Gewürze aller Art auf unseren Tisch

Mag. Erwin Kotányi, Leiter des gleichnamigen Gewürzbetriebs, über Herausforderungen in europäischen Märkten und die Faszination von Gewürzen fremder Länder. TEXT: ANGELIKA THALER

Nahezu in jedem Haushalt finden sich Produkte der Marke Kotányi, zergehen sprichwörtlich jedem auf der Zunge. Für Viele sind Sie daher der „Gewürzkönig“ Österreichs. Wie denken Sie darüber? Und welcher Aufwand ist damit verbunden? „König“ ist immer ein Superlativ, das würde zu weit gehen. Aber wir sind mit Sicherheit für einen Großteil des Gewürzkonsums zuständig. Am Haushaltssektor haben wir etwa 80 Prozent Marktanteil, auch im Gastronomiebereich haben wir mit über 50 Prozent knapp die Nase vorn. So gesehen sind wir für die Verfeinerung der in Österreichs Heimen gekochten Speisen verantwortlich. Da steckt wesentlich mehr dahinter, als man vielleicht vermuten würde. Alleine im Einkauf gibt es sehr viele Einflussfaktoren, die die Preise bestimmen, wie das Klima oder die Qualität. Kotányi führt alle Zertifikate, nicht nur die heute fast schon obligatorische ISO 9001 sondern auch jenes nach IFS (International Food Standard). Hier ist die Entwicklung in den letzten Jahren sehr stark vorangeschritten, hat aber natürlich auch gleichzeitig zu Kostensteigerungen geführt. Im Moment sind Gewürze ein sehr spekulativer Markt, vor allem Produkte aus fernen Anbaugebieten werden überwiegend in Dollar gehandelt, bei den aktuellen Währungsschwankungen birgt dies ein beachtliches Risiko. Zudem kann man nicht alle Produkte so verwenden wie sie geliefert werden, viele – wie etwa Pfeffer, Anis oder Koriander – muss man nachbearbeiten oder veredeln, was ebenfalls reichlich Zeit in Anspruch nimmt.

Was zeichnet den Unternehmer Erwin Kotányi aus? 
Eine meiner größten Stärken ist sicher, dass ich ohne viele Vorurteile, flexibel und offen auf meine Mitarbeiter und ihre Anliegen eingehe. Unsere Mitarbeiter wissen, für wen sie arbeiten und dass ich für sie da bin, deshalb arbeiten sie auch gerne bei uns und sind dem Unternehmen treu.

Bleibt neben der Leitung des Unternehmens überhaupt noch Zeit für anderes? 
Es wurden schon mehrfach Angebote an mich herangetragen, beispielsweise einem Aufsichtsrat beizuwohnen, aber bislang habe ich immer alle zugunsten meines Privatlebens abgeblockt. Ich bin ja kein reiner Kontrolleur, sondern auch sehr engagiert operativ tätig und stets vor Ort präsent, um mir einen guten Überblick zu verschaffen. Zudem bin ich für die Weiterentwicklung und das Wachstum verantwortlich, da bleibt beim besten Willen keine Zeit. Ich bin aber bemüht, mir die Wochenenden für das Privatleben freizuhalten.

Kotányi wurde bereits 1881 durch Ihren Vorfahren Janos Kotányi in Szeged/Ungarn gegründet und ist demnach ein Familienunternehmen mit Tradition. Wie wirkt sich das aus? 
Ein Vorteil ist, dass die Mitarbeiter eine reale Person greifbar vor sich haben, die gleichzeitig auch der Endverantwortliche ist und an die sie sich wenden können. Das ist sehr gut, wenn man es richtig macht, aber sehr schlecht, wenn nicht. Strahlt man ständig Unzufriedenheit aus oder besitzt man einen nicht mehr ganz zeitgemäßen Charakter – etwa streng hierarchisch – dann kann sich das auch negativ auswirken. Wir haben ein sehr gutes und offenes Betriebsklima, in regelmäßigen Abständen gibt es beispielsweise das „Geschäftsführerfrühstück“, eine Art Tag der offenen Tür, wo wir uns zusammensetzen und Probleme offen und ehrlich besprechen. Ein weiterer Vorteil liegt in der Flexibilität und Geschwindigkeit der Entscheidungsfindung, so können oft Chancen im richtigen Moment ergriffen werden. Unsere vier Unternehmenswerte Leidenschaft, Kreativität, Familiensinn und Unternehmertum definieren unsere Handlungsweise nach innen und nach außen, und das spürt man.

In einem Bericht war zu lesen, dass für diesen Herbst der türkische Markt auf Ihrem Programm stand. Wie geht es voran?  
Ich persönlich war schon zwei Mal selbst dort, und wir wollen definitiv Anfang 2009 starten. Wenn alles so läuft wie geplant, sind unsere Waren bereits im Februar fix fertig abgepackt im Land. Derzeit läuft noch die Produktvorbereitung, aber wir verhandelnA bereits mit einem guten türkischen Distributor und haben schon Mitarbeiter vor Ort. In der Türkei gibt es schon gewisse Marktstrukturen, die den Eintritt erleichtern. Damit ist sie für uns einer der interessantesten Märkte, die Nummer Eins ist für uns nach wie vor Russland, vor der Ukraine.

