Das IKEA-Prinzip: Das beste Angebot aus zwei Welten realisieren

Sieben Verkaufshäuser, ein neuer Kompaktmarkt, sowie eine Abholstation für Online-Bestellungen: Der schwedische Möbelkonzern IKEA prägt den Multichannel-Handel in Österreich wie kaum ein anderes Unternehmen. Im Vorfeld des eCommerce Logistik Day am 10. November im Twin Conference Center in Wien haben wir mit Sebastian Knisch, Omnichannel Manager der IKEA Group Austria, über die im Unternehmen umgesetzte Multichannel-Philosophie gesprochen.

LOGISTIK express: IKEA hat sich vor ziemlich genau zehn Jahren als einer der ersten Möbelhändler im Netz positioniert. Wo liegen in diesem Zeitraum aus Ihrer Sicht die größten Marktveränderungen?

Sebastian Knisch: In der Zeit als wir unser Angebot noch ausschließlich in den stationären Einrichtungshäusern präsentiert haben, haben wir unseren Kunden noch weitgehend selbst vorgegeben wie sie bei uns einzukaufen haben. Seit einigen Jahren hat sich die Welt für uns grundlegend verändert. Durch die wachsende Konkurrenz aus dem Online-Handel und die fortwährend größer werdenden Kundenerwartungen bekommen wir von unseren Kunden seit einigen Jahren sehr genau vermittelt, welche Schritte sie bereit sind, für den Einkauf bei IKEA zu unternehmen. Unsere Aufgabe ist es, die Accessibility, das heißt die Zugangsmöglichkeiten zu unserem Warenangebot, unter anderem auch online, zu perfektionieren. Wir müssen uns permanent der Herausforderung stellen, wie es uns gelingt, unseren Kunden eine Seamless Shopping Experience in allen unseren Verkaufskanälen zu bieten.

LOGISTIK express: Was unterscheidet die Unternehmensphilosophie von IKEA Österreich in diesem Punkt von anderen Unternehmen?

Sebastian Knisch: Im Gegensatz zu vielen anderen Playern der Branche hat IKEA schon sehr früh erkannt, dass der Online-Handel nicht nur kleine Veränderungen mit sich bringt. Wir haben das Thema „Omnichannel“ deshalb schon vor drei Jahren auf der Top-Agenda fest verankert und in der Folge auch in der organisatorischen Struktur unseres Unternehmens einen regelrechten Change-Prozess eingeleitet. Da wir fast das ganze Sortiment für unsere Kunden lagernd haben, können wir die Stärken beider Welten gut vereinen. Daher haben wir den Online-Handel von Anfang an als einen äquivalenten Verkaufskanal zum stationären Handel aufgebaut, denn uns ist klar, dass der erfolgreiche Einstieg ins E-Business nicht durch ein paar isolierte Projekte zu lösen ist. Dazu begleitend haben wir vor ungefähr drei Jahren einen sehr umfangreichen Maßnahmenkatalog eingerichtet.

LOGISTIK express: Worauf zielt dieser Maßnahmenkatalog im Groben ab?

Sebastian Knisch:  Im Groben gesagt, wollten wir damit klären, wie wir uns organisatorisch für ein erfolgreiches Multichannel-Business aufstellen müssen und welche Barrieren innerhalb unserer Unternehmensstruktur noch bestehen.

LOGISTIK express: Können Sie das genauer beschreiben?

Sebastian Knisch: Aus meiner Erfahrung heraus kann ich sagen, dass sich Online- und Offline-Vertriebskanäle in vielen Unternehmen als große Konkurrenten ansehen. Das ist aus meiner Sicht genau die falsche Sichtweise auf die Dinge. Bei IKEA Österreich haben wir diese interne Barriere sehr schnell selbst beseitigt. Durch Umsatzbeteiligung am Online-Erlös ist es unseren Verkaufshäusern im Grunde genommen egal, ob die Umsätze stationär oder über unser Online-Angebot generiert werden. Als wichtigsten Punkt unseres Maßnahmenkataloges haben wir uns zum Ziel gesetzt, den Markt als Ganzes zu betrachten und unsere Organisation entsprechend zu verändern.

