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APG: Stromversorgung weiterhin herausfordernd

Forderung nach massiver Beschleunigung des Umbaus hin zu einem nachhaltigen Energiesystem.

Exakt vor fünf Monaten hat die Austrian Power Grid (APG) anhand eines Stromstresstest verschiedene Szenarien für die sichere Stromversorgung für den Winter 2022/23 berechnet. Das mit der höchsten Wahrscheinlichkeit angenommene Szenario hat sich im Verlauf des vergangenen Winters weitestgehend bestätigt. Unterstützend wirkten zudem die milden Temperaturen, der sparsame Umgang mit Strom, die Verlängerung der Verfügbarkeit von Kraftwerkskapazitäten in ganz Europa sowie die robuste Ausgangssituation der Gas-Speicherstände in Österreich und Europa. Durch die durchgehend hohe Verfügbarkeit der APG-Grenzkapazitäten von rund 99 Prozent war Österreich in der Lage, den im Winter durchgehenden Importbedarf von Strom im Umfang der verfügbaren Netzkapazitäten zu ermöglichen.

Der oftmals darüberhinausgehende Mehrbedarf musste über das Hochfahren nationaler Gaskraftwerke (Netzreservekraftwerke) im Zuge von Redispatch (Notfalleingriffe) seitens APG gedeckt werden.  „Mit dem Verlauf des Winters können wir aus Sicht der Versorgungssicherheit durchaus zufrieden sein. Österreich war gut auf die herausfordernden Monate durch die hohe Verfügbarkeit des Stromnetzes, die hohen Speicherstände im Gasbereich sowie der Netzreserve vorbereitet. Darüber hinaus konnten rund fünf Prozent des Stromverbrauches eingespart werden“, resümiert Gerhard Christiner, Vorstand APG.

Trotz dieses positiven Befundes bleiben jedoch die Schwachstellen des Stromsystems sichtbar:  Die Netzkapazitäten reichen aktuell nicht aus, um jederzeit preisgünstig verfügbaren Strom aus dem Ausland nach Österreich zu importieren. Im Jahr 2022 musste daher das Stromnetz mittels Notfallmaßnahmen (Redispatching: Zu- und Wegschalten von thermischen Kraftwerken, um den Netzbetrieb stabil zu halten) an 237 Tagen durch das Hochfahren von österreichischen Gaskraftwerken stabilisiert werden. Dies kostete in Summe 718 Mio. €; in den Wintermonaten Dezember 2022 bis Ende März 2023 betrugen diese Kosten 145,5 Mio. €.  Insgesamt mussten in diesem Zeitraum an 71 Tagen derartige Maßnahmen gesetzt werden. „Wir zahlen einen enorm hohen Preis für das Verzögern des Netzausbaus durch langwierige Genehmigungsverfahren“, sagt Christiner. Das sind volkswirtschaftliche Gesamtkosten, die jeder Netzkunde aufgrund zu schwacher Stromnetze bezahlen muss und die stetig ansteigen.

Vorzeichen für stromwirtschaftlich herausfordernden Sommer

Der Winter hat aber auch gezeigt, welch starke Auswirkung Trockenheit auf die Wasserführung europäischer Flüsse hat. Eine längere Trockenperiode im Sommer kann daher sehr früh zu negativen Auswirkungen in vielen Bereichen der Stromproduktion – u.a. Laufwasserkraft- und Kraftwerkskühlung – in Europa und Österreich führen.

„Bereits im vergangenen Jahr verzeichneten wir im Bereich der Laufwasserkraft einen Rückgang von mehr als zehn Prozent. Der um rund drei Prozent verminderte Stromverbrauch in den Sommermonaten vergangenen Jahres konnte dies nur teilweise kompensieren“, so Christiner.

„Auch über das Jahr gesehen, schaffen wir es noch nicht, unseren Strombedarf aus erneuerbaren Quellen zu decken. Damit dieses Ziel bis 2030 gelingt, brauchen wir vor allem im Stromnetz mehr Kapazitäten. Wir müssen dem Ausbau der Stromnetze die gleiche Bedeutung beimessen wie dem Ausbau der erneuerbaren Anlagen und wirklich alle Handbremsen sofort lösen“, appelliert Thomas Karall, Vorstand APG. Nur wenn das gelingt, kann die aus Erneuerbaren gewonnene Energie integriert und nutzbar gemacht werden. „Gelingt das nicht, werden wir bei Importbedarf aufgrund drohender Netzüberlastungen in Österreich weiterhin Gaskraftwerke benötigen und andererseits in wind- und sonnenreichen Stunden Erneuerbare immer häufiger abdrosseln müssen“, sagt Christiner.

