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Luftfrachtbranche fordert bessere Rahmenbedingungen

Der seit Mitte 2016 zu verzeichnende Aufschwung beim Luftfrachtaufkommen in Deutschland dürfte auch 2018 anhalten. Das erklärten Branchenvertreter bei der Jahresversammlung des Aircargo Club Deutschland in Frankfurt am Main. Im Vergleich zu Wettbewerbern im europäischen Ausland wächst die deutsche Luftfrachtbranche allerdings deutlich langsamer und droht international an Boden zu verlieren.

Präsident des ACD: Prof. Dr. Christopher Stoller

„Die nächste Bundesregierung muss dringend bessere Rahmenbedingungen für die deutschen Luftfrachtunternehmen schaffen“, sagte Prof. Dr. Christopher Stoller bei der Veranstaltung des ACD vor führenden Branchenvertretern. Stoller ist neugewählter Präsident des Aircargo Club Deutschland und Professor für Logistikmanagement an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg sowie Leiter des Steinbeis-Zentrums Internationales Transportwesen. Ohne bessere Rahmenbedingungen drohe sich die Wettbewerbsfähigkeit der Branche in Deutschland ebenso zu verschlechtern wie die des gesamten Wirtschaftsstandortes, warnte Stoller.

Grund für das im europäischen Vergleich deutlich geringere Wachstum deutscher Luftfrachtunternehmen seien schlechtere Rahmenbedingungen. Nachtflugverbote, lange Bearbeitungszeiten beim Ausbau von Flughäfen und Infrastruktur sowie die schleppende Umsetzung von EU-Vorgaben wie beim Zoll oder Sicherheitsvorschriften setzten der Branche zu. Zahlreiche ausländische Wettbewerber hätten durch staatliche Förderung, geringere Standortkosten sowie niedrigere Sozial- und Umweltstandards entscheidende Vorteile. Deutsche Luftfracht-Unternehmen könnten deshalb dringend notwendige Investitionen in digitale Prozesse hin zur Logistik 4.0 nicht mit dem nötigen Nachdruck tätigen, warnt der Aircargo Club Deutschland als Interessenverband der deutschen Luftfrachtbranche.

So wuchs das Frachtaufkommen in London im ersten Halbjahr 2017 um 9,1 Prozent und in Amsterdam um 8,1 Prozent, erläuterte Martin Kuras, Leiter für Wirtschaft und Statistik beim Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft e.V. (BDL). Frankfurt als bedeutendstes deutsches Drehkreuz komme auf ein Plus von 5,3 Prozent. München verzeichne ein Wachstum von 7,2 Prozent, vor Leipzig/Halle (+5,9%) und Köln/Bonn (+5,5%).

„Die Luftfracht ist für die deutsche Kernindustrie systemrelevant“, warnte Kuras und forderte bessere Rahmenbedingungen für die Luftfracht. So habe eine Tonne Luftfracht einen durchschnittlichen Wert von mehr als 80.000 Euro. Meistens handele es sich dabei um elektrotechnische Erzeugnisse, optische Geräte und Maschinen, aber auch um Produkte aus der Pharma- und Automobilindustrie. Mehr als die Hälfte der Luftfracht werde an Bord regulärer Passagiermaschinen als Beiladefracht (sog. „Bellyfracht“) transportiert, um sie so effizient und damit umweltschonend wie möglich an ihr Ziel zu bringen. Die beiden Verbände forderten die Politik auf, Betriebszeiten von Flughäfen nicht noch stärker einzuschränken, sondern mehr „digitale Effizienz“ entlang der Logistikkette zu ermöglichen, z.B. durch Förderung von Forschung und Entwicklung. Außerdem müssten Steuern und Abgaben für Luftfracht EU-weit harmonisiert und ein fairer Wettbewerbsrahmen gewährleistet werden. Da sich Warenströme den Weg des geringsten regulatorischen Widerstands suchen, bestehe die Gefahr, dass durch restriktivere Rahmenbedingungen wichtige Warenströme an Deutschland vorbeigehen – mit entsprechend negativen Auswirkungen auf Wertschöpfung, Beschäftigung und Wachstum.

Bildquelle: Juri Junkov

 

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