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Verbände kritisieren generelle Lkw-Maut-Ausweitung und Maut-Befreiung für E-Lkw

Das Thema Lkw-Maut sorgt gleich aufgrund zweier Neuerungen für viel Wirbel und Diskussionen in der Transportbranche. Zum einen stehen die Pläne von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), E-Lkw von der Maut auszunehmen, in der Kritik. Zum anderen warnt der Europäische Ladungs-Verbund Internationaler Spediteure AG (ELVIS) vor der generellen Ausweitung der Lkw-Maut.

Die Bundesregierung will den Wechsel von normalen Lkw hin zu E-Lkw ankurbeln und hat entsprechende Maßnahmen angekündigt. So soll ab 2019 für E-Lkw keine Maut bezahlt werden müssen, wodurch Betreiber jährlich pro Wagen bis zu 5.000 Euro sparen sollen.

Mautbefreiung der E-Lkw steht im Widerspruch zum Masterplan Schienengüterverkehr.
Die Pläne von Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) stoßen jedoch auf Kritik in der Branche. Was die wenigsten wissen: Elektro-Lkw fallen bis dato ohnehin in die günstigste Mautkategorie „A“, weswegen nur für die Nutzung der Infrastruktur gezahlt werden muss und nicht auch für die Mautkomponente Luftverschmutzung. Doch laut dem Entwurf für das fünfte Bundesfernstraßenmautgesetz soll nun zumindest eine „vorübergehende“ Komplettbefreiung festgeschrieben werden. In dem Entwurf heißt es: „Diese Mautbefreiung sollte in zwei bis drei Jahren anhand der dann vorliegenden Marktgegebenheiten überprüft und entschieden werden, ob und in welchem Umfang diese Fahrzeuge zur Finanzierung der Wegekosten herangezogen werden.“ Die Befreiung soll laut DEKRA für batterie-betriebene Elektro-, Hybrid- und Brennstoffzellen-Fahrzeuge gelten. Am 23. Mai soll der Entwurf ins Bundeskabinett eingebracht werden.

Während die Pläne von Scheuer auf den ersten Blick nach dem richtigen Weg aussehen, bleibt die Allianz pro Schiene kritisch und sieht die Bahn gegenüber dem Lkw im Hintertreffen. Geschäftsführer Dirk Flege kritisiert, dass E-Loks im Schienengüterverkehr auf allen Strecken Maut bezahlen müssen. „E-Lkw sollen nun per Gesetz von allen Straßen von Mautzahlungen befreit werden. Das benachteiligt Güterbahnen im Preiswettbewerb mit dem Lkw.“ Weiterhin kritisiert Allianz pro Schiene, dass Scheuers Pläne im Widerspruch zum Masterplan Schienengüterverkehr stehen. Der Masterplan Schienengüterverkehr wurde im Juni 2017 von Scheuers Vorgänger Alexander Dobrindt (CSU) vorgestellt und beinhaltet Handlungsempfehlungen, um zukünftig den Schienengüterverkehr noch effizienter zu gestalten.

Mautkomponente Luftverschmutzung: Euro-6-Lkw müssen künftig auch dafür aufkommen.
Ein weiterer Kritikpunkt wird von dem Deutsche Speditions- und Logistikverband (DSLV) und dem Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) ins Feld geführt. Sie verweisen noch einmal darauf, dass E-Lkw bisher kaum verfügbar sind. „Wir erlauben uns den Hinweis, dass solche Fahrzeuge in dem für die Mautpflicht relevanten Gewichtsbereich und dann noch für den Einsatz über längere Strecken momentan noch kaum für Transportunternehmer verfügbar sind“, erklärt der BGL. Zudem bemängelt der DSLV-Hauptgeschäftsführer Frank Huster, dass künftig auch Euro-6-Lkw für Luftverschmutzung zur Kasse gebeten werden. Pro Kilometer fallen hier 1,1 Cent an. „Eine Anreizwirkung für den Kauf schadstoffgünstigerer Fahrzeuge aufgrund entsprechend günstigerer Lkw-Mautsätze kann somit nicht eintreten, ist zu Lasten der Mautzahler fehlgeleitet und erschöpft sich in Symbolpolitik“, kritisiert Huster.