 LOGISTIK express: Was waren dabei die wichtigsten Schritte?

Sebastian Knisch: Wenn Sie so wollen, haben uns einem organisatorischen Lifting unterzogen. Wir haben vor etwa drei Jahren begonnen, unser Call Center in ein Customer Support Center zu wandeln, d.h. eine remote Kontaktstelle für alle Kundenbelange in (fast) allen Kommunikationskanälen sicher zu stellen. Damit verbunden sind auch die Kompetenzen und Zuständigkeiten für das erfolgreiche Wachstum mit unserem Multichannel-Angebot klar geregelt. In einem zweiten Block an Maßnahmen, haben wir uns damit auseinandergesetzt, aus welchem Grund unsere Kunden situativ den jeweiligen Verkaufskanal wählen. Mit diesen Erkenntnissen gelingt es uns, für unsere Kunden ein positives Einkaufserlebnis auf allen Verkaufskanälen zu schaffen.

LOGISTIK express: Gab es in den vergangenen Jahren Hemmschwellen, die aus logistischer Sicht aus dem Weg zu räumen waren?

Sebastian Knisch: Eine der größten Hemmschwellen in der Anfangszeit war, dass wir nicht genau wussten, welchen Status eine Lieferung bei unserem Paketdienstleister bzw. bei unserem Spediteur bei größeren Waren genau hat. Hat uns ein Kunde mit Fragen dazu konfrontiert, konnten wir nur nach Rückfrage mit dem Spediteur darüber Auskunft geben. Diesen Mangel haben wir im Jahr 2014 durch den Entschluss beseitigt, die komplette Ownership für unsere Paket- und Speditionswaren zu übernehmen.

 LOGISTIK express: Das heißt?

Sebastian Knisch: Heutzutage bieten wir unseren Kunden die Möglichkeit, beim Checkout seiner Online-Bestellung einen verbindlichen Lieferzeitraum zu wählen. Um mögliche Probleme rund um den Bestellprozess möglichst schon von Anfang an im Keim zu ersticken, übernahmen wir aus eigener Initiative heraus die Verwaltung aller Lieferkapazitäten und damit verbundenen Termingeschäften. Hierzu war es nötig, uns mit Know-how auszustatten, welches nicht unbedingt zu den Kernkompetenzen eines Möbelhändlers gehört. Der Vorteil ist aber, dass wir nun in der Lage sind, als Single Point of Contact Rede und Antwort auf alle Kundenanfragen rund um die Lieferung zu stehen.

LOGISTIK express: Für die kommenden Wochen haben Sie sich vorgenommen, einen Click & Collect-Service in Österreich zu launchen. Was steckt dahinter?

Sebastian Knisch: Die Denkweise zwischen Online- und Offline-Kanal strikt zu trennen, ist aus unserer Sicht schwer veraltet. Click & Collect ist ein gutes Beispiel, wo die Online mit der Offline Welt verschmilzt. Der Kunde bestellt und bezahlt online, das Fulfilment und die Warenübergabe passiert stationär, d.h. offline. Viele Kunden haben vielleicht nur spät am Abend Zeit, sich in Ruhe online über unser Warenangebot zu informieren. Mit unserem Click&Collect-Service bieten wir unseren Kunden sehr bald die Möglichkeit, online zu bestellen und die Waren später zu einem selbst definierten Zeitpunkt selbst abzuholen. Das bringt für die Kunden eine deutliche Zeitersparnis – ein Einkauf bei IKEA ist dann in fünf Minuten erledigt und passiert, wenn wieder einmal die Zeit knapp geworden ist, auch im Vorbeifahren.

Danke für das Gespräch!

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