Aktionsplan der EU zur Besteuerung und Zollunion
Ohne faire, einfache Besteuerung, sowie der Verwirklichung der EU-Zollunion wird der Binnenmarkt nicht funktionieren.
Beitrag: Walter Trezek.
Die EU-Kommission legt in einer Zeit beispielloser Herausforderungen zur Unterstützung der Aufbaustrategie nach der Pandemie zwei ehrgeizigen Aktionspläne für eine faire und einfache Besteuerung, aber auch zum Ausbau der EU-Zollunion vor. Dazu hat die EU-Kommission alle verfügbaren politischen Hebel in Bewegung gesetzt, um zu einer raschen wirtschaftlichen Erholung beizutragen und gleichzeitig den Übergang der EU zu einer grünen, digitalen und faireren sozialen Marktwirtschaft zu gestalten.
Die EU-Kommission ist sich dabei bewusst, dass die steuerpolitische Agenda der EU ein zentraler Faktor dieses Übergangs ist. Alle Betroffenen sind aufgefordert sich in den kommenden Wochen und Monaten auf konstruktive und inklusive Art und Weise aktiv einzubringen, damit sich dieser Aktionsplan in konkreten Initiativen zum Wohle von Bürgerinnen und Bürgern, Unternehmen und Mitgliedstaaten der EU niederschlägt. Der Aktionsplan zum Ausbau der EU-Zollunion zielt auf eine Reihe ehrgeiziger Maßnahmen zur Gewährleistung einer kohärenteren und stärkeren Zollunion, die sich auf vier Tätigkeitsbereiche beziehen: Risikomanagement, elektronischer Handel, Compliance und die Zollunion als geschlossen handelnde Einheit.
Aktionsplan für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie der EU nach der Pandemie. Die COVID-19-Krise hat die Volkswirtschaften inner- und außerhalb der EU tief erschüttert. Die EU-Kommission plant 28 Maßnahmen im Bereich der Besteuerung, um eine rasche wirtschaftliche Erholung der EU zu unterstützen und ausreichende öffentliche Einnahmen zu gewährleisten. Zugleich ist die Kommission bestrebt, beim Übergang zu einer grüneren und stärker digitalisierten Welt, die mit den Grundsätzen unserer sozialen Marktwirtschaft vereinbar ist, die Führung zu übernehmen.
Wenn die EU und die Weltgemeinschaft Schritte setzen, um sich von den Folgen der COVID-19-Krise zu erholen, gewinnt eine faire und effiziente Besteuerung, als wesentliches volkswirtschaftliches Steuerungselement an Bedeutung. Der jetzt veröffentlichte Aktionsplan der EU-Kommission wird ein Schlüsselelement einer umfassenden und ehrgeizigen steuerpolitischen Agenda der EU für die kommenden Jahre sein, die folgende wichtige Initiativen umfasst:
- Der Einsatz der Besteuerung als politisches Instrument, um bis 2050 Klimaneutralität und die anderen Umweltziele des europäischen Grünen Deals zu erreichen. Umweltsteuern tragen dazu bei, die richtigen Preissignale zu senden und die richtigen Anreize für Hersteller, Nutzer und Verbraucher zu schaffen, um einen umweltfreundlicheren Konsum zu fördern und zu nachhaltigem Wachstum beizutragen.
- Eine tief greifende Reform des Körperschaftsteuersystems im Einklang mit der modernen und zunehmend digitalisierten Wirtschaft in der EU ist entscheidend, um das Wachstum zu fördern und die erforderlichen Einnahmen durch die Anpassung der Besteuerungs-
rechte an die Wertschöpfung und die Festlegung einer effektiven Mindestbesteuerung von Unternehmensgewinnen auf faire Weise zu generieren. - Der weltweite Kampf gegen Steuerhinterziehung und Steuervermeidung erfordert entschlossenes Handeln.
Aktionsplan der Europäischen Kommission für den Ausbau der EU-Zollunion.
Steuerpaket für eine faire und einfache Besteuerung zur Unterstützung der Aufbaustrategie – Juli 2020.
Mit dem Ende September veröffentlichten Aktionsplan und den geplanten 29 Maßnahmen stellt sich die EU den Herausforderungen die eine Unterbewertung von Waren, durch die die Entrichtung von Zöllen und Mehr-wertsteuer vermieden werden sollen, sowie Schmuggel illegaler oder unsicherer Waren verhindert werden soll. Das Ungleichgewicht zwischen den Mitgliedstaaten, was Zollkontrollen angeht, sowie die Umleitung von Waren zu den schwächsten Einfuhr- und Ausfuhrstellen des EU-Zollgebiets, um die Aufdeckung von Unregelmäßigkeiten zu verhindern, werden durch die zunehmende Digitalisierung eher verstärkt als gemindert. Die intensiven Vorbereitungen, die für den Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU-Zollunion nach Ende des Übergangszeitraums erforderlich sind, haben die Arbeitsbelastung der EU-Zollbehörden erheblich erhöht.
