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Brexit-Posse im Überblick: Paletten-Knappheit, Superstaus und miese Stimmung unter den Logistikern

Der Countdown für den Brexit läuft. Sollte Großbritannien Ende März mit einem No-Deal aus der EU austreten, könnte das Land ein riesiges Paletten-Problem bekommen. Auch andere Firmen spüren schon erste Auswirkungen.

Die Brexit-Posse zieht sich unaufhaltsam fort. Noch immer ist nicht klar, unter welchen Bedingungen Großbritannien aus der Europäischen Union austreten und ob der Termin Ende Mrz überhaupt eingehalten wird. Täglich gibt es neue Abstimmungen im britischen Parlament, zu einem klaren Ergebnis hinsichtlich der Brexit-Verhandlungen konnte jetzt noch keine führen. Doch bereits jetzt sind die ersten Auswirkungen der Debatte zu spüren, die Ungewissheit unter den Logistikdienstleistern ist groß, wie dass Logistiknetzwerk ASTRE Dach, ein Zusammenschluss verschiedener Transport- und Logistikunternehmen im deutschsprachigen Raum, festgestellt hat.

„Wir als Moeller Spedition haben elf Lkw, die nach Großbritannien und zurück fahren. Die unklare Brexit-Lage bedeutet auch, dass wir nicht einmal wissen, ob wir weiter mit einer EU-Lizenz dort weiter fahren dürfen“, sagte Geschäftsführer Ingo Malsbenden in einer Meldung des Netzwerkes.

Ähnliche Ungewissheit gibt es auch bei Deutschlands größtem Hauptzollamt in Hamburg, wobei man sich beim Seegüterumschlag gut aufgestellt sieht. „Wir haben versucht, uns bestmöglich vorzubereiten, aber es gibt Unwägbarkeiten. Wir können die künftigen Warenströme nicht vorhersehen“, heißt es von Christian Schaade, Leiter des Hauptzollamtes Hamburg, in einem Beitrag auf finanzen.net. Vom gesamten Hafenumschlag haben nur 3,1 Prozent der Container einen Bezug zu Großbritannien, selbst bei einem harten Brexit sieht das Zollamt keine großen Schwierigkeiten: Das Vereinigte Königreich würde lediglich als ein weiteres Drittland zählen, alle dafür benötigten Formalitäten seien bekannt.

Paletten-Engpass bei No-Deal-Brexit.
Ganz so enspannt wie das Hamburger Hauptzollamt sieht das britische Landwirtschaftsministerium dem bevorstehenden Brexit nicht entgegen. Besonders bei einem No-Deal könnte es ernsthafte Probleme für die Logistikbranche geben und zu einem erheblichen Mangel an den so wichtigen Paletten kommen. Grund dafür ist eine Vorschrift, die den Einsatz von Holz als Verpackungsmaterial im internationalen Handel regelt. So gilt für Länder außerhalb der EU: Verpackungsmaterialien aus Holz müssen für mindestens 30 Minuten einer Hitzebehandlung bei Temperaturen von über 56 Grad Celsius ausgesetzt werden, um mögliche Schädlinge wie Insekten oder Spinnen abzutöten. Kommt es zu einem harten Brexit, sind derartige Behandlungen künftig nötig.

„Wir haben unsere Mitglieder schon vor einer ganzen Weile darauf aufmerksam gemacht“, wird Pauline Bastidon vom Branchenverband Freight Transport Association (FTA) bei der Welt zitiert. „Aber nicht jeder hat sich das klar gemacht.“ Eine solche Behandlung kostet Zeit und Geld, besonders in der Anfangszeit könnte es deswegen zu einem erheblichen Mangel an zugelassenen Paletten kommen. Jeden Monat sind mehr als drei Millionen Paletten zwischen Großbritannien und der EU unterwegs.

Brexit belastet deutsche Wirtschaft und sorgt für schlechte Stimmung.
Das Hin und Her um den Austritt des Vereinigten Königreiches drückt auch die Stimmung der deutschen Logistikdienstleister. Das geht aus dem Logistik-Indikator für das erste Quartal 2019 der Bundesvereinigung Logistik (BVL) hervor. Demzufolge verschlechterte sich der Geschäftsklimaindikator bereits zum fünften Mal in Folge und sank auf den niedrigsten Wert seit Februar 2016. Besonders die exportorientierte deutsche Wirtschaft belastet das aktuelle Chaos rund um den Brexit und die damit einhergehende Ungewissheit. Wie eurotransport schreibt, überwogen in Bezug auf die Einschätzung der Geschäftsentwicklung erstmals seit Oktober 2014 wieder die pessimistischen Aussagen.

Streikaktion französischer Zollbeamten verursachen erhebliche Staus.
Eine aktuelle Streikaktion von französischen Zollbeamten gibt bereits einen kleinen Vorgeschmack, wie es an den Grenzen nach dem Brexit ausgehen könnte. Seit dem 4. März 2019 machen die Beamten „Dienst nach Vorschrift“. In den Fährhäfen von Calais und Dünkirchen sowie am Eurotunnel werden deswegen deutlich weniger Lkw pro Stunde abgefertigt, wie der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) laut der Verkehrsrundschau berichtet.

Die dadurch entstandenen Staus und Verzögerung in der Verschiffung von mehreren Stunden sorgten zu Verspätungen von bis zu 24 Stunden für einen Lkw-Umlauf. Der entstandene wirtschaftliche Schaden ist laut dem BGL „erheblich“. Die aktuelle Streikaktion sei aber nur ein „bitterer Vorgeschmack“ auf einen tatsächlichen harten Brexit, prognostiziert der Verband.

Wie geht es jetzt weiter?
Es kann davon ausgegangen werden, dass der angestrebte Austritt zum 29. März 2019 nicht mehr zu halten ist. Zu viel Chaos und ungeklärte Fragen herrschen dafür aktuell noch. Eine Verschiebung des Brexit-Termins wäre deswegen im Moment am wahrscheinlichsten, viele EU-Staaten haben dafür bereits ihre Bereitschaft erklärt. Dann müsste von der britischen Regierung allerdings ein klarer Plan vorgelegt werden, wie es in den kommenden Monaten weitergehen soll. Der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, warnt laut web.de bereits: „Der Geduldsfaden ist am Reißen.“

Foto: Ivan Marc/shutterstock.com

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