderungen entwickeln und liefern kann. www.fcio.at

Rückfragen & Kontakt:
FCIO Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs
Mag. Andreas Besenböck, MA
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