Angesichts dieser Umstände besteht das große Risiko von Einnahmeverlusten für den EU-Haushalt, von Gefahren für die Sicherheit der Unionsbürgerinnen und -bürger und von übermäßigen Belastungen für den rechtmäßigen Handel, wenn keine Maßnahmen ergriffen werden, um die Tätigkeit der nationalen Zollbehörden in der gesamten EU zu stärken.
Die COVID-19 Pandemie hat deutlich gemacht, dass es jetzt notwendig ist alle Möglichkeiten zu prüfen, um sicherzustellen, dass die Zollunion und die Zollbehörden der Mitgliedstaaten so effizient wie möglich arbeiten, in Krisenzeiten flexibel und widerstandsfähig bleiben und Probleme besser antizipieren. Das bedeutet vor allem, dass künftig ein Schwerpunkt daraufgelegt wird, für eine bessere Verfügbarkeit und Nutzung von Daten und Datenanalysen für Zollzwecke zu sorgen und ein Paket geeigneter Instrumente für die Vorausschau und das gemeinsame Krisenmanagement zu entwickeln.
Ziel ist eine EU-Zollunion, ein gemeinsames System von Zöllen auf Waren von außerhalb der EU, keine Zölle und keine Zollkotrolle an den Binnengrenzen zwischen den EU-Mitgliedsstaaten. In einem ersten Schritt konzentrieren sich die Maßnahmen vor allem auf die Gewährleistung einer besseren Verfügbarkeit und Nutzung von Daten und Datenanalysen für Zollzwecke, sowie auf eine intelligente, risikobasierte Überwachung der Lieferketten. Die Maßnahmen werden in vier Kategorien eingeteilt:
• Risikomanagement: Dieser Aspekt ist von entscheidender Bedeutung für Zollkontrollen, da die Zollbehörden angesichts der erheblichen Mengen von Waren, die in das Zollgebiet eingeführt und aus diesem ausgeführt werden, nicht immer jede einzelne Ware prüfen können; außerdem muss gleichzeitig eine Erleichterung des rechtmäßigen Handels gewährleistet sein.
• Management des elektronischen Handels: Der elektronische Handel ist zu begrüßen, da er für Unternehmen – insbesondere KMU – und Verbraucher von Nutzen ist; ihn zu erleichtern ist ein Eckpfeiler der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt. Die Steuer- und Zollbehörden haben jedoch erhebliche Schwierigkeiten, die Einhaltung der Steuer- und Zollvorschriften bei online erworbenen Waren zu gewährleisten. Die durch das EU MwSt. Paket eingeleiteten Maßnahmen werden evaluiert, der One-Stop-Shop (OSS) soll erweitert, eine unionseinheitliche Kennung der Steuerpflichten (verbindliche Einführung des Import-OSS für Drittstaatenverkäufer) eingeführt werden.
• Förderung der Compliance: Die Stärkung und Erleichterung der Compliance ist von entscheidender Bedeutung, um Zollressourcen freizusetzen, damit die Zollbehörden sich auf verdächtige Warenbewegungen konzentrieren können. Ein System, bei dem vertrauenswürdigen Wirtschaftsbeteiligten im Gegenzug für die Einhaltung der in den Zollvorschriften der EU festgelegten Kriterien Vorteile gewährt werden, besteht bereits und wird in hohem Umfang genutzt; es bedarf jedoch einer besseren Verwaltung, um Missbrauch zu verhindern.
• Geschlossenes Vorgehen der Zollbehörden: Die Mitgliedstaaten arbeiten zwar bereits in vielen Bereichen zusammen, um aber die Umsetzung der Kernprioritäten des Zolls zu gewährleisten, ist eine breitere und stärker operativ ausgerichtete Zusammenarbeit der Zollbehörden auf thematischer oder geografischer Grundlage erforderlich. Außerdem bedarf die Zusammenarbeit zwischen den Zollbehörden und anderen nationalen Behörden einer Verbesserung, und die EU muss in Zollangelegenheiten auf internationaler Ebene als geschlossene Einheit auftreten. Die Ungleichgewichte zwischen den Mitgliedstaaten bei Zollkontrollen müssen beseitigt werden, indem insbesondere sichergestellt wird, dass alle Mitgliedstaaten über ausreichende, gut ausgebildete Humanressourcen sowie eine moderne und zuverlässige Zollkontrollausrüstung verfügen. (WT)
Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 5/2020