E-Commerce von illegalem Handel und Cyberkriminalität betroffen
Die Corona-Pandemie hat zu einem wirtschaftlichen Abschwung und anhaltenden Störungen in den Lieferketten geführt. Kriminelle nützen die entstanden Möglichkeiten. Mittelfristig steigt das Volumen des illegalen Handels, seiner Routen und seiner Zusammensetzung, was sogar zu einem verstärkten Missbrauch von Freihandels- und Zollfreizonen führt könnte.
Beitrag: Walter Trezek.
E-Commerce gerät in den Fokus des illegalen Handels, des Vertriebs von illegalen Produkten und damit der Cyberkriminalität. Von der OECD, dem Weltpostverein und der EU wurden Gegenmaßnahmen eingeleitet. Die Sicherheit und Rechtskonformität wichtiger Handelswege muss gewährleistet werden. Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Europäischen Union zur Aufrechterhaltung kritischer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Tätigkeiten sind unerlässlich.
Ecommerce nicht Zoll und Einfuhrumsatzsteuer konform.
Schätzungen zufolge verliert die EU jährlich aufgrund von Einfuhrumsatzsteuer- und Zollbetrug weit über 7 Mrd. EUR. Experten schätzen, dass bis zu 7% aller Artikel in kommerziellen Warensendungen aus Drittstaaten entweder gefälscht oder nicht grundlegenden europäischen Sicherheits-, Gesundheits- oder Umweltstandards entsprechen.
Mit Wirkung zum 1. Juli 2021 stoppt die EU.
die Einfuhr nicht konformer Warensendungen aus Drittstaaten (Warenbriefsendungen, Päckchen und Pakete), indem sie verpflichtend digital fortgeschrittene Voraberklärungen einführt, die vor dem Versand einer Ware bei den EU-Behörden eingereicht werden muss.
Die Anzahl der Ecommerce Betrügereien nimmt zu.
Mit dem digitalen Handel entwickelt sich auch Betrüger laufend weiter. Käufer fühlen sich von den niedrigen Preisen und speziellen Produkten auf gefälschten Internetauftritten angezogen, geben ihr Geld aus, erhalten aber nie gekauften Artikel.
Die Anzahl der Beschwerden über angebliche Lieferfirmen, die zusätzliche Zahlungen für die Lieferung eines Produkts fordern nehmen zu; dabei wurde zumeist ein nicht existierendes Produkt von den Betreibern einer Website verkauft, die Betrüger setzen sich ein zweites Mal, unter dem Deckmantel eines Lieferunternehmens mit den Verbrauchern in Verbindung, und ergaunern weitere Zahlungen von ihren Opfern, um angeblich Einfuhrabgaben, etc. abzudecken. Junge Erwachsende zumeist über Social-Media-Kanäle werden zunehmend das Ziel solcher Betrügereien.
Illegaler Handel in Zeiten der Pandemie.
Laut der OECD Trade Task Force zur Bekämpfung des illegalen Handels haben kriminelle Netzwerke schnell auf die Krise reagiert und ihre Strategien angepasst, um die sich wandelnde Online-Lieferlandschaft für ihre Zwecke zu nutzen.
Folgende Trends sind zu beobachten:
- Die Pharmaindustrie ist besonders anfällig für Betrügereien und illegale Aktivitäten. Strafverfolgungsbehörden und die Industrie berichten von einem steilen Anstieg an gefälschten und minderwertigen Arzneimitteln, Test-Kits, persönlicher Schutzausrüstung, sowie anderer medizinischer Produkte.
- Aufgrund des „Lockdown“ stiegt der Missbrauch über digitale Medien stark an und die Strafverfolgungsbehörden im Bereich der Cyberkriminalität melden ein rasant steigendes Volumen an E-Kriminalität.
- Änderungen der Prioritäten in der Zollkontrolle (z. B. Schwerpunkt auf Produkte in Zusammenhang mit COVID-19) und Arbeitskräftemangel bei Strafverfolgungsbehörden erhöhen das Potenzial für illegalen Handel in allen Bereichen.
- Der illegale Handel mit Fälschungen wird zu einer wachsenden Bedrohung für viele Branchen, die unter unterbrochenen Lieferketten und Engpässen bei Produktionskomponenten leiden, einschließlich der Lebensmittel-, Automobil- und Chemieindustrie.
Mittel- und langfristig wird die COVID-19-Pandemie Auswirkungen auf den illegalen Handel haben. Der wirtschaftliche Abschwung und die anhaltenden Störungen in den Lieferketten schaffen zunehmend Möglichkeiten für Kriminelle. Es kommt zu Änderungen des illegalen Handelsvolumens, der Routen und der kriminellen Geschäftsmethoden.
Einschränkungen des Luftverkehrs und mehr Compliance Vorgaben, die in globalen Wertschöpfungsketten erwartet werden, werden die Handelswege und -muster für den illegalen Handel neugestalten, was auch zu einem verstärkten Missbrauch von Freihandelszonen führen könnte. Die Einrichtung und harmonisierte Absicherung von sichereren und rechtskonformen Handelswegen wir eine Reaktion auf die wachsende Cyberkriminalität sein, sogar „Super-Highways“ für den Handel sind im Gespräch.
Mangelnde Cybersicherheit bedroht die Digitalisierung.
