Österreichs Verkehrspolitik. Von (grün)Rot auf Rot?
Was verspricht das neue Regierungsprogramm bezgl. Logistik und Verkehr unter dem neuen Verkehrsminister Peter Hanke? „Aus Verantwortung für Österreich“ handelte die Vorgängerregierung. Das Ergebnis ist bekannt. Die neue Regierung will „Jetzt das Richtige tun. Für Österreich“.
In der kurzen Kurz-Regierung hatte die Mobilitätsministerin Leonore Gewessler nicht viel Zeit, um sich mit Verkehr und Logistik zu beschäftigen. Die Regierung dauerte nicht mal zwei Jahre. Viel Hilfe war ihr der damalige Staatssekretär Magnus Brunner auch nicht. Der beschäftigt sich jetzt mit der Flüchtlings-Logistik in Brüssel, wo man ihn verräumt hat, nachdem er im Finanzministerium eine Megabaustelle hinterlassen hat. In der Nehammer-Regierung war Ministerin Gewessler aber wieder „voll da“ und kümmerte sich intensiv um ihr Mega-Ministerium für „Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie“. Für ihre 3-jährige Amtszeit war das jedoch auch zu viel. Verkehr und Logistik blieben wieder auf der Strecke. Ihr Steckenpferd war das Klimaticket und die Umwelt – aber ohne Bezug zur Logistik/Verkehr. In Gewesslers Amtszeit ist der Modal Split von Bahn und Binnenschiff weiter gesunken, der LKW Verkehr nahm weiter zu, es wurde ein Höchststand an zugelassenen PKWs und Straßenverkehrsunfällen erreicht. Die Zahl der verletzten und getöteten Kinder im Straßenverkehr erreichte 2024 der höchste Wert seit 17 Jahren (Statistik Austria).
Man könnte sagen, wenn der neue Verkehrsminister Peter Hanke nur einen neuen Hafenkran einweiht, hat er die Erfolgsstatistik seiner Vorgängerin bereits überschritten. Jedenfalls ist das Verkehrsministerium, jetzt heißt es bald abgespeckt „BM für Innovation, Mobilität und Infrastruktur“, wieder in roten Händen. Es würde nicht überraschen, wenn sich die rote „Erfolgsgeschichte“ im Verkehrsministerium fortsetzen würde. Immerhin haben wir den roten Ministern mehrheitlich die Gesamtsituation zu verdanken, in der sich Österreich verkehrstechnisch befindet: Ein völlig außer Kontrolle geratener Straßenverkehr mit allen Konsequenzen für die Umwelt und Gesundheit. Wenn Hanke die Verkehrspolitik von (grün)Rot auf Rot stellt, entspricht das der Erwartungshaltung. Dabei hätte der ehemalige „Hafenmeister“ durchaus das Zeug, endlich wenigstens die Binnenschifffahrt aus dem Tal der Tränen zu bringen. Immerhin hat Hanke mit seiner Diplomarbeit „Citynähe und wasserseitiger Anschluss als Attraktivitätsfaktoren eines Güterverteilungszentrums in Wien“ durchaus ein wichtiges Thema gewählt. Aber das ist lange her und einen wasserseitigen Anschluss der Citylogistik gibt es noch immer nicht. Im Gegenteil. Wiens Megabaustellen finden mit dem LKW das Auslangen. Der Wiener Hafen ist mehr ein Umschlagplatz für LKW und führt die Bezeichnung Hafen nur noch aus Tradition. Hankes Parteichef Andreas Babler verteilt dennoch Vorschusslorbeeren und glaubt, dass sein Verkehrsminister den Verkehrsbereich sauberer und sicherer machen wird.
Vorgenommen und im Regierungsprogramm festgeschrieben, hat sich die Regierung für die Bereiche Mobilität, Verkehr, Logistik und Infrastruktur eine ganze Menge. Vorsorglich haben die österreichischen Infrastrukturbetreiber daran erinnert, dass das alles Geld kosten wird, deren Sicherstellung noch nicht in trockenen Tüchern ist. Bestehende Pläne sollen überarbeitet, neue Strategien erarbeitet, alte Schlagworte wurden neu formuliert. Eine zentrale Rolle soll wie bisher die Transportverlagerung von der Straße auf die Schiene spielen. Dafür wird weiter viel Geld in den Bahnausbau fließen. Und damit die potentiellen Bahnkunden das auch verinnerlichen können, soll es einen „Verlagerungscoach“ geben. Ob das die gleiche Person sein wird, die bisher als „Counselor“ erfolglos für die Transportverlagerung zuständig war, geht aus den Plänen nicht hervor.
Der – immerhin – vorhandene Plan zum Bereich Wasserstraße, befasst sich zunächst mit der Hochwassersicherheit und Resilienz der Wasserstraße. Das wird auch notwendig sein, denn die Folgen des Klimawandels haben bereits deutliche Spuren hinterlassen. Dass das Verlagerungspotential von der Straße/Schiene auf das Binnenschiff wieder nicht thematisiert wurde zeigt, dass das Vertrauen in die eigenen Vorhaben fehlt. Man hat sich in Österreich damit abgefunden, dass die „nasse Logistik“ ohne Bedeutung ist. Das verwundert umso mehr, als durchaus viel Geld in die Wasserstraßeninfrastruktur gesteckt wird und die neue Regierung ein deutliches Bekenntnis zum Industriestandort abgegeben hat. Doch das Bindeglied zwischen Industriestandort und Verkehrspolitik heißt Raumordnung und Flächenwidmung. Das ist eine andere Baustelle. Dann gibt es noch diesen unsäglichen Krieg in der Ukraine, dessen Ausgang maßgeblich für die österreichische Logistik sein wird. Schließlich geht es schlicht um die Frage, ob nach dem Krieg russische oder ukrainische Schiffe die Rohstoffversorgung der heimischen Industrie besorgen werden und ob die Donau-Dampfschiffahrts-Gesellschaft wieder eine russische Flagge trägt. Diesbezüglich könnte der neue Verkehrsminister doch an der richtigen Stelle sitzen, denn immerhin hat er sich 2022 als Wiener Stadtrat sehr deutlich gegen die Ausweisung von vier russischen Diplomaten ausgesprochen, die Österreich zur Personae non gratae erklärt hatte. (RED)
Quelle: LOGISTIK express Journal Transport & Logistik LE-1/2025