Wie sehr wirkt sich der Klimawandel auf Kotányi aus?  
Der Klimawandel wirkte sich bereits mehrfach aus, auch in Europa. Extreme Trockenperioden führten bei manchen Produkten zu extremen Preisanstiegen. Das Problem hier ist, dass Europa für diese Hitze noch nicht gerüstet ist und über zu wenige Bewässerungsanlagen verfügt. So kommt es zu immensen Hektareinbußen. Aber auch beispielsweise der verheerende Sturm in Grenada traf uns hart, fast die gesamte Muskaternte ging verloren. Wir verarbeiten Naturprodukte, die oft mit einfachsten Mitteln gewonnen werden, da kann leider leicht etwas passieren. Hier muss es zwangsläufig zu Veränderungen im Anbau oder auch zu Verlagerungen in andere Länder kommen. Was sich für uns ebenso negativ auswirkt sind Alternativkulturen, denn wenn beispielsweise Mais mehr Ertrag bringt und dadurch weniger Gewürze angebaut werden, steigen die Preise. 

Gibt es noch weiße Flecken auf Ihrer Landkarte, die Sie erobern wollen?  
Die Türkei war einer davon. In Zentral- und Osteuropa möchten wir die politische Entwicklung in den nächsten Jahren abwarten. Interessant erscheinen besonders Kasachstan und Weißrussland, aber zuvor müssen stabile politische und markttechnische Strukturen geschaffen werden. 

Was ist das Faszinierende am Gewürzgeschäft? 
Die Produkte an sich sind faszinierend! Die ganze Welt ist unser Angebotsspektrum, stets gibt es Neues anzusehen. Das Geschäft ist alles andere als monoton, ich lerne fremde Kulturen und fremde Esstechniken kennen, durch meine Besichtigungen erfahre ich die Menschen und das Land ganz anders als vergleichsweise ein Tourist. In vielen Ländern überwiegt noch die Handarbeit, Automation wäre dort oftmals gar nicht umsetzbar. Man kommt sich manchmal um viele Jahre zurück versetzt vor, aber es funktioniert auch! Auf der Verkaufsseite ist es ein schönes Gefühl, exotische Gewürze auf den Markt zu bringen, die es davor noch nicht gab. Diesen Erfolg braucht aber man auch, um den Stress, der damit verbunden ist, zu überstehen. Ich würde mit niemandem tauschen wollen. 

Welchen Stellenwert haben die Themen Nachhaltigkeit und Qualität?  
Für 2009 haben wir ein Gesamtkonzept zur Nachhaltigkeit geplant. Da wir Naturprodukte verarbeiten, stellt das kein großes Problem für die Ökologie dar. Im Werk in Wolkersdorf haben wir eine Biofilteranlage. Natürlich sind wir auch bemüht, für unsere Mitarbeiter Maßnahmen zu setzen, wir haben im Unternehmen ein eigenes Werteprojekt laufen. Der Transport ist leider unumgänglich, Überlegungen hinsichtlich Produktionsstätten vor Ort haben wir aufgrund der nötigen Mengen vorerst verworfen. Qualität hat einen äußerst hohen Stellenwert, alle angelieferten Waren werden streng überprüft, etwa bezüglich der Bakteriologie und auf Pestizide, das kann durchaus zwei Wochen dauern bis alle Tests abgeschlossen sind. 

Kotányi bekennt sich klar zu Österreich, wird sich das ändern?  
Das wird definitiv so bleiben, wir haben den Logistikbereich gerade stark au
sgebaut, aufgrund unseres Wachstums ist die neue 4.000m2-große Lagerhalle aber auch schon fast voll. Seit etwa einem Jahr haben wir eine eigene Supply Chain-Abteilung zur Optimierung, wie es aussieht, werden wir in ein bis zwei Jahren nochmals zubauen. 

Wir erleben gerade Versuche einer Regierungsbildung in Österreich. Bei freier Auswahl – welchen Ministerposten würden Sie wählen?  
Aufgrund meiner Ausbildung und Erfahrung am ehesten Wirtschaftsminister, das ist aktuell wohl auch die größte Herausforderung. Dann würde ich versuchen, die mittelständischen Unternehmen weiter zu unterstützen und mir vor allem positive Maßnahmen überlegen. 

Welches ist Ihr Lieblingsgewürz, und was macht man daraus?  
Ich liebe Rosmarin, der hat einen sehr intensiven Geschmack und beeinflusst massiv die Speise. Zu Hause machen wir gerne ein „Huhn der Provence“, da kommt sehr viel Rosmarin hinein. 

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