Fachkräfte dringend gesucht

Nach einer aktuellen Umfrage der Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V. sind Logistiker derzeit gefragt, wie nie zuvor. Weil aber auch andere Branchen und Wirtschaftszweige in den Zeiten des demografischen Wandels verstärkt nach qualifizierten und motivierten Mitarbeitern Ausschau halten, beklagen Unternehmen zurzeit jedoch immer lauter, wie schwierig es ist, die vielen offenen Stellen mit geeignetem Personal zu besetzen.  Redaktion: Karin Walter

Schichtbetrieb, flexible Arbeitszeiten, zum Teil mittelmäßige Verdienstmöglichkeiten, und die regelmäßig wiederkehrende Aufgabe, große Gewichte zu handeln: All diese Argumente verleihen der Logistikbranche in den Augen vieler Jobsuchender ein eher negatives Image. Wie in vielen Unternehmen in Österreich werden deshalb auch bei der Handelskette SPAR die Sorgen, für den Bereich der physischen Logistik zu wenig geschulte und motivierte Mitarbeiter zu rekrutieren, zunehmend größer. „Vor allem vor der Wirtschaftskrise hatten wir im Bereich der operativen Logistik zum Teil gravierende Schwierigkeiten, die offenen Stellen zu besetzen“, bestätigt Martin Gleiss, Logistikleiter der SPAR Österreichische Warenhandels AG. Aber auch für die Jobs in den mittleren und gehobenen Managementebenen sei es keine leichte Aufgabe, gut qualifiziertes Fachpersonal zu bekommen.
 
Wie der Logistikabteilung der Handelskette SPAR ergeht es zurzeit vielen Unternehmen im deutschsprachigen Raum. Laut einer aktuellen Studie der Bundesvereinigung Logistik e.V. in Bremen werden in diesem Jahr insgesamt noch rund 50.000 Stellen in der deutschen Logistikwirtschaft zu besetzen sein. Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen klagt jedoch über Probleme bei deren Besetzung. Fragt man Personalberater, so erhielt noch vor wenigen Jahren ein Logistikunternehmen 100 bis 150 Bewerbungen auf eine Stelle – egal, ob Schichtführer, Disponent oder Call Center Agent. Heute gingen auf eine Stellenausschreibung zum Teil weniger als zehn Bewerbungen ein, heißt es in der Studie.
 
Für den österreichischen Markt fällt das Ergebnis der Logistikarbeitsmarktanalyse in etwa deckungsgleich aus. „Der Bereich Logistik bildet einen Fokus, in dem sich Unternehmen immer stärker engagieren und Mitarbeiter aufbauen“, beobachtet LAbg. Dipl.-Ing. Roman Stiftner, Präsident der BVL Österreich. Der Beruf des Logistikers sei auf der einen Seite zwar stark im Kommen. Er würde bei den potenziellen Nachwuchskräften auf der anderen Seite zum Teil jedoch immer noch nicht mit einer eigenen Branchenkompetenz wahrgenommen werden. Weshalb hervorragend qualifizierte Fachkräfte von den Unternehmen in Industrie, Handel und Dienstleistungsbranche zum Teil heftig umworben werden, erklärt Stiftner mit dem gehobenen Anforderungsprofil an die künftigen Beschäftigten: „Logistiker brauchen eine hohe Analysefähigkeit“, so der  BVL-Präsident. „Sie müssen Prozessdenker in ihren Bereichen sein und Generalisten in allen anderen Bereichen.“ Zusätzlich sei es notwendig, dass sie über ein hohes Maß an kommunikativem Gespür verfügen sowie über die Fähigkeit, Change-Prozesse in Unternehmen aktiv mit zu begleiten. 
 
Keine fix-fertigen Führungskräfte einzukaufen, sondern junge Leute schon sehr früh mit verantwortungsvollen Aufgaben auszustatten, mit denen sie im Laufe der Zeit mitwachsen können, lautet daher das Erfolgskonzept bei der österreichischen SPAR Warenhandels AG. „Mir ist es nicht wichtig, welches Studium oder welche Hochschule ein Kandidat absolviert hat“, betont der SPAR-Logistiker Gleiss. „Das Interesse für die Aufgaben und die Fähigkeit, über den Tellerrand hinaus zu blicken, diese beiden Faktoren sind für das Bewerberprofil in meinen Augen das Maß der Dinge.“  
 
Dass von den Unternehmen bisweilen längst nicht mehr nur Wirtschafts- und Ingenieurwissensschaftler nachgefragt werden, sondern immer stärker auch IT-Fachkräfte, macht indessen auch den zahlreich auf dem Markt vertretenen Logistiksoftware-Häusern und Logistik-Automatisierungsanbietern zu schaffen. „Besonders im Raum Steiermark ist die Nachfragesituation auf dem IT-Fachkräftemarkt derzeit sehr angespannt“, klagt zum Beispiel Dr. Werner Schaberl, Geschäftsführer des Logistik-IT-Anbieters ISA GmbH. „Wir haben auf Recruiting-Veranstaltungen in der Vergangenheit durchaus schon erlebt, dass 70 Unternehmen um die Gunst von 40 Studienabsolventen geworben haben.“
 
Mit einer Frauenquote von aktuell nur rund 20 Prozent im eigenen Unternehmen motiviert der Geschäftsführer ISA GmbH insbesondere Frauen, über eine berufliche Zukunft im Logistik-IT-Sektor nachzudenken. „Wir setzen zurzeit Vieles daran, um unseren Bereich für den weiblichen IT-Nachwuchs sexier zu machen“, sagt Schaberl. „Das Potenzial, das wir Frauen im Hinblick auf einen interessanten und sicheren Job anbieten können, ist beträchtlich.“  (WAL)

Quelle: Logistik express Print- und E-Paper Ausgabe 2-2012 

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