Maut-Erweiterung sorgt für „erhebliche Unwägbarkeiten“.
Neben der Mautbefreiung für E-Lkw sorgt auch die generelle Ausweitung der Maut auf deutsche Bundesstraßen ab Juli 2018 für Diskussionen. Die Europäische Ladungs-Verbund Internationaler Spediteure AG (ELVIS) sieht auf die Transportbranche „erhebliche Unwägbarkeiten“ zukommen.

Wie es in der Meldung von ELVIS heißt, stehen Unternehmen, die die zusätzlichen Kosten nicht kompensieren können, vor ernsthaften wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Der Verband hat auf Grundlage der aktuell gültigen Maut-Tarife – durchschnittlich 14 Cent pro Kilometer – berechnet, dass für Verlader und Speditionen erheblich höhere Gesamtkosten anfallen werden. Beim nationalen Güterfernverkehr geht man von einem Plus von 2,5 Prozent aus, 3,6 Prozent im Nahverkehr beim Einsatz von 12-Tonnern sowie 3,9 Prozent im Nahverkehr mit schweren Lkw. „Im Einzelfall, etwa wenn der Anteil der Fahrten im Nahverkehr überdurchschnittlich hoch ist, können sich die Kosten sogar um 5 bis 8 Prozent erhöhen“, heißt es in der Meldung. Dass die Preissteigerungen sich entsprechend auf den Frachtpreis auswirken werden, gilt als gesetzte Sache.

Jochen Eschborn, Vorstandsvorsitzender der ELVIS AG, kritisiert, dass die Bundesregierung mit der Maut „letztlich eine Art Steuer“ erhebt. „Angesichts ohnehin knapper Margen im Logistikbereich behindert dies unser Geschäft erheblich“, führt er weiter aus. Als besonders ärgerlich empfindet Eschborn zudem die Tatsache, dass die Mautsätze für das kommende Jahr noch nicht feststehen. Planungssicherheit für die Transportdienstleister fehlt dadurch völlig. „Natürlich brauchen die Kalkulationen und die Verhandlungen mit den Verladern einen gewissen Vorlauf. Da man davon ausgehen kann, dass die neuen Maut-Sätze die aktuellen übersteigen werden, müssen die Spediteure diesen aufwendigen Prozess binnen kürzester gleich zwei Mal durchlaufen“, erklärt Eschborn.

Besonders betroffen ist der Stückgutverkehr – Online-Bestellungen könnten teurer werden.
Eschborn sieht vor allem Unternehmen, die im Stückgutverkehr aktiv sind, in der Bredouille. Bisher, so seine Ansicht, war in den meisten Fällen in diesem Segment nur der Hauptlauf von der Maut betroffen. Hier fallen jedoch rund ein Viertel der Stückgutkosten an. Durch die Ausweitung der Maut auf Bundesstraßen werden nun erstmals auch typische Nahverkehrsfahrzeuge erfasst, die im Stückgutgeschäft circa 40 Prozent der Kosten ausmachen. Die gesteigerten Kosten werden sehr wahrscheinlich direkt an die Endverbraucher weitergegeben, was beispielsweise dazu führen kann, dass Bestellungen im Internet künftig teurer werden. „Und der schwarze Peter wird wieder mal der Transportbranche zugeschoben“, moniert Eschborn.

Um den anfallenden Mautkosten zu entgehen, werden Transporteure die Zulieferverkehre auf mautfreie Straßen lenken – sprich: auf Landstraßen. Der aus Transporteur-Sicht nachvollziehbare Schritt wird jedoch zwangsläufig zu einem höheren Verkehrsaufkommen in den Dörfern und Städten führen. „Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass das Image unserer Branche darunter weiter leiden wird“, sagt der ELVIS-Vorstand. Zudem sei damit die nächste Restriktion für Transportunternehmen absehbar: Fahrverbote für Lkw auf Landstraßen. „Das ist eine beispielslose Gängelung einer ganzen Branche. Als Transportunternehmer wirtschaftlich zu arbeiten, ist schwieriger denn je“, sagt Eschborn.

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