APG setzt Meilenstein mit Stromsparprodukt für Industrie

Deswegen ist es besonders in Stromspitzenzeiten wichtig, achtsam mit Energie umzugehen. „Stromsparen bleibt weiter eine wichtige Maßnahme, um CO2 einzusparen, die Strompreise zu dämpfen und die Stromnetze zu entlasten“, sagt Karall. Mit dem Powermonitor (https://www.apg.at/powermonitor/) und Demand-Side-Response (DSR)-Stromsparprodukt hat die APG nicht nur einen wesentlichen Beitrag zur Möglichmachung eines reduzierten Stromverbrauchs zur richtigen Zeit (gemäß der gesetzlichen Verpflichtung des SVRG) im vergangenen Winter gemacht, sondern auch einen Meilenstein zur Nutzung von Flexibilitäten des Stromsystems gesetzt. Industrieunternehmen wurden mittels eines monetären Anreizes dazu motiviert, ihren Stromverbrauch in den Spitzenstunden zu reduzieren oder zu verschieben. APG fungierte bei diesem Produkt als technische Abwicklungsstelle des BMK und nutzte damit die Flexibilität von Großverbrauchern auch für die Systemstabilität. Dutzende Unternehmen interessierten sich für das Produkt. Letztendlich konnten in mehreren Auktionen neue Flexibilitätsanbieter kontrahiert werden, die in Summe 242 MWh gezielt in den Spitzenstunden einsparten. Zum Vergleich: Das entspricht einem Jahresverbrauch von 70 Haushalten. Die Nutzung der Flexibilität der Industrie, die aus diesem Produkt genutzt wurde, belief sich somit auf insgesamt 22 Stunden.

Netzausbau und digitale Integration aller Akteure Basis für versorgungssichere Klimaneutralität

Neben der Digitalen Vernetzung aller Akteure des Stromsystems bleibt der unverzügliche Netzausbau die wirksamste Maßnahme, damit die versorgungssichere Energiewende gelingt. „Nur mit massiven und umgehenden Kapazitätserhöhungen im Stromnetz, aber auch in allen anderen Teilen des Energiesystems kann die Energiewende versorgungssicher gelingen. Es gilt volkswirtschaftliche Schäden zu minimieren – dafür sind der Netzausbau und die gleichzeitige digitale Integration aller Akteure in das Energiesystem alternativlos. „Das Gelingen der Energiewende wird im Stromnetz entschieden“, betont der technische Vorstand der APG Gerhard Christiner.

Über Austrian Power Grid (APG):
Als unabhängiger Übertragungsnetzanbieter verantwortet Austrian Power Grid (APG) die sichere Stromversorgung Österreichs. Mit unserer leistungsstarken und digitalen Strominfrastruktur, sowie der Anwendung von State-of-the-art-Technologien integrieren wir die erneuerbaren Energien, sind Plattform für den Strommarkt, schaffen Zugang zu preisgünstigem Strom für Österreichs Konsument:innen und bilden so die Basis für einen versorgungssicheren sowie zukunftsfähigen Wirtschafts- und Lebensstandort. Das APG-Netz erstreckt sich auf einer Trassenlänge von etwa 3.400 km, welches das Unternehmen mit einem Team von rund 733 Spezialist:innen betreibt, instand hält und laufend den steigenden Anforderungen der Elektrifizierung von Gesellschaft, Wirtschaft und Industrie anpasst. Auch 2022 lag die Versorgungssicherheit, dank der engagierten Mitarbeiter:innen, bei 99,99 Prozent und somit im weltweiten Spitzenfeld. Unsere Investitionen in Höhe von 490 Millionen Euro 2023 (2022: 370 Mio. Euro) sind Wirtschaftsmotor und wesentlicher Baustein für die Erreichung der Klima- und Energieziele Österreichs. Insgesamt wird APG bis 2032 rund 3,5 Milliarden Euro in den Netzaus- und Umbau investieren. Das sind rund 19 Prozent der insgesamt 18 Milliarden Euro, die die E-Wirtschaft in den kommenden zehn Jahren in die Netzinfrastruktur investieren wird.

Rückfragehinweis:
Austrian Power Grid AG
Mag. Christoph Schuh
Leitung Corporate Communications & Reputation Management/Unternehmenssprecher
+43 50 320 56230
christoph.schuh@apg.at
www.apg.at

Quelle: APA / OTS

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