Industrie und politische Entscheidungsträger prüfen die Notwendigkeit einer umfassenden, strukturierten Koordinierung zur Bekämpfung des illegalen Handels, der Auswirkungen der Internetkriminalität auf den digitalen Einzelhandel und der damit verbundenen Betrügereien. Bereiche in denen die rechtskonforme Durchsetzung gestärkt werden muss:
- Grenzüberschreitender Informationsaustausch ist für ein umfassendes Verständnis der neuen Bedrohung von entscheidender Bedeutung.
- Wachsamkeit in digitalen Medien, die Einbeziehung von Finanzdienstleistungs- und Ecommerce- Plattformen in die Information der Öffentlichkeit über Betrug und die damit verbundenen kriminellen Cyberaktivitäten.
- Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Union umfassen Bereich des digitalen Handels einschließlich der Lieferketten.
- Moderne technologische Lösungen (z. B. Blockchain, künstliche Intelligenz usw.) müssen eingesetzt werden, um dem illegalen Handel entgegenzuwirken.
- Laufende Überwachung des Risikos: Die OECD-Task Force zur Bekämpfung des illegalen Handels (TF-CIT) leistet wesentliche Vorarbeiten, indem sie einen globalen Standard für die Erhebung unvoreingenommener und belastbarer Nachweise für bestehenden illegalen Handel entwickelt, die wichtigsten Herausforderungen, Opfer und führende Akteure im Verborgenen ermittelt und damit wichtige Governance-Lücken aufdeckt.
- Dialog zwischen allen Beteiligten an der Leistungserbringung: in Bezug auf den Missbrauch bei Warensendungen mit geringem Wert (Low Value Consignments), die Geschäftsmodelle des digitalen Einzelhandels und die fortschreitende Digitalisierung der Transport- und Logistikwege.
- In der Pharmaindustrie, einem Sektor, der besonders von der Coronavirus-Krise betroffen ist, müssen geeignete Regeln im digitalen Handel für den Umgang mit illegalen Arzneimitteln geschaffen werden, sodass eine effiziente und ausreichend rechtliche abgesicherte Abschaltung illegaler Praktiken auch in digitalen Medien als Abschreckung ermöglicht werden kann.
Betroffene haben verschiedene Möglichkeiten vorgestellt, um die durch die COVID-19-Krise in digitalen Medien zunehmend aufgetretenen Herausforderungen zu bewältigen. Sie erinnern an das Problem der DSGVO, das die Transparenz der WHOIS-Datenbank einschränkt, und an die starke Zunahme von Ecommerce- und Warenbriefsendungen (Warensendungen mit geringem Wert), die eine Zuordnung von Verantwortlichkeiten im internationalen Handel erschweren.
Wichtige Empfehlungen der OECD-Experten zur Bekämpfung des illegalen Handels:
- Konzentration auf das Registrierungssystem für Domainnamen und das Erleichtern auf den Zugriff auf die WHOIS-Datenbank.
- Kontrolle auf den Zugriff auf Domain-Namen anhand von Richtlinien. Änderung gesetzlicher Vorgaben, um sicherzustellen, dass Register und Registrare umfassend rechenschaftspflichtig sind. Die Richtlinien „Know Your Customer“ können sich positiv auf die Sicherheit und Legitimität der auf diesen Websites enthaltenen Informationen auswirken.
- Echtzeit Identifizierung legitimierter Post- und Zustelldienste, sowie der Absicherung für Einzelpersonen, Unternehmen und Interessengruppen. Der Weltpostverein (Universal Postal Union, UPU) hat die bisher sicherste im Internet verfügbare sTLD entwickelt. Die .post Top Level Domain (TLD) der UPU zielt darauf ab, die physischen, finanziellen und elektronischen Dienstleistungen der Postbetreiber zu integrieren und E-Post-, E-Finance-, Ecommerce- und E-Government-Dienste zu ermöglichen und zu durch höchst mögliche Sicherheit in digitalen Medien abzusichern. Es ist die erste sTLD, die zu 100% durch DNSSEC (Domain Name System Security Extension) geschützt ist und unter der Administration der Mitgliedsstaaten (darunter aller EU-Mitgliedsstaaten) der UPU steht. Jeder kann darauf vertrauen, dass eine .post -Domain nicht auf eine gefälschte Website eines Zustelldienstes weiterleitet.
- Wenn festgestellt wird, dass Websites gefälschte pharmazeutische Produkte oder irreführende Informationen zu kriminellen Zwecken verbreiten, sollten Domainnamen-Registrare diese Domainnamen sofort, nach Benachrichtigung und Einschreiten durch Strafverfolgungsbehörden, durch vertrauenswürdige Dritte gesperrt oder ausgesetzt werden. Die fortschreitende Digitalisierung hat in der Gesellschaft das Bewusstsein reifen lassen, dass Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen gemeinsamen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Europäischen Union zur Aufrechterhaltung kritischer gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Tätigkeiten, zu denen ohne Zweifel der digitale Handel zählt, unerlässlich sind.
Angesichts der Komplexität und der raschen Entwicklung des illegalen Handels ist die Zusammenarbeit zwischen der Wirtschaft und den staatlichen Behörden unerlässlich, um zeitnahe, wirksame Maßnahmen zu entwickeln. logistic-natives e.V., Juli 2021 (RED)
Quelle: LOGISTIK express Ausgabe